Kant: AA I, Geschichte und Naturbeschreibung ... , Seite 451 |
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01 | welcher die Wankung des Bodens jederzeit geschehen muß, wenn diejenige | ||||||
02 | allemal sicher bekannt wäre, nach welcher die Schichte der Erde abhängt, | ||||||
03 | unter welcher die Feuergruft befindlich ist. Der Abhang der obersten Fläche | ||||||
04 | des erschütterten Bodens ist kein sicheres Merkmal von der schiefen Stellung, | ||||||
05 | die das Gewölbe in seiner ganzen Dicke hat; denn die Erdlagen, | ||||||
06 | welche oben aufliegen, können mannigfaltige Beugungen und Hügel | ||||||
07 | machen, nach denen sich die unterste Grundlage gar nicht richtet. Buffon | ||||||
08 | ist der Meinung: daß alle verschiedene Schichten, die auf der Erden gefunden | ||||||
09 | werden, einen allgemeinen Grundfels zur Base haben, der alle beschlossene | ||||||
10 | Tiefe Höhlungen von oben deckt, und dessen einige Theile auf den | ||||||
11 | Gipfeln hoher Berge gemeiniglich entblößt sind, wo Regen und Sturmwinde | ||||||
12 | die lockere Substanz völlig abgespült haben. Diese Meinung bekommt | ||||||
13 | durch das, was die Erdbeben zu erkennen geben, viel Wahrscheinlichkeit. | ||||||
14 | Denn eine dermaßen wüthende Gewalt, als die Erdbeben ausüben, | ||||||
15 | würde eine andere als felsichte Wölbung durch die öfters erneuerte | ||||||
16 | Anfälle längst zertrümmert und aufgerieben haben. | ||||||
17 | Der Abhang dieser Wölbung ist an dem Meeresufer ohne Zweifel | ||||||
18 | nach dem Meere hin geneigt und also nach derjenigen Richtung abschießig, | ||||||
19 | nach welcher das Meer dem Orte liegt. An dem Ufer eines großen Flusses | ||||||
20 | muß sie in der Richtung abschüssig sein, wohin der Ablauf des Stromes | ||||||
21 | geht; denn wenn man die sehr lange und öfters einige hundert Meilen | ||||||
22 | übertreffende Strecken betrachtet, die die Flüsse auf dem festen Lande durchlaufen, | ||||||
23 | ohne daß sie stehende Pfützen oder Seen unterwegens machen: so | ||||||
24 | kann man diesen einförmigen Abhang wohl durch nichts anders erklären, als | ||||||
25 | durch diejenige überaus feste Grundlage, die, indem sie ohne vielfältige | ||||||
26 | Einbeugungen sich einförmig zu dem Meeresgrunde hinneigt, dem Flusse | ||||||
27 | eine schiefe Fläche zum Ablaufe verschafft. Daher ist zu vermuthen: daß die | ||||||
28 | Schwankung des Bodens einer erschütterten Stadt, die an einem großen | ||||||
29 | Flusse liegt, in der Richtung dieses Flusses, als im Tajo von Abend und | ||||||
30 | Morgen geschehen werde;*) derjenigen aber, die am Meeresufer liegt, in | ||||||
31 | der Richtung, nach welcher dieses zum Meere sich neigt. Ich habe an einem | ||||||
32 | andern Orte angeführt, was die Lage des Bodens dazu beitragen kann, | ||||||
*) Gleichwie ein Fluß eine abhängende Schiefe gegen das Meer hin hat, so haben die Länder zu den Seiten einen Abhang zu seinem Bette. Wenn dieses letztere selbst von der ganzen Erdschichte gilt, und diese in der größten Tiefe eben solche Abschießigkeit besitzt, so wird die Richtung der Erderschütterung auch durch diese bestimmt werden. | |||||||
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