Kant: AA II, Träume eines Geistersehers, ... , Seite 331

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 willkürlichen Bewegung und mit ihnen die äußerliche Merkmale des      
  02 Lebens fehlen können, die doch den ersteren nothwendig sind, weil ein Wesen,      
  03 welches die Werkzeuge seiner Ernährung in sich hat, sich selbst seinem Bedürfniß      
  04 gemäß muß bewegen können, dasjenige aber, an welchem dieselbe      
  05 außerhalb und in dem Elemente seiner Unterhaltung eingesenkt sind, schon      
  06 gnugsam durch äußere Kräfte erhalten wird und, wenn es gleich ein      
  07 Principium des inneren Lebens in der Vegetation enthält, doch keine      
  08 organische Einrichtung zur äußerlichen willkürlichen Thätigkeit bedarf. Ich      
  09 verlange nichts von allem diesem auf Beweisgründen, denn außerdem daß      
  10 ich sehr wenig zum Vortheil von dergleichen Muthmaßungen würde zu      
  11 sagen haben, so haben sie noch als bestäubte veraltete Grillen den Spott      
  12 der Mode wider sich. Die Alten glaubten nämlich dreierlei Art vom Leben      
  13 annehmen zu können, das pflanzenartige, das thierische und das      
  14 vernünftige. Wenn sie die drei immaterielle Principien derselben in      
  15 dem Menschen vereinigten, so möchten sie wohl Unrecht haben, wenn sie      
  16 aber solche unter die dreierlei Gattungen der wachsenden und ihres Gleichen      
  17 erzeugenden Geschöpfe vertheilten, so sagten sie freilich wohl etwas Unerweisliches,      
  18 aber darum noch nicht Ungereimtes, vornehmlich in dem Urtheile      
  19 desjenigen, der das besondere Leben der von einigen Thieren abgetrennten      
  20 Theile, die Irritabilität, diese so wohl erwiesene, aber auch zugleich so      
  21 unerklärliche Eigenschaft der Fasern eines thierischen Körpers und einiger      
  22 Gewächse, und endlich die nahe Verwandtschaft der Polypen und anderer      
  23 Zoophyten mit den Gewächsen in Betracht ziehen wollte. Übrigens ist      
  24 die Berufung auf immaterielle Principien eine Zuflucht der faulen Philosophie      
  25 und darum auch die Erklärungsart in diesem Geschmacke nach aller      
  26 Möglichkeit zu vermeiden, damit diejenigen Gründe der Welterscheinungen,      
  27 welche auf den Bewegungsgesetzen der bloßen Materie beruhen, und welche      
  28 auch einzig und allein der Begreiflichkeit fähig sind, in ihrem ganzen Umfange      
  29 erkannt werden. Gleichwohl bin ich überzeugt, daß Stahl, welcher      
  30 die thierische Veränderungen gerne organisch erklärt, oftmals der Wahrheit      
  31 näher sei, als Hofmann, Boerhaave u. a. m., welche die immaterielle      
  32 Kräfte aus dem Zusammenhange lassen, sich an die mechanische Gründe      
  33 halten und hierin einer mehr philosophischen Methode folgen, die wohl bisweilen      
  34 fehlt, aber mehrmals zutrifft, und die auch allein in der Wissenschaft      
  35 von nützlicher Anwendung ist, wenn anderseits von dem Einflusse der Wesen      
  36 von unkörperlicher Natur höchstens nur erkannt werden kann, daß er da      
  37 sei, niemals aber, wie er zugehe und wie weit sich seine Wirksamkeit erstrecke.      
           
           
     

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