Kant: AA III, Kritik der reinen Vernunft ... , Seite 031 |
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01 | Wichtigkeit nach für weit vorzüglicher und ihre Endabsicht für viel erhabener | ||||||
02 | halten als alles, was der Verstand im Felde der Erscheinungen | ||||||
03 | lernen kann, wobei wir sogar auf die Gefahr zu irren eher alles wagen, | ||||||
04 | als daß wir so angelegene Untersuchungen aus irgend einem Grunde der | ||||||
05 | Bedenklichkeit, oder aus Geringschätzung und Gleichgültigkeit aufgeben | ||||||
06 | sollten. Diese unvermeidlichen Aufgaben der reinen Vernunft selbst sind | ||||||
07 | Gott, Freiheit und Unsterblichkeit. Die Wissenschaft aber, deren | ||||||
08 | Endabsicht mit allen ihren Zurüstungen eigentlich nur auf die Auflösung | ||||||
09 | derselben gerichtet ist, heißt Metaphysik, deren Verfahren im Anfange | ||||||
10 | dogmatisch ist, d. i. ohne vorhergehende Prüfung des Vermögens oder | ||||||
11 | Unvermögens der Vernunft zu einer so großen Unternehmung zuversichtlich | ||||||
12 | die Ausführung übernimmt. | ||||||
13 | Nun scheint es zwar natürlich, daß, so bald man den Boden der Erfahrung | ||||||
14 | verlassen hat, man doch nicht mit Erkenntnissen, die man besitzt, | ||||||
15 | ohne zu wissen woher, und auf dem Credit der Grundsätze, deren Ursprung | ||||||
16 | man nicht kennt, sofort ein Gebäude errichten werde, ohne der Grundlegung | ||||||
17 | desselben durch sorgfältige Untersuchungen vorher versichert zu sein, | ||||||
18 | daß man also vielmehr die Frage vorlängst werde aufgeworfen haben, | ||||||
19 | wie denn der Verstand zu allen diesen Erkenntnissen a priori kommen | ||||||
20 | könne, und welchen Umfang, Gültigkeit und Werth sie haben mögen. In | ||||||
21 | der That ist auch nichts natürlicher, wenn man unter dem Worte natürlich | ||||||
22 | das versteht, was billiger und vernünftiger Weise geschehen sollte; | ||||||
23 | versteht man aber darunter das, was gewöhnlicher Maßen geschieht, so | ||||||
24 | ist hinwiederum nichts natürlicher und begreiflicher, als daß diese Untersuchung | ||||||
25 | lange Zeit unterbleiben mußte. Denn ein Theil dieser Erkenntnisse, | ||||||
26 | als die mathematische, ist im alten Besitze der Zuverlässigkeit und | ||||||
27 | giebt dadurch eine günstige Erwartung auch für andere, ob diese gleich | ||||||
28 | von ganz verschiedener Natur sein mögen. Überdem, wenn man über | ||||||
29 | den Kreis der Erfahrung hinaus ist, so ist man sicher, durch Erfahrung | ||||||
30 | nicht widerlegt zu werden. Der Reiz, seine Erkenntnisse zu erweitern, | ||||||
31 | ist so groß, daß man nur durch einen klaren Widerspruch, auf den man | ||||||
32 | stößt, in seinem Fortschritte aufgehalten werden kann. Dieser aber kann | ||||||
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