Kant: AA I, M. Immanuel Kants neue ... , Seite 492

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 welches unmöglich lange währen kann, dagegen die erste Ursache dieses      
  02 letztern Falles, weil sie immer nur fortgesetzt werden darf, ohne sich zu      
  03 vermehren, eine sehr kräftige Qülle anhaltender Winde abgiebt.      
           
  04 Die Ursachen, die entweder wegen Vermehrung der Elasticität, wie      
  05 z. E. durch die Wärme, oder zugleich der Schwere, wie der aus dem      
  06 schmelzenden Schnee befreieten Luft die Atmosphäre bewegen, sind bei      
  07 weitem nicht so kräftig, weil alsdann sowohl die Bewegung gegen eine      
  08 ruhende Luft geschieht, die ihr mit ihrem ganzen Gewichte widersteht, als      
  09 auch selbst die sich ausbreitende Luftgegend nach oben eben so stark als      
  10 nach den Seiten sich ausdehnt, also ihre eigene Gewalt schwächt: daher      
  11 ein Wind aus diesen Ursachen unmöglich in großen Weiten kann verspürt      
  12 werden.      
           
  13 Ich führe alles dieses nur kurz an und setze voraus, daß das eigene      
  14 Nachdenken des Lesers das nöthige Licht über das Vorgetragene ausbreiten      
  15 werde. Ich möchte nicht gerne in so wenig Blättern sehr wenig sagen.      
           
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Erste Anmerkung.
     
           
  17 Ein größerer Grad der Hitze, der auf eine Luftgegend      
  18 mehr als auf eine andere wirkt, macht einen Wind nach dieser      
  19 erhitzten Luftgegend hin, der so lange anhält, als die vorzügliche      
  20 Wärme der Gegend fortdaürt.      
           
  21 Die vermehrte Hitze nöthigt die Luft mehr Raum einzunehmen. Sie      
  22 breitet sich zu den Seiten und eben so stark in die Höhe aus. In diesem      
  23 Augenblicke wird das Gewicht dieser Luftgegend verändert, weil, indem      
  24 die oberwärts sich erhebende Luft überfließt, die Luftsäule fortan weniger      
  25 Luft enthält. Die benachbarte kühlere, mithin dichtere und schwerere Luft      
  26 verdrängt sie wegen der Überwucht aus ihrem Platz. Sie wird eben so wie      
  27 die vorige verdünnt und leichter gemacht und weicht also dem Drucke der      
  28 nächsten und so fortan. Man denke nicht, diese erhitzte Luft, da sie eben      
  29 so wohl seitwärts sich auszubreiten bestrebt ist, werde einen Wind von der      
  30 Gegend der Erhitzung in die kühlere Luftgegend machen. Denn erstlich      
  31 weil die Ausbreitung nach allen Seiten gleich stark geschieht, mithin die      
  32 Ausspannungskraft, die dieser umgekehrt proportionirt ist, wie der Kubus      
  33 der Entfernung von dem Mittelpunkte gegenseitig abnimmt, so würde die      
  34 sich ausbreitende Gewalt eines Platzes von Luft, der 4 Quadratmeilen in      
           
     

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