Kant: AA II, Von den verschiedenen Racen ... , Seite 439

     
           
 

Zeile:

 

Text (Kant):

 

 

 

 
  01 die vollkommenste Scheitelung der Wasser (Ablauf nach zwei Meeren), die      
  02 sonst kein im glücklichen Himmelsstriche liegender Theil des festen Landes      
  03 von Asien hat. Es konnte also in den ältesten Zeiten trocken und bewohnbar      
  04 sein, da sowohl die östliche Halbinsel Indiens, als China (weil in ihnen      
  05 die Flüsse, an statt sich zu scheiteln, parallel laufen) in jenen Zeiten der      
  06 Überschwemmungen noch unbewohnt sein mußten. Hier konnte sich also      
  07 in langen Zeitläuften eine feste menschliche Race gründen. Das Olivengelb      
  08 der Haut des Indianers, die wahre Zigeunerfarbe, welche dem mehr      
  09 oder weniger dunkeln Braun anderer östlicheren Völker zum Grunde liegt,      
  10 ist auch eben so charakteristisch und in der Nachartung beständig, als die      
  11 schwarze Farbe der Neger und scheint zusammt der übrigen Bildung und      
  12 dem verschiedenen Naturelle eben so die Wirkung einer trockenen, wie die      
  13 letztere der feuchten Hitze zu sein. Nach Herrn Ives sind die gemeinen      
  14 Krankheiten der Indianer verstopfte Gallen und geschwollene Lebern;      
  15 ihre angeborne Farbe aber ist gleichsam gelbsüchtig und scheint eine continuirliche      
  16 Absonderung der ins Blut getretenen Galle zu beweisen, welche      
  17 als seifenartig die verdickten Säfte vielleicht auflöset und verflüchtigt und      
  18 dadurch wenigstens in den äußern Theilen das Blut abkühlt. Eine hierauf      
  19 oder auf etwas Ähnliches hinauslaufende Selbsthülfe der Natur, durch eine      
  20 gewisse Organisation (deren Wirkung sich an der Haut zeigt) dasjenige      
  21 continuirlich wegzuschaffen, was den Blutumlauf reizt, mag wohl die Ursache      
  22 der kalten Hände der Indianer sein*) und vielleicht (wiewohl man      
           
    *) Ich hatte zwar sonst gelesen: daß diese Indianer die Besonderheit kalter Hände bei großer Hitze haben, und daß dieses eine Frucht ihrer Nüchternheit und Mäßigkeit sein solle. Allein als ich das Vergnügen hatte, den aufmerksamen und einsehenden Reisenden, Herrn Eaton, der einige Jahre als holländischer Consul und Chef ihrer Etablissements zu Bassora etc. gestanden, bei seiner Durchreise durch Königsberg zu sprechen, so benachrichtigte er mich: daß, als er in Surat mit der Gemahlin eines europäischen Consuls getanzt habe, er verwundert gewesen wäre, schwitzige und kalte Hände an ihr zu fühlen (die Gewohnheit der Handschuhe ist dort noch nicht angenommen), und da er andern seine Befremdung geäußert, zur Antwort bekommen habe: sie habe eine Indianerin zur Mutter gehabt, und diese Eigenschaft sei an ihnen erblich. Ebenderselbe bezeugte auch, daß, wenn man die Kinder der Parsis mit denen der Indianer dort zusammen sähe, die Verschiedenheit der Racen in der weißen Farbe der ersten und der gelbbraunen der zweiten sogleich in die Augen falle; ingleichen, daß die Indianer in ihrem Baue noch das Unterscheidende an sich hätten, daß ihre Schenkel über das bei uns gewöhnliche Verhältniß länger wären.      
           
     

[ Seite 438 ] [ Seite 440 ] [ Inhaltsverzeichnis ]