Kant: AA III, Kritik der reinen Vernunft ... , Seite 176 |
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01 | sei: das Verhältniß bleibt, wenn gleich keine Zeit verlaufen ist. Die Zeit | ||||||
02 | zwischen der Causalität der Ursache und deren unmittelbaren Wirkung | ||||||
03 | kann verschwindend (sie also zugleich) sein, aber das Verhältniß der | ||||||
04 | einen zur andern bleibt doch immer der Zeit nach bestimmbar. Wenn ich | ||||||
05 | eine Kugel, die auf einem ausgestopften Küssen liegt und ein Grübchen | ||||||
06 | darin drückt, als Ursache betrachte, so ist sie mit der Wirkung zugleich. | ||||||
07 | Allein ich unterscheide doch beide durch das Zeitverhältniß der dynamischen | ||||||
08 | Verknüpfung beider. Denn wenn ich die Kugel auf das Küssen lege, so | ||||||
09 | folgt auf die vorige glatte Gestalt desselben das Grübchen; hat aber das | ||||||
10 | Küssen (ich weiß nicht woher) ein Grübchen, so folgt darauf nicht eine | ||||||
11 | bleierne Kugel. | ||||||
12 | Demnach ist die Zeitfolge allerdings das einzig empirische Kriterium | ||||||
13 | der Wirkung in Beziehung auf die Causalität der Ursache, die vorhergeht. | ||||||
14 | Das Glas ist die Ursache von dem Steigen des Wassers über seine Horizontalfläche, | ||||||
15 | obgleich beide Erscheinungen zugleich sind. Denn so bald ich | ||||||
16 | dieses aus einem größeren Gefäß mit dem Glase schöpfe, so erfolgt etwas, | ||||||
17 | nämlich die Veränderung des Horizontalstandes, den es dort hatte, in | ||||||
18 | einen concaven, den es im Glase annimmt. | ||||||
19 | Diese Causalität führt auf den Begriff der Handlung, diese auf den | ||||||
20 | Begriff der Kraft und dadurch auf den Begriff der Substanz. Da ich | ||||||
21 | mein kritisches Vorhaben, welches lediglich auf die Quellen der synthetischen | ||||||
22 | Erkenntniß a priori geht, nicht mit Zergliederungen bemengen will, | ||||||
23 | die bloß die Erläuterung (nicht Erweiterung) der Begriffe angehen, so | ||||||
24 | überlasse ich die umständliche Erörterung derselben einem künftigen System | ||||||
25 | der reinen Vernunft: wiewohl man eine solche Analysis im reichen Maße | ||||||
26 | auch schon in den bisher bekannten Lehrbüchern dieser Art antrifft. Allein | ||||||
27 | das empirische Kriterium einer Substanz, so fern sie sich nicht durch die | ||||||
28 | Beharrlichkeit der Erscheinung, sondern besser und leichter durch Handlung | ||||||
29 | zu offenbaren scheint, kann ich nicht unberührt lassen. | ||||||
30 | Wo Handlung, mithin Thätigkeit und Kraft ist, da ist auch Substanz, | ||||||
31 | und in dieser allein muß der Sitz jener fruchtbaren Quelle der Erscheinungen | ||||||
32 | gesucht werden. Das ist ganz gut gesagt: aber wenn man sich darüber | ||||||
33 | erklären soll, was man unter Substanz verstehe, und dabei den fehlerhaften | ||||||
34 | Cirkel vermeiden will, so ist es nicht so leicht verantwortet. Wie | ||||||
35 | will man aus der Handlung sogleich auf die Beharrlichkeit des Handelnden | ||||||
36 | schließen, welches doch ein so wesentliches und eigenthümliches | ||||||
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