Kant: AA III, Kritik der reinen Vernunft ... , Seite 218 |
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01 | von der Substanz, die im Raum erscheint, und die wir Materie | ||||||
02 | nennen, ausmachen. Als Object des reinen Verstandes muß jede Substanz | ||||||
03 | dagegen innere Bestimmungen und Kräfte haben, die auf die innere | ||||||
04 | Realität gehen. Allein was kann ich mir für innere Accidenzen denken, | ||||||
05 | als diejenigen, so mein innerer Sinn mir darbietet, nämlich das, was | ||||||
06 | entweder selbst ein Denken, oder mit diesem analogisch ist? Daher machte | ||||||
07 | Leibniz aus allen Substanzen, weil er sie sich als Noumena vorstellte, | ||||||
08 | selbst aus den Bestandtheilen der Materie, nachdem er ihnen alles, was | ||||||
09 | äußere Relation bedeuten mag, mithin auch die Zusammensetzung in | ||||||
10 | Gedanken genommen hatte, einfache Subjecte, mit Vorstellungskräften begabt, | ||||||
11 | mit einem Wort Monaden. | ||||||
12 | 4. Materie und Form.Dieses sind zwei Begriffe, welche aller | ||||||
13 | andern Reflexion zum Grunde gelegt werden, so sehr sind sie mit jedem | ||||||
14 | Gebrauch des Verstandes unzertrennlich verbunden. Der erstere bedeutet | ||||||
15 | das Bestimmbare überhaupt, der zweite dessen Bestimmung (beides in | ||||||
16 | transscendentalem Verstande, da man von allem Unterschiede dessen, was | ||||||
17 | gegeben wird, und der Art, wie es bestimmt wird, abstrahirt). Die Logiker | ||||||
18 | nannten ehedem das Allgemeine die Materie, den specifischen Unterschied | ||||||
19 | aber die Form. In jedem Urtheile kann man die gegebenen Begriffe logische | ||||||
20 | Materie (zum Urtheile), das Verhältniß derselben (vermittelst der | ||||||
21 | Copula) die Form des Urtheils nennen. In jedem Wesen sind die Bestandstücke | ||||||
22 | desselben ( essentialia ) die Materie, die Art, wie sie in einem | ||||||
23 | Dinge verknüpft sind, die wesentliche Form. Auch wurde in Ansehung | ||||||
24 | der Dinge überhaupt unbegrenzte Realität als die Materie aller Möglichkeit, | ||||||
25 | Einschränkung derselben aber (Negation) als diejenige Form angesehen, | ||||||
26 | wodurch sich ein Ding vom andern nach transscendentalen Begriffen | ||||||
27 | unterscheidet. Der Verstand nämlich verlangt zuerst, daß etwas gegeben | ||||||
28 | sei (wenigstens im Begriffe), um es auf gewisse Art bestimmen zu können. | ||||||
29 | Daher geht im Begriffe des reinen Verstandes die Materie der Form | ||||||
30 | vor, und Leibniz nahm um deswillen zuerst Dinge an (Monaden) und | ||||||
31 | innerlich eine Vorstellungskraft derselben, um darnach das äußere Verhältniß | ||||||
32 | derselben und die Gemeinschaft ihrer Zustände (nämlich der Vorstellungen) | ||||||
33 | darauf zu gründen. Daher waren Raum und Zeit, jener nur | ||||||
34 | durch das Verhältniß der Substanzen, diese durch die Verknüpfung der | ||||||
35 | Bestimmungen derselben unter einander als Gründe und Folgen möglich. | ||||||
36 | So würde es auch in der That sein müssen, wenn der reine Verstand unmittelbar | ||||||
37 | auf Gegenstände bezogen werden könnte, und wenn Raum und | ||||||
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