Kant: AA II, Versuch über die Krankheiten ... , Seite 263

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 seiner Güter entbehren; er entbehrt indessen wirklich ihrer aller, indem er      
  02 durch Kargheit einen Beschlag auf dieselbe legt. Die Verblendung des      
  03 Hochmuthes macht theils alberne, theils aufgeblasene Narren, nachdem      
  04 entweder läppische Flatterhaftigkeit oder steife Dummheit in dem      
  05 leeren Kopfe Besitz genommen hat. Die filzige Habsucht hat von je her      
  06 zu viel lächerlichen Geschichten Anlaß gegeben, die schwerlich wunderlicher      
  07 können ausgesonnen werden, als sie wirklich geschehen. Der Thor      
  08 ist nicht weise, der Narr ist nicht klug. Der Spott, den der Thor auf sich      
  09 zieht, ist lustig und schonend, der Narr verdient die schärfste Geißel des      
  10 Satyrs, allein er fühlt sie gleichwohl nicht. Man darf nicht gänzlich verzweifeln,      
  11 daß ein Thor noch einmal gescheut werden könne, wer aber einen      
  12 Narren klug zu machen gedenkt, wäscht einen Mohren. Die Ursache ist,      
  13 daß bei jenem doch eine wahre und natürliche Neigung herrscht, welche      
  14 die Vernunft allenfalls nur fesselt, bei diesem aber ein albernes Hirngespenst,      
  15 das ihre Grundsätze umkehrt. Ich überlasse es andern auszumachen,      
  16 ob man wirklich Ursache habe über die wunderliche Wahrsagung des Holbergs      
  17 bekümmert zu sein: daß nämlich der tägliche Anwachs der Narren      
  18 bedenklich sei und fürchten lasse, sie könnten es sich wohl noch in den Kopf      
  19 setzen, die fünfte Monarchie zu stiften. Gesetzt aber, daß sie dieses auch      
  20 im Schilde führten, so dürften sie sich gleichwohl nicht so sehr beeifern;      
  21 denn einer könnte dem andern füglich ins Ohr sagen, was der bekannte      
  22 Possenreißer eines benachbarten Hofes, als er in Narrenkleidern durch      
  23 eine polnische Stadt ritt, den Studenten zurief, die ihm nachliefen: "Ihr      
  24 Herren, seid fleißig, lernet etwas, denn wenn unser zu viel sind, so können      
  25 wir nimmermehr alle Brod haben."      
           
  26 Ich komme von den Gebrechen des Kopfes, welche verachtet und gehöhnt      
  27 werden, zu denen, die man gemeiniglich mit Mitleiden ansieht, von      
  28 denen, welche die freie bürgerliche Gemeinschaft nicht aufheben, zu denjenigen      
  29 deren sich die obrigkeitliche Vorsorge annimmt und um welcher      
  30 willen sie Verfügungen macht. Ich theile diese Krankheiten zwiefach ein,      
  31 in die der Ohnmacht und in die der Verkehrtheit. Die erstere stehen unter      
  32 der allgemeinen Benennung der Blödsinnigkeit, die zweite unter dem      
  33 Namen des gestörten Gemüths. Der Blödsinnige befindet sich in einer      
  34 großen Ohnmacht des Gedächtnisses, der Vernunft und gemeiniglich auch      
  35 sogar der sinnlichen Empfindungen. Dieses Übel ist mehrentheils unheilbar,      
  36 denn wenn es schwer ist die wilde Unordnungen des gestörten Gehirns      
  37 zu heben, so muß es beinahe unmöglich sein in seine erstorbene Organen      
           
     

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