Kant: AA III, Kritik der reinen Vernunft ... , Seite 303 |
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01 | mithin aus Substanzen: so würde das Einfache ein substantielles Zusammengesetztes | ||||||
02 | sein; welches sich widerspricht. | ||||||
03 | Der zweite Satz der Antithesis, daß in der Welt gar nichts Einfaches | ||||||
04 | existire, soll hier nur so viel bedeuten, als: Es könne das Dasein des | ||||||
05 | schlechthin Einfachen aus keiner Erfahrung oder Wahrnehmung, weder | ||||||
06 | äußeren noch inneren, dargethan werden, und das schlechthin Einfache sei | ||||||
07 | also eine bloße Idee, deren objective Realität niemals in irgend einer | ||||||
08 | möglichen Erfahrung kann dargethan werden, mithin in der Exposition | ||||||
09 | der Erscheinungen ohne alle Anwendung und Gegenstand. Denn wir | ||||||
10 | wollen annehmen, es ließe sich für diese transscendentale Idee ein Gegenstand | ||||||
11 | der Erfahrung finden: so müßte die empirische Anschauung irgend | ||||||
12 | eines Gegenstandes als eine solche erkannt werden, welche schlechthin kein | ||||||
13 | Mannigfaltiges außerhalb einander und zur Einheit verbunden enthält. | ||||||
14 | Da nun von dem Nichtbewußtsein eines solchen Mannigfaltigen auf die | ||||||
15 | gänzliche Unmöglichkeit desselben in irgend einer Anschauung eines Objects | ||||||
16 | kein Schluß gilt, dieses letztere aber zur absoluten Simplicität | ||||||
17 | durchaus nöthig ist: so folgt, daß diese aus keiner Wahrnehmung, welche | ||||||
18 | sie auch sei, könne geschlossen werden. Da also etwas als ein schlechthin | ||||||
19 | einfaches Object niemals in irgend einer möglichen Erfahrung kann gegeben | ||||||
20 | werden, die Sinnenwelt aber als der Inbegriff aller möglichen Erfahrungen | ||||||
21 | angesehen werden muß: so ist überall in ihr nichts Einfaches | ||||||
22 | gegeben. | ||||||
23 | Dieser zweite Satz der Antithesis geht viel weiter als der erste, | ||||||
24 | der das Einfache nur von der Anschauung des Zusammengesetzten verbannt, | ||||||
25 | da hingegen dieser es aus der ganzen Natur wegschafft; daher er | ||||||
26 | auch nicht aus dem Begriffe eines gegebenen Gegenstandes der äußeren | ||||||
27 | Anschauung (des Zusammengesetzten), sondern aus dem Verhältniß desselben | ||||||
28 | zu einer möglichen Erfahrung überhaupt hat bewiesen werden können. | ||||||
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