Kant: AA II, Die falsche Spitzfindigkeit der ... , Seite 053 |
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01 | ist nur darum wahr, weil ich das Urtheil, in welchem gesagt wird, daß ein | ||||||
02 | anderes Merkmal dieser Sache zukommt, ( per conversionem logicam ) | ||||||
03 | umkehren kann, wodurch es der Regel aller Vernunftschlüsse gemäß wird. | ||||||
04 | Es heißt z. E.: | ||||||
05 | Alle Menschen sind Sünder; | ||||||
06 | Alle Menschen sind vernünftig; | ||||||
07 | Also einige Vernünftige sind Sünder. | ||||||
08 | Dieses schließt nur, weil ich durch eine Umkehrung per accidens aus | ||||||
09 | dem Untersatz also schließen kann: folglich sind einige vernünftige Wesen | ||||||
10 | Menschen, und alsdann werden die Begriffe nach der Regel aller Vernunftschlüsse | ||||||
11 | verglichen, aber nur vermittelst eines eingeschobnen unmittelbaren | ||||||
12 | Schlusses, und man hat ein ratiocinium hybridum : | ||||||
13 | Alle Menschen sind Sünder; | ||||||
14 | Alle Menschen sind vernünftig; | ||||||
15 | Mithin einige Vernünftige sind Menschen; | ||||||
16 | Also einige Vernünftige sind Sünder. | ||||||
17 | Eben dasselbe kann man sehr leicht in der verneinenden Art dieser Figur | ||||||
18 | zeigen, welches ich um der Kürze willen weglasse. | ||||||
19 | In der vierten Figur sind keine andere wie vermischte |
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20 | Vernunftschlüsse möglich. |
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21 | Die Schlußart in dieser Form ist so unnatürlich und gründet sich auf | ||||||
22 | so viel mögliche Zwischenschlüsse, die als eingeschoben gedacht werden | ||||||
23 | müssen, daß die Regel, die ich davon allgemein vortragen könnte, sehr | ||||||
24 | dunkel und unverständlich sein würde. Um deswillen will ich nur sagen, | ||||||
25 | um welcher Bedingungen willen eine Schlußkraft darin liegt. In den verneinenden | ||||||
26 | Arten dieser Vernunftschlüsse ist darum, weil ich entweder durch | ||||||
27 | logische Umkehrung oder Contraposition die Stellen der Hauptbegriffe verändern | ||||||
28 | und also nach jedem Vordersatze seine unmittelbare Schlußfolge | ||||||
29 | gedenken kann, so daß diese Schlußfolgen die Beziehung bekommen, die sie | ||||||
30 | in einem Vernunftschlusse nach der allgemeinen Regel überhaupt haben | ||||||
31 | müssen, eine richtige Folgerung möglich. Von den bejahenden aber werde | ||||||
32 | ich zeigen, daß sie in der vierten Figur gar nicht möglich seien. Der verneinende | ||||||
33 | Vernunftschluß nach dieser Figur wird, wie er eigentlich gedacht | ||||||
34 | werden muß, sich auf folgende Art darstellen: | ||||||
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