Kant: AA III, Kritik der reinen Vernunft ... , Seite 094

     
           
 

Zeile:

 

Text (Kant):

 

 

 

 
  01 (Prädicamente) nannte. In der Folge glaubte er noch ihrer fünfe      
  02 aufgefunden zu haben, die er unter dem Namen der Postprädicamente      
  03 hinzufügte. Allein seine Tafel blieb noch immer mangelhaft. Außerdem      
  04 finden sich auch einige modi der reinen Sinnlichkeit darunter ( quando,      
  05 ubi, situs, imgleichen prius, simul ), auch ein empirischer ( motus ), die in      
  06 dieses Stammregister des Verstandes gar nicht gehören, oder es sind auch      
  07 die abgeleiteten Begriffe mit unter die Urbegriffe gezählt ( actio, passio ),      
  08 und an einigen der letztern fehlt es gänzlich.      
           
  09 Um der letztern willen ist also noch zu bemerken: daß die Kategorien,      
  10 als die wahren Stammbegriffe des reinen Verstandes, auch ihre eben      
  11 so reine abgeleitete Begriffe haben, die in einem vollständigen System      
  12 der Transscendental=Philosophie keinesweges übergangen werden können,      
  13 mit deren bloßer Erwähnung aber ich in einem bloß kritischen Versuch zufrieden      
  14 sein kann.      
           
  15 Es sei mir erlaubt, diese reine, aber abgeleitete Verstandesbegriffe      
  16 die Prädicabilien des reinen Verstandes (im Gegensatz der Prädicamente)      
  17 zu nennen. Wenn man die ursprüngliche und primitive Begriffe      
  18 hat, so lassen sich die abgeleiteten und subalternen leicht hinzufügen und      
  19 der Stammbaum des reinen Verstandes völlig ausmalen. Da es mir      
  20 hier nicht um die Vollständigkeit des Systems, sondern nur der Principien      
  21 zu einem System zu thun ist, so verspare ich diese Ergänzung auf eine      
  22 andere Beschäftigung. Man kann aber diese Absicht ziemlich erreichen,      
  23 wenn man die ontologischen Lehrbücher zur Hand nimmt und z. B. der      
  24 Kategorie der Causalität die Prädicabilien der Kraft, der Handlung, des      
  25 Leidens, der der Gemeinschaft die der Gegenwart, des Widerstandes, den      
  26 Prädicamenten der Modalität die des Entstehens, Vergehens, der Veränderung      
  27 u. s. w. unterordnet. Die Kategorien, mit den modis der reinen      
  28 Sinnlichkeit oder auch unter einander verbunden, geben eine große Menge      
  29 abgeleiteter Begriffe a priori, die zu bemerken und wo möglich bis zur      
  30 Vollständigkeit zu verzeichnen eine nützliche und nicht unangenehme, hier      
  31 aber entbehrliche Bemühung sein würde.      
           
  32 Der Definitionen dieser Kategorien überhebe ich mich in dieser Abhandlung      
  33 geflissentlich, ob ich gleich im Besitz derselben sein möchte. Ich      
  34 werde diese Begriffe in der Folge bis auf den Grad zergliedern, welcher      
  35 in Beziehung auf die Methodenlehre, die ich bearbeite, hinreichend ist.      
  36 In einem System der reinen Vernunft würde man sie mit Recht von mir      
  37 fordern können: aber hier würden sie nur den Hauptpunct der Untersuchung      
           
     

[ Seite 093 ] [ Seite 095 ] [ Inhaltsverzeichnis ]