Kant: AA III, Kritik der reinen Vernunft ... , Seite 061 |
|||||||
Zeile:
|
Text (Kant):
|
|
|
||||
01 | (welche jederzeit sinnlich ist, d. i. sofern wir von Gegenständen afficirt | ||||||
02 | werden) und an sich, außer dem Subjecte, nichts. Nichts desto weniger | ||||||
03 | ist sie in Ansehung aller Erscheinungen, mithin auch aller Dinge, die uns | ||||||
04 | in der Erfahrung vorkommen können, nothwendiger Weise objectiv. Wir | ||||||
05 | können nicht sagen: alle Dinge sind in der Zeit, weil bei dem Begriff der | ||||||
06 | Dinge überhaupt von aller Art der Anschauung derselben abstrahirt wird, | ||||||
07 | dieser aber die eigentliche Bedingung ist, unter der die Zeit in die Vorstellung | ||||||
08 | der Gegenstände gehört. Wird nun die Bedingung zum Begriffe | ||||||
09 | hinzugefügt, und es heißt: alle Dinge als Erscheinungen (Gegenstände | ||||||
10 | der sinnlichen Anschauung) sind in der Zeit, so hat der Grundsatz seine | ||||||
11 | gute objective Richtigkeit und Allgemeinheit a priori. | ||||||
12 | Unsere Behauptungen lehren demnach empirische Realität der | ||||||
13 | Zeit, d. i. objective Gültigkeit in Ansehung aller Gegenstände, die jemals | ||||||
14 | unsern Sinnen gegeben werden mögen. Und da unsere Anschauung jederzeit | ||||||
15 | sinnlich ist, so kann uns in der Erfahrung niemals ein Gegenstand | ||||||
16 | gegeben werden, der nicht unter die Bedingung der Zeit gehörte. Dagegen | ||||||
17 | bestreiten wir der Zeit allen Anspruch auf absolute Realität, da sie | ||||||
18 | nämlich, auch ohne auf die Form unserer sinnlichen Anschauung Rücksicht | ||||||
19 | zu nehmen, schlechthin den Dingen als Bedingung oder Eigenschaft anhinge. | ||||||
20 | Solche Eigenschaften, die den Dingen an sich zukommen, können | ||||||
21 | uns durch die Sinne auch niemals gegeben werden. Hierin besteht also | ||||||
22 | die transscendentale Idealität der Zeit, nach welcher sie, wenn man | ||||||
23 | von den subjectiven Bedingungen der sinnlichen Anschauung abstrahirt, | ||||||
24 | gar nichts ist und den Gegenständen an sich selbst (ohne ihr Verhältniß | ||||||
25 | auf unsere Anschauung) weder subsistirend noch inhärirend beigezählt | ||||||
26 | werden kann. Doch ist diese Idealität eben so wenig wie die des Raumes | ||||||
27 | mit den Subreptionen der Empfindungen in Vergleichung zu stellen, weil | ||||||
28 | man doch dabei von der Erscheinung selbst, der diese Prädicate inhäriren, | ||||||
29 | voraussetzt, daß sie objective Realität habe, die hier gänzlich wegfällt, | ||||||
30 | außer sofern sie bloß empirisch ist, d. i. den Gegenstand selbst bloß als | ||||||
31 | Erscheinung ansieht: wovon die obige Anmerkung des ersteren Abschnitts | ||||||
32 | nachzusehen ist. | ||||||
33 | § 7. |
||||||
34 | Erläuterung. |
||||||
35 | Wider diese Theorie, welche der Zeit empirische Realität zugesteht, | ||||||
36 | aber die absolute und transscendentale bestreitet, habe ich von einsehenden | ||||||
[ Seite 060 ] [ Seite 062 ] [ Inhaltsverzeichnis ] |