Kant: AA II, Der einzig mögliche ... , Seite 105

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 das höchste Wesen besonders gerichtet sein; alsdann aber ist die Begebenheit      
  02 im formalen Verstande übernatürlich, obgleich die Mittelursache eine      
  03 Kraft der Natur war. Und wenn auch durch eine lange Reihe von Vorbereitungen,      
  04 die dazu besonders in die wirksamen Kräfte der Welt angelegt      
  05 waren, diese Begebenheit endlich als ein Strafgericht zu Stande kam,      
  06 wenn man gleich annehmen wollte, daß schon bei der Schöpfung Gott alle      
  07 Anstalten dazu gemacht hätte, daß sie nachher durch die darauf in der      
  08 Natur gerichteten Kräfte zur rechten Zeit geschehen sollte (wie man dieses      
  09 in Whistons Theorie von der Sündfluth, in so fern sie vom Kometen herrühren      
  10 soll, sich so gedenken kann), so ist das Übernatürliche dadurch gar      
  11 nicht verringert, sondern nur weit bis in die Schöpfung hinaus verschoben      
  12 und dadurch unbeschreiblich vermehrt worden. Denn diese ganze Reihenfolge,      
  13 in so fern die Art ihrer Anordnung sich auf den Ausgang bezog,      
  14 indem sie in Ansehung desselben gar nicht als eine Folge aus allgemeinern      
  15 Naturgesetzen anzusehen war, bezeichnet eine unmittelbare, noch größere      
  16 göttliche Sorgfalt, die auf eine so lange Kette von Folgen gerichtet war,      
  17 um auch den Hindernissen auszuweichen, die die genaue Erreichung der      
  18 gesuchten Wirkungen konnten verfehlen machen.      
           
  19 Hingegen giebt es Strafen und Belohnungen nach der Ordnung der      
  20 Natur, darum weil das moralische Verhalten der Menschen mit ihnen      
  21 nach den Gesetzen der Ursachen und Wirkungen in Verknüpfung steht.      
  22 Wilde Wollust und Unmäßigkeit endigen sich in einem siechen und martervollen      
  23 Leben. Ränke und Arglist scheitern zuletzt und Ehrlichkeit ist doch      
  24 am Ende die beste Politik. In allem diesem geschieht die Verknüpfung der      
  25 Folgen nach den Gesetzen der Natur. So viel aber auch immer derjenigen      
  26 Strafen oder Belohnungen oder jeder anderen Begebenheiten in der Welt      
  27 sein mögen, davon die Richtung der Naturkräfte jederzeit außerordentlich      
  28 auf jeden einzelnen Fall hat geschehen müssen, wenn gleich eine gewisse      
  29 Einförmigkeit unter vielen derselben herrscht, so sind sie zwar einem      
  30 unmittelbaren göttlichen Gesetze, nämlich demjenigen seiner Weisheit, aber      
  31 keinem Naturgesetze untergeordnet.      
           
           
     

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