Kant: AA II, ... , Seite 271 |
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01 | äußert. Mit der Zeit bricht die Krankheit aus und giebt Anlaß ihren | ||||||
02 | Grund in dem nächstvorhergehenden Zustande des Gemüths zu setzen. | ||||||
03 | Man sollte aber vielmehr sagen, der Mensch sei hochmüthig geworden, | ||||||
04 | weil er schon in einigem Grade gestört war, als, er sei gestört worden, | ||||||
05 | weil er so hochmüthig gewesen ist. Diese traurigen Übel, wenn sie nur | ||||||
06 | nicht erblich sind, lassen noch eine glückliche Genesung hoffen, und derjenige, | ||||||
07 | dessen Beistand man hiebei vornehmlich zu suchen hat, ist der Arzt. | ||||||
08 | Doch möchte ich ehrenhalber den Philosophen nicht gerne ausschließen, | ||||||
09 | welcher die Diät des Gemüths verordnen könnte; nur unter dem Beding, | ||||||
10 | daß er hiefür, wie für seine mehrste andere Beschäftigung keine Bezahlung | ||||||
11 | fordere. Zur Erkenntlichkeit würde der Arzt seinen Beistand dem Philosophen | ||||||
12 | auch nicht versagen, wenn dieser bisweilen die große, aber immer | ||||||
13 | vergebliche Cur der Narrheit versuchte. Er würde z. E. in der Tobsucht | ||||||
14 | eines gelehrten Schreiers in Betrachtung ziehen: ob nicht katharktische | ||||||
15 | Mittel, in verstärkter Dose genommen, dagegen etwas verfangen sollten. | ||||||
16 | Denn da nach den Beobachtungen des Swifts ein schlecht Gedicht blos | ||||||
17 | eine Reinigung des Gehirns ist, durch welches viele schädliche Feuchtigkeiten | ||||||
18 | zur Erleichterung des kranken Poeten abgezogen werden, warum | ||||||
19 | sollte eine elende grüblerische Schrift nicht auch dergleichen sein? In diesem | ||||||
20 | Falle aber wäre es rathsam, der Natur einen andern Weg der Reinigung | ||||||
21 | anzuweisen, damit das Übel gründlich und in aller Stille abgeführt | ||||||
22 | werde, ohne das gemeine Wesen dadurch zu beunruhigen. | ||||||
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02 | +c Hechtel und Compagnie haben verlegt: "Theorie der am 23. Julii | ||||||
03 | +c 1762 erschienenen Feuerkugel, abgehandelt von Johann Esaias Silberschlag, | ||||||
04 | +c Pastore an der Heiligen Geistkirche zu Magdeburg und Mitgliede | ||||||
05 | +c der Königl. Preuß. Akademie der Wissenschaften zu Berlin. Mit Kupfern. | ||||||
06 | +c 1764. 135 Quartseiten." Dieser ungeheure Feuerballen erleuchtete beinahe | ||||||
07 | +c den vierten Theil von Deutschland mit einem Glanze, der das Licht | ||||||
08 | +c des Vollmondes weit übertraf, und zwar zu der Zeit, als er in der scheinbaren | ||||||
09 | +c Größe einer Sternschnuppe zuerst entdeckt wurde, nach den Beobachtungen | ||||||
10 | +c des gelehrten Verfassers wenigstens 19 deutsche Meilen über die | ||||||
11 | +c Erdfläche erhaben. Das prächtige Meteor durchstrich mit einer Schnelligkeit, | ||||||
12 | +c gegen die der Flug einer Kanonenkugel nicht in Vergleichung kommt, | ||||||
13 | +c in etwa zwei Minuten einen Raum von beinahe 80000 Toisen horizontal | ||||||
14 | +c von dem Verticalpunkt über Röcke unweit Leipzig bis seitwärts Potsdam | ||||||
15 | +c und Falkenreh und Barst in einer Höhe von vier deutschen Meilen nach | ||||||
16 | +c einem Fall von 15 Meilen mit einem Knalle, der spät gehört wurde und | ||||||
17 | +c den Donner übertraf. Die Größe dieser Feuerkugel war allen diesen Erscheinungen | ||||||
18 | +c gemäß und hielt nach unseres Verfassers geometrischer Bestimmung | ||||||
19 | +c im Durchmesser wenigstens 3036 Pariser Fuß, d. i. mehr als | ||||||
20 | +c die Hälfte von dem Viertheil einer deutschen Meile. Ein jeder Zuschauer | ||||||
21 | +c der Welt, der einiger edlen Empfindung fähig ist, muß es dem gelehrten | ||||||
22 | +c und würdigen Herrn Verfasser Dank wissen, daß er durch seine Nachforschung | ||||||
23 | +c und Betrachtungen unseres noch wenig gekannten Luftkreises | ||||||
