Kant: AA III, Kritik der reinen Vernunft ... , Seite 205 |
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| 01 | sinnlich zu machen, d. i. das ihm correspondirende Object in der Anschauung | ||||||
| 02 | darzulegen, weil ohne dieses der Begriff (wie man sagt) ohne | ||||||
| 03 | Sinn, d. i. ohne Bedeutung, bleiben würde. Die Mathematik erfüllt | ||||||
| 04 | diese Forderung durch die Construction der Gestalt, welche eine den | ||||||
| 05 | Sinnen gegenwärtige (obzwar a priori zu Stande gebrachte) Erscheinung | ||||||
| 06 | ist. Der Begriff der Größe sucht in eben der Wissenschaft seine Haltung | ||||||
| 07 | und Sinn in der Zahl, diese aber an den Fingern, den Corallen des | ||||||
| 08 | Rechenbretts, oder den Strichen und Punkten, die vor Augen gestellt werden. | ||||||
| 09 | Der Begriff bleibt immer a priori erzeugt sammt den synthetischen | ||||||
| 10 | Grundsätzen oder Formeln aus solchen Begriffen; aber der Gebrauch derselben | ||||||
| 11 | und Beziehung auf angebliche Gegenstände kann am Ende doch | ||||||
| 12 | nirgend, als in der Erfahrung gesucht werden, deren Möglichkeit (der | ||||||
| 13 | Form nach) jene a priori enthalten. | ||||||
| 14 | Daß dieses aber auch der Fall mit allen Kategorien und den daraus | ||||||
| 15 | gesponnenen Grundsätzen sei, erhellt auch daraus: daß wir sogar keine | ||||||
| 16 | einzige derselben real definiren, d. i. die Möglichkeit ihres Objects verständlich | ||||||
| 17 | machen können, ohne uns sofort zu Bedingungen der Sinnlichkeit, | ||||||
| 18 | mithin der Form der Erscheinungen herabzulassen, als auf welche | ||||||
| 19 | als ihre einzige Gegenstände sie folglich eingeschränkt sein müssen: weil, | ||||||
| 20 | wenn man diese Bedingung wegnimmt, alle Bedeutung, d. i. Beziehung | ||||||
| 21 | aufs Object, wegfällt, und man durch kein Beispiel sich selbst faßlich | ||||||
| 22 | machen kann, was unter dergleichen Begriffe denn eigentlich für ein Ding | ||||||
| 23 | gemeint sei. | ||||||
| 24 | Den Begriff der Größe überhaupt kann niemand erklären, als etwa | ||||||
| 25 | so: daß sie die Bestimmung eines Dinges sei, dadurch, wie vielmal Eines | ||||||
| 26 | in ihm gesetzt ist, gedacht werden kann. Allein dieses Wievielmal gründet | ||||||
| 27 | sich auf die successive Wiederholung, mithin auf die Zeit und die Synthesis | ||||||
| 28 | (des Gleichartigen) in derselben. Realität kann man im Gegensatze | ||||||
| 29 | mit der Negation nur alsdann erklären, wenn man sich eine Zeit (als den | ||||||
| 30 | Inbegriff von allem Sein) gedenkt, die entweder womit erfüllt, oder leer | ||||||
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