Kant: AA I, Gedanken von der wahren ... , Seite 152 |
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01 | man aber aus den wesentlichen und geometrischen Eigenschaften eines | ||||||
02 | Körpers kein Argument ausfindig machen, welches ein solches Vermögen | ||||||
03 | zu erkennen geben sollte, als zu Leistung einer freien und unveränderten | ||||||
04 | Bewegung erfordert wird, nach demjenigen, was wir in | ||||||
05 | Ansehung dessen in dem vorhergehenden ausgemacht haben. Also folgt: | ||||||
06 | daß die lebendigen Kräfte nicht als eine nothwendige | Dieses haben | |||||
07 | Eigenschaft erkannt werden, sondern etwas Hypothetisches | auch die | |||||
08 | und Zufälliges sind. Herr von Leibniz erkannte dieses | Leibnizianer | |||||
09 | selber, wie er es insonderheit in der Theodicee bekennt, | erkannt. | |||||
10 | und Herr Daniel Bernoulli bestätigt es durch die Manier, die | ||||||
11 | man, wie er meint, brauchen muß, die lebendigen Kräfte erweislich | ||||||
12 | zu machen: nämlich daß man die Grundäquation voraussetzen müsse, | ||||||
13 | dv = pdt , in welcher dv das Element der Geschwindigkeit, p den Druck, | ||||||
14 | der die Geschwindigkeit erzeugt, und dt