Kant: AA III, Kritik der reinen Vernunft ... , Seite 092 |
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| 01 | so ist unser Zählen (vornehmlich ist es in größeren Zahlen merklicher) eine | ||||||
| 02 | Synthesis nach Begriffen, weil sie nach einem gemeinschaftlichen | ||||||
| 03 | Grunde der Einheit geschieht (z. E. der Dekadik). Unter diesem Begriffe | ||||||
| 04 | wird also die Einheit in der Synthesis des Mannigfaltigen nothwendig. | ||||||
| 05 | Analytisch werden verschiedene Vorstellungen unter einen Begriff | ||||||
| 06 | gebracht (ein Geschäfte, wovon die allgemeine Logik handelt). Aber nicht | ||||||
| 07 | die Vorstellungen, sondern die reine Synthesis der Vorstellungen auf | ||||||
| 08 | Begriffe zu bringen, lehrt die transsc. Logik. Das erste, was uns zum | ||||||
| 09 | Behuf der Erkenntniß aller Gegenstände a priori gegeben sein muß, ist | ||||||
| 10 | das Mannigfaltige der reinen Anschauung; die Synthesis dieses | ||||||
| 11 | Mannigfaltigen durch die Einbildungskraft ist das zweite, giebt aber noch | ||||||
| 12 | keine Erkenntniß. Die Begriffe, welche dieser reinen Synthesis Einheit | ||||||
| 13 | geben und lediglich in der Vorstellung dieser nothwendigen synthetischen | ||||||
| 14 | Einheit bestehen, thun das dritte zum Erkenntnisse eines vorkommenden | ||||||
| 15 | Gegenstandes und beruhen auf dem Verstande. | ||||||
| 16 | Dieselbe Function, welche den verschiedenen Vorstellungen in einem | ||||||
| 17 | Urtheile Einheit giebt, die giebt auch der bloßen Synthesis verschiedener | ||||||
| 18 | Vorstellungen in einer Anschauung Einheit, welche, allgemein ausgedrückt, | ||||||
| 19 | der reine Verstandesbegriff heißt. Derselbe Verstand also und | ||||||
| 20 | zwar durch eben dieselben Handlungen, wodurch er in Begriffen vermittelst | ||||||
| 21 | der analytischen Einheit die logische Form eines Urtheils zu Stande | ||||||
| 22 | brachte, bringt auch vermittelst der synthetischen Einheit des Mannigfaltigen | ||||||
| 23 | in der Anschauung überhaupt in seine Vorstellungen einen transscendentalen | ||||||
| 24 | Inhalt, weswegen sie reine Verstandesbegriffe heißen, die | ||||||
| 25 | a priori auf Objecte gehen, welches die allgemeine Logik nicht leisten kann. | ||||||
| 26 | Auf solche Weise entspringen gerade so viel reine Verstandesbegriffe, | ||||||
| 27 | welche a priori auf Gegenstände der Anschauung überhaupt gehen, als es | ||||||
| 28 | in der vorigen Tafel logische Functionen in allen möglichen Urtheilen gab: | ||||||
| 29 | denn der Verstand ist durch gedachte Functionen völlig erschöpft und sein | ||||||
| 30 | Vermögen dadurch gänzlich ausgemessen. Wir wollen diese Begriffe nach | ||||||
| 31 | dem Aristoteles Kategorien nennen, indem unsre Absicht uranfänglich | ||||||
| 32 | mit der seinigen zwar einerlei ist, ob sie sich gleich davon in der Ausführung | ||||||
| 33 | gar sehr entfernt. | ||||||
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