Kant: AA III, Kritik der reinen Vernunft ... , Seite 105

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 a priori aller Erfahrungserkenntniß zum Grunde liegen: folglich      
  02 wird die objective Gültigkeit der Kategorien als Begriffe a priori      
  03 darauf beruhen, daß durch sie allein Erfahrung (der Form des Denkens      
  04 nach) möglich sei. Denn alsdann beziehen sie sich nothwendiger Weise      
  05 und a priori auf Gegenstände der Erfahrung, weil nur vermittelst ihrer      
  06 überhaupt irgend ein Gegenstand der Erfahrung gedacht werden kann.      
           
  07 Die transscendentale Deduction aller Begriffe a priori hat also ein      
  08 Principium, worauf die ganze Nachforschung gerichtet werden muß, nämlich      
  09 dieses: daß sie als Bedingungen a priori der Möglichkeit der Erfahrung      
  10 erkannt werden müssen (es sei der Anschauung, die in ihr angetroffen      
  11 wird, oder des Denkens). Begriffe, die den objectiven Grund der      
  12 Möglichkeit der Erfahrung abgeben, sind eben darum nothwendig. Die      
  13 Entwickelung der Erfahrung aber, worin sie angetroffen werden, ist nicht      
  14 ihre Deduction (sondern Illustration), weil sie dabei doch nur zufällig      
  15 sein würden. Ohne diese ursprüngliche Beziehung auf mögliche Erfahrung,      
  16 in welcher alle Gegenstände der Erkenntniß vorkommen, würde die Beziehung      
  17 derselben auf irgend ein Object gar nicht begriffen werden können.      
           
  18 Der berühmte Locke hatte aus Ermangelung dieser Betrachtung,      
  19 und weil er reine Begriffe des Verstandes in der Erfahrung antraf, sie      
  20 auch von der Erfahrung abgeleitet und verfuhr doch so inconsequent,      
  21 daß er damit Versuche zu Erkenntnissen wagte, die weit über alle Erfahrungsgrenze      
  22 hinausgehen. David Hume erkannte, um das letztere      
  23 thun zu können, sei es nothwendig, daß diese Begriffe ihren Ursprung      
  24 a priori haben müßten. Da er sich aber gar nicht erklären konnte, wie es      
  25 möglich sei, daß der Verstand Begriffe, die an sich im Verstande nicht verbunden      
  26 sind, doch als im Gegenstande nothwendig verbunden denken müsse,      
  27 und darauf nicht verfiel, daß vielleicht der Verstand durch diese Begriffe      
  28 selbst Urheber der Erfahrung, worin seine Gegenstände angetroffen werden,      
  29 sein könne: so leitete er sie, durch Noth gedrungen, von der Erfahrung ab      
  30 (nämlich von einer durch öftere Association in der Erfahrung entsprungenen      
  31 subjectiven Nothwendigkeit, welche zuletzt fälschlich für objectiv gehalten      
  32 wird, d. i. der Gewohnheit), verfuhr aber hernach sehr consequent      
  33 darin, daß er es für unmöglich erklärte, mit diesen Begriffen und den      
  34 Grundsätzen, die sie veranlassen, über die Erfahrungsgrenze hinauszugehen.      
           
     

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