Kant: AA II, Der einzig mögliche ... , Seite 117

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 Die beide letztere Arten kann man physikotheologische Methoden      
  02 nennen; denn sie zeigen beide den Weg, aus den Betrachtungen über die      
  03 Natur zur Erkenntniß Gottes hinauf zu steigen.      
           
  04
2.
     
  05
Die Vortheile und auch die Fehler der gewöhnlichen
     
  06
Physikotheologie.
     
           
  07 Das Hauptmerkmal der bis dahin gebräuchlichen physischtheologischen      
  08 Methode besteht darin: daß die Vollkommenheit und Regelmäßigkeit      
  09 erstlich ihrer Zufälligkeit nach gehörig begriffen, und alsdann die      
  10 künstliche Ordnung nach allen zweckmäßigen Beziehungen darin gewiesen      
  11 wird, um daraus auf einen weisen und gütigen Willen zu schließen, nachher      
  12 aber zugleich durch die hinzugefügte Betrachtung der Größe des      
  13 Werks der Begriff der unermeßlichen Macht des Urhebers damit vereinigt      
  14 wird.      
           
  15 Diese Methode ist vortrefflich: erstlich weil die Überzeugung überaus      
  16 sinnlich und daher sehr lebhaft und einnehmend und demnach auch      
  17 dem gemeinsten Verstande leicht und faßlich ist; zweitens weil sie natürlicher      
  18 ist als irgend eine andere, indem ohne Zweifel ein jeder von ihr zuerst      
  19 anfängt; drittens weil sie einen sehr anschauenden Begriff von der      
  20 hohen Weisheit, Vorsorge oder auch der Macht des anbetungswürdigen      
  21 Wesens verschafft, welcher die Seele füllt und die größte Gewalt hat auf      
  22 Erstaunen, Demuth und Ehrfurcht zu wirken.*) Diese Beweisart ist viel      
  23 praktischer als irgend eine andere selbst in Ansehung des Philosophen.      
  24 Denn ob er gleich für seinen forschenden oder grüblenden Verstand hier      
  25 nicht die bestimmte abgezogene Idee der Gottheit antrifft und die Gewißheit      
           
    *) Wenn ich unter andern die mikroskopische Beobachtungen des Doctor Hill, die man im Hamb. Magaz. antrifft, erwäge und sehe zahlreiche Thiergeschlechter in einem einzigen Wassertropfen, räuberische Arten, mit Werkzeugen des Verderbens ausgerüstet, die von noch mächtigern Tyrannen dieser Wasserwelt zerstört werden, indem sie gefließen sind andre zu verfolgen; wenn ich die Ränke, die Gewalt und die Scene des Aufruhrs in einem Tropfen Materie ansehe und erhebe von da meine Augen in die Höhe, um den unermeßlichen Raum von Welten wie von Stäubchen wimmeln zu sehen, so kann keine menschliche Sprache das Gefühl ausdrücken, was ein solcher Gedanke erregt, und alle subtile metaphysische Zergliederung weicht sehr weit der Erhabenheit und Würde, die einer solchen Anschauung eigen ist.      
           
     

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