Kant: AA I, Von den Ursachen der ... , Seite 423

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 mit gemeinem Wasser, vergräbt diesen Teig einen oder anderthalb Fuß tief      
  02 in die Erde und stößt dieselbe darüber fest zusammen. Nach Ablauf einiger      
  03 Stunden sieht man einen dicken Dampf aufsteigen, die Erde wird erschüttert,      
  04 und es brechen Flammen aus dem Grunde hervor. Man kann      
  05 nicht zweifeln, daß die beiden erstere Materien in dem Innern der Erde      
  06 häufig angetroffen werden, und das Wasser, das sich durch Spalten und      
  07 Felsenritzen durchseigert, kann sie in Gährung bringen. Noch ein anderer      
  08 Versuch liefert brennbare Dämpfe aus der Vermischung kalter Materien,      
  09 die sich von selber entzünden. Zwei Qüntchen Vitriolöl, mit 8 Qüntchen      
  10 gemeines Wasser vermischt, wenn man sie auf 2 Qüntchen Eisenfeil      
  11 gießt, bringen ein heftiges Aufbrausen und Dämpfe hervor, die sich von      
  12 selber entzünden. Wer kann zweifeln, daß die vitriolische Säure und Eisentheile      
  13 in genugsamer Menge in dem Innern der Erde enthalten sind?      
  14 Wenn das Wasser nun hinzukommt und ihre gegenseitige Wirkung veranlaßt,      
  15 so werden sie Dämpfe ausstoßen, die sich auszubreiten trachten,      
  16 den Boden erschüttern und bei den Öffnungen feuerspeiender Berge in      
  17 Flammen ausbrechen.      
           
  18 Man hat vorlängst wahrgenommen, daß ein Land von seinen heftigen      
  19 Erschütterungen befreiet worden, wenn in seiner Nachbarschaft ein feuerspeiender      
  20 Berg ausgebrochen, durch welchen die verschlossene Dämpfe einen      
  21 Ausgang gewinnen können, und man weiß, daß um Neapolis die Erdbeben      
  22 weit häufiger und fürchterlicher sind, wenn der Vesuv eine lange Zeit      
  23 ruhig gewesen. Auf diese Weise dient uns öftermals das, was uns in      
  24 Schrecken setzt, zur Wohlthat, und ein feuerspeiender Berg, der sich in den      
  25 Gebirgen von Portugal eröffnen würde, könnte ein Vorbote werden, daß      
  26 das Unglück nach und nach sich entfernte.      
           
  27 Die heftige Wasserbewegung, die an dem unglücklichen Tage Aller      
  28 Heiligen an so vielen Meeresküsten verspürt worden, ist in dieser Begebenheit      
  29 der seltsamste Gegenstand der Bewunderung und Nachforschung. Da      
  30 die Erdbeben sich bis unter dem Meergrunde erstrecken und die Schiffe      
  31 in so heftige Rüttelung versetzen, als wenn sie auf einem harten erschütterten      
  32 Boden befestigt wären, ist eine gemeine Erfahrung. Allein so war in      
  33 den Gegenden, da das Wasser in Aufwallung gerieth, keine Spur von      
  34 einigem Erdbeben, zum wenigsten war es in einer mittelmäßigen Entfernung      
  35 von den Küsten gar nicht zu spüren. Gleichwohl ist diese Wasserbewegung      
  36 nicht ganz ohne Beispiel. Im Jahre 1692 ward bei einem fast      
  37 allgemeinen Erdbeben auch dergleichen etwas an den Küsten von Holland,      
           
     

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