Kant: AA II, Träume eines Geistersehers, ... , Seite 336 |
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01 | hier auf der Erde so befremdlich in die Augen fallen. Alle Moralität der | ||||||
02 | Handlungen kann nach der Ordnung der Natur niemals ihre vollständige | ||||||
03 | Wirkung in dem leiblichen Leben des Menschen haben, wohl aber in der | ||||||
04 | Geisterwelt nach pneumatischen Gesetzen. Die wahre Absichten, die geheime | ||||||
05 | Beweggründe vieler aus Ohnmacht fruchtlosen Bestrebungen, der | ||||||
06 | Sieg über sich selbst, oder auch bisweilen die verborgene Tücke bei scheinbarlich | ||||||
07 | guten Handlungen sind mehrentheils für den physischen Erfolg | ||||||
08 | in dem körperlichen Zustande verloren, sie würden aber auf solche Weise | ||||||
09 | in der immateriellen Welt als fruchtbare Gründe angesehen werden müssen | ||||||
10 | und in Ansehung ihrer nach pneumatischen Gesetzen zu Folge der Verknüpfung | ||||||
11 | des Privatwillens und des allgemeinen Willens, d. i. der Einheit | ||||||
12 | und des Ganzen der Geisterwelt, eine der sittlichen Beschaffenheit der | ||||||
13 | freien Willkür angemessene Wirkung ausüben oder auch gegenseitig empfangen. | ||||||
14 | Denn weil das Sittliche der That den inneren Zustand des | ||||||
15 | Geistes betrifft, so kann es auch natürlicher Weise nur in der unmittelbaren | ||||||
16 | Gemeinschaft der Geister die der ganzen Moralität adäquate Wirkung | ||||||
17 | nach sich ziehen. Dadurch würde es nun geschehen, daß die Seele | ||||||
18 | des Menschen schon in diesem Leben dem sittlichen Zustande zufolge ihre | ||||||
19 | Stelle unter den geistigen Substanzen des Universum einnehmen müßte, | ||||||
20 | so wie nach den Gesetzen der Bewegung die Materien des Weltraums sich | ||||||
21 | in solche Ordnung gegeneinander setzen, die ihren Körperkräften gemäß | ||||||
22 | ist.*) Wenn denn endlich durch den Tod die Gemeinschaft der Seele mit | ||||||
23 | der Körperwelt aufgehoben worden, so würde das Leben in der andern | ||||||
24 | Welt nur eine natürliche Fortsetzung derjenigen Verknüpfung sein, darin | ||||||
25 | sie mit ihr schon in diesem Leben gestanden war, und die gesammte Folgen | ||||||
26 | der hier ausgeübten Sittlichkeit würden sich dort in den Wirkungen wieder | ||||||
27 | finden, die ein mit der ganzen Geisterwelt in unauflöslicher Gemeinschaft | ||||||
28 | stehendes Wesen schon vorher daselbst nach pneumatischen Gesetzen ausgeübt | ||||||
29 | hat. Die Gegenwart und die Zukunft würden also gleichsam aus | ||||||
30 | einem Stücke sein und ein stetiges Ganze ausmachen, selbst nach der Ordnung | ||||||
*) Die aus dem Grunde der Moralität entspringende Wechselwirkungen des Menschen und der Geisterwelt nach den Gesetzen des pneumatischen Einflusses könnte man darin setzen, daß daraus natürlicher Weise eine nähere Gemeinschaft einer guten oder bösen Seele mit guten und bösen Geistern entspringe, und jene dadurch sich selbst dem Theile der geistigen Republik zugesellten, der ihrer sittlichen Beschaffenheit gemäß ist, mit der Theilnehmung an allen Folgen, die daraus nach der Ordnung der Natur entstehen mögen. | |||||||
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