24 | +c diese Riesengeburt (glänzend und erschrecklich wie bisweilen kolossische | ||||||
25 | +c Menschen, aber auch eben so schnell verschlungen im weiten Abgrunde des | ||||||
26 | +c Nichts) hat der Vergessenheit entreißen wollen. Die Naturforscher aber | ||||||
27 | +c werden in den vortrefflichen Betrachtungen und Anmerkungen unseres | ||||||
28 | +c scharfsinnigen Verfassers vielfältigen Anlaß zu neuem Unterricht und zur | ||||||
29 | +c Erweiterung ihrer Natureinsicht antreffen. Diese Schrift besteht aus zwei | ||||||
30 | +c Haupttheilen, deren der erstere von dem Dunstkreise, der zweite von der | ||||||
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01 | +d Feuerkugel handelt, dem noch Beilagen von eingelaufenen Nachrichten und | ||||||
02 | +d Wahrnehmungen angehängt sind. Da der gelehrte Herr Pastor in der gemeinen | ||||||
03 | +d Theorie vom Dunstkreise keine Befriedigung findet, so trägt er | ||||||
04 | +d seine eigene Gedanken davon vor und sieht sich genöthigt, einen den Naturforschern | ||||||
05 | +d ungewöhnlichen Schwung bis auf die Höhen der Metaphysik zu | ||||||
06 | +d nehmen. Er sucht durch Gründe, welche von viel Bedeutung, aber nicht | ||||||
07 | +d gnugsam ausgewickelt scheinen, darzuthun: daß die Gegenwart der körperlichen | ||||||
08 | +d Substanzen im Raume eigentlich eine Sphäre der Wirksamkeit sei, | ||||||
09 | +d die ihren dynamischen Umkreis und Mittelpunkt hat. Aus der Verschiedenheit | ||||||
10 | +d dieser Sphären und der Kräfte, die darin wirken, nach dem Unterschiede | ||||||
11 | +d der Substanzen leitet er die Spannkraft, die Verdichtung, die Zitterung | ||||||
12 | +d der Luft und des Äthers, den Schall, den Ton, Licht, Farben und | ||||||
13 | +d Wärme, imgleichen auch die Anziehung der Materien her. Alles dieses | ||||||
14 | +d wird im ersten Abschnitte des ersten Theils auf die Luft und ihre Veränderungen | ||||||
15 | +d angewandt. Im zweiten Abschnitte wird das Luftmeer als | ||||||
16 | +d ein Dunstkreis betrachtet und außer verschiedenen beträchtlichen Anmerkungen | ||||||
17 | +d über Dämpfe, Nebel, Wolken und Regen eine neue Eintheilung | ||||||
18 | +d der Luftregionen vorgetragen. Die erste ist die Staub=Atmosphäre, darauf | ||||||
19 | +d folgt die wässerichte, die schon weit höher reicht, dann die schleimichte und | ||||||
20 | +d phosphorescirende, welche öhlichte, harzige und gummichte Theile enthält | ||||||
21 | +d und die Werkstatt der Sternschnuppen, der Feuerkugeln und fliegenden | ||||||
22 | +d Drachen ist; zuletzt die geistige Atmosphäre, welche sich bis an die Grenze | ||||||
23 | +d des Luftkreises ausbreitet, worin die weit erstreckte Luftfeuer, wie die Nordlichter, | ||||||
24 | +d erzeugt werden. Allenthalben trifft man neue und sehr wahrscheinliche | ||||||
25 | +d Vermuthungen an, welche wohl verdienen mit den Erscheinungen, die | ||||||
26 | +d schon bekannt sind, oder noch beobachtet werden sollten, mehrmals verglichen | ||||||
27 | +d zu werden. Der zweite Theil handelt in drei Abschnitten von der | ||||||
28 | +d Bahn, der Erzeugung und dem Nutzen dieses Meteors. Die drei Kupferplatten | ||||||
29 | +d erläutern die Theorie, die Gestalt und den Weg, den dieser | ||||||
30 | +d Feuerklumpe genommen hat. Die rühmliche Achtsamkeit des würdigen | ||||||
31 | +d Herrn Pastors auf die an Wundern reiche Natur giebt der studirenden | ||||||
32 | +d Jugend, die sich zu geistlichen Ämtern geschickt macht, einen Wink, das vor | ||||||
33 | +d ihren Augen weit aufgeschlagene große Buch der Schöpfung bei Zeiten | ||||||
34 | +d lesen zu lernen und auch anderen den Verstand der darin enthaltenen Geheimnisse | ||||||
35 | +d dereinst erleichtern zu können. Kostet in der Kanterischen Buchhandlung | ||||||
36 | +d allhier wie auch in Elbing und Mitau 3 fl. | ||||||
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