Kant: AA III, Kritik der reinen Vernunft ... , Seite 228 |
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01 | Nach bloßen Begriffen ist das Innere das Substratum aller Verhältniß | ||||||
02 | oder äußeren Bestimmungen. Wenn ich also von allen Bedingungen der | ||||||
03 | Anschauung abstrahire und mich lediglich an den Begriff von einem Dinge | ||||||
04 | überhaupt halte, so kann ich von allem äußeren Verhältniß abstrahiren, | ||||||
05 | und es muß dennoch ein Begriff von dem übrig bleiben, das gar kein | ||||||
06 | Verhältniß, sondern bloß innere Bestimmungen bedeutet. Da scheint es | ||||||
07 | nun, es folge daraus: in jedem Dinge (Substanz) sei etwas, was schlechthin | ||||||
08 | innerlich ist und allen äußeren Bestimmungen vorgeht, indem es sie | ||||||
09 | allererst möglich macht; mithin sei dieses Substratum so etwas, das keine | ||||||
10 | äußere Verhältnisse mehr in sich enthält, folglich einfach (denn die körperlichen | ||||||
11 | Dinge sind doch immer nur Verhältnisse, wenigstens der Theile | ||||||
12 | außer einander); und weil wir keine schlechthin innere Bestimmungen kennen, | ||||||
13 | als die durch unsern innern Sinn, so sei dieses Substratum nicht | ||||||
14 | allein einfach, sondern auch (nach der Analogie mit unserem innern Sinn) | ||||||
15 | durch Vorstellungen bestimmt, d. i. alle Dinge wären eigentlich Monaden | ||||||
16 | oder mit Vorstellungen begabte einfache Wesen. Dieses würde | ||||||
17 | auch alles seine Richtigkeit haben, gehörte nicht etwas mehr als der Begriff | ||||||
18 | von einem Dinge überhaupt zu den Bedingungen, unter denen allein | ||||||
19 | uns Gegenstände der äußeren Anschauung gegeben werden können, und | ||||||
20 | von denen der reine Begriff abstrahirt. Denn da zeigt sich, daß eine beharrliche | ||||||
21 | Erscheinung im Raume (undurchdringliche Ausdehnung) lauter | ||||||
22 | Verhältnisse und gar nichts schlechthin Innerliches enthalten und dennoch | ||||||
23 | das erste Substratum aller äußeren Wahrnehmung sein könne. Durch | ||||||
24 | bloße Begriffe kann ich freilich ohne etwas Inneres nichts Äußeres denken, | ||||||
25 | eben darum weil Verhältnißbegriffe doch schlechthin gegebene Dinge voraussetzen | ||||||
26 | und ohne diese nicht möglich sind. Aber da in der Anschauung | ||||||
27 | etwas enthalten ist, was im bloßen Begriffe von einem Dinge überhaupt | ||||||
28 | gar nicht liegt, und dieses das Substratum, welches durch bloße Begriffe | ||||||
29 | gar nicht erkannt werden würde, an die Hand giebt, nämlich einen Raum, | ||||||
30 | der mit allem, was er enthält, aus lauter formalen, oder auch realen Verhältnissen | ||||||
31 | besteht, so kann ich nicht sagen: weil ohne ein Schlechthin=Inneres | ||||||
32 | kein Ding durch bloße Begriffe vorgestellt werden kann, so sei auch | ||||||
33 | in den Dingen selbst, die unter diesen Begriffen enthalten sind, und ihrer | ||||||
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