Kant: AA III, Kritik der reinen Vernunft ... , Seite 248 |
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01 | ersten Entwurfe einer Staatsverfassung, sondern auch bei allen Gesetzen | ||||||
02 | zum Grunde legen muß, und wobei man anfänglich von den gegenwärtigen | ||||||
03 | Hindernissen abstrahiren muß, die vielleicht nicht sowohl aus der | ||||||
04 | menschlichen Natur unvermeidlich entspringen mögen, als vielmehr aus | ||||||
05 | der Vernachlässigung der ächten Ideen bei der Gesetzgebung. Denn nichts | ||||||
06 | kann Schädlicheres und eines Philosophen Unwürdigeres gefunden werden, | ||||||
07 | als die pöbelhafte Berufung auf vorgeblich widerstreitende Erfahrung, | ||||||
08 | die doch gar nicht existiren würde, wenn jene Anstalten zu rechter | ||||||
09 | Zeit nach den Ideen getroffen würden, und an deren Statt nicht rohe Begriffe | ||||||
10 | eben darum, weil sie aus Erfahrung geschöpft worden, alle gute | ||||||
11 | Absicht vereitelt hätten. Je übereinstimmender die Gesetzgebung und Regierung | ||||||
12 | mit dieser Idee eingerichtet wären, desto seltener würden allerdings | ||||||
13 | die Strafen werden, und da ist es denn ganz vernünftig (wie | ||||||
14 | Plato behauptet), daß bei einer vollkommenen Anordnung derselben gar | ||||||
15 | keine dergleichen nöthig sein würden. Ob nun gleich das letztere niemals | ||||||
16 | zu Stande kommen mag, so ist die Idee doch ganz richtig, welches dieses | ||||||
17 | Maximum zum Urbilde aufstellt, um nach demselben die gesetzliche Verfassung | ||||||
18 | der Menschen der möglich größten Vollkommenheit immer näher | ||||||
19 | zu bringen. Denn welches der höchste Grad sein mag, bei welchem die | ||||||
20 | Menschheit stehen bleiben müsse, und wie groß also die Kluft, die zwischen | ||||||
21 | der Idee und ihrer Ausführung nothwendig übrig bleibt, sein möge, das | ||||||
22 | kann und soll niemand bestimmen, eben darum weil es Freiheit ist, welche | ||||||
23 | jede angegebene Grenze übersteigen kann. | ||||||
24 | Aber nicht bloß in demjenigen, wobei die menschliche Vernunft wahrhafte | ||||||
25 | Causalität zeigt, und wo Ideen wirkende Ursachen (der Handlungen | ||||||
26 | und ihrer Gegenstände) werden, nämlich im Sittlichen, sondern auch in | ||||||
27 | Ansehung der Natur selbst sieht Plato mit Recht deutliche Beweise ihres | ||||||
28 | Ursprungs aus Ideen. Ein Gewächs, ein Thier, die regelmäßige Anordnung | ||||||
29 | des Weltbaues (vermuthlich also auch die ganze Naturordnung) | ||||||
30 | zeigen deutlich, daß sie nur nach Ideen möglich sind; daß zwar kein einzelnes | ||||||
31 | Geschöpf unter den einzelnen Bedingungen seines Daseins mit der | ||||||
32 | Idee des Vollkommensten seiner Art congruire (so wenig wie der Mensch | ||||||
33 | mit der Idee der Menschheit, die er sogar selbst als das Urbild seiner | ||||||
34 | Handlungen in seiner Seele trägt), daß gleichwohl jene Ideen im höchsten | ||||||
35 | Verstande einzeln, unveränderlich, durchgängig bestimmt und die ursprünglichen | ||||||
36 | Ursachen der Dinge sind, und nur das Ganze ihrer Verbindung | ||||||
37 | im Weltall einzig und allein jener Idee völlig adäquat sei. Wenn | ||||||
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