Kant: AA I, Geschichte und Naturbeschreibung ... , Seite 456

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 Nutzen nicht, den uns eben die Ursachen verschaffen könnten, die uns in den      
  02 Erdbeben erschrecken, und wollten sie doch gerne verbannt wissen.      
           
  03 Als Menschen, die geboren waren, um zu sterben, können wir es nicht      
  04 vertragen, daß einige im Erdbeben gestorben sind, und als die hier Fremdlinge      
  05 sind und kein Eigentum besitzen, sind wir untröstlich, daß Güter      
  06 verloren worden, die in kurzem durch den allgemeinen Weg der Natur von      
  07 selbst wären verlassen worden.      
           
  08 Es läßt sich leicht rathen: daß, wenn Menschen auf einem Grunde      
  09 baün, der mit entzündbaren Materien angefüllt ist, über kurz oder lang      
  10 die ganze Pracht ihrer Gebäude durch Erschütterungen über den Haufen      
  11 fallen könne; aber muß man denn darum über die Wege der Vorsehung      
  12 ungeduldig werden? Wäre es nicht besser also zu urtheilen: Es war nöthig,      
  13 daß Erdbeben bisweilen auf dem Erdboden geschähen, aber es war nicht      
  14 nothwendig, daß wir prächtige Wohnplätze darüber erbaüten? Die Einwohner      
  15 in Peru wohnen in Häusern, die nur in geringer Höhe gemaürt      
  16 sind, und das übrige besteht aus Rohr. Der Mensch muß sich in die Natur      
  17 schicken lernen, aber er will, daß sie sich in ihn schicken soll.      
           
  18 Was auch die Ursache der Erdbeben den Menschen auf einer Seite      
  19 jemals für Schaden erweckt hat, das kann sie ihm leichtlich auf der andern      
  20 Seite mit Gewinst ersetzen. Wir wissen, daß die warme Bäder, die vielleicht      
  21 einem beträchtlichen Theil der Menschen zur Beförderung der Gesundheit      
  22 in der Folge der Zeiten können dienlich gewesen sein, durch eben      
  23 dieselbe Ursachen ihre mineralische Eigenschaft und Hitze haben, wodurch      
  24 die Erhitzungen in dem Innern der Erde vorgehen, welche diese in Bewegung      
  25 setzen.      
           
  26 Man hat schon längst vermuthet: daß die Erzstufen in den Gebirgen      
  27 eine langsame Wirkung der unterirdischen Hitze seien, die die Metalle durch      
  28 allmähliche Wirkungen zur Reife bringt, indem sie sie durch durchdringende      
  29 Dämpfe in der Mitte des Gesteins bildet und kocht.      
           
  30 Unser Luftkreis bedarf außer den groben und todten Materien, die      
  31 er in sich enthält, auch ein gewisses wirksames Principium, flüchtige Salze      
  32 und Theile, die in den Zusammensatz der Pflanzen kommen sollen, sie zu      
  33 bewegen und auszuwickeln. Ist es nicht glaublich, daß die Naturbildungen,      
  34 die beständig einen großen Theil davon aufwenden, und die Veränderung,      
  35 die alle Materie durch die Auflösung und Zusammensetzung endlich erleidet,      
  36 die wirksamste Partikeln mit der Zeit gänzlich verzehren würden, wenn      
  37 nicht von Zeit zu Zeit ein neuer Zufluß geschähe? Zum wenigsten wird      
           
     

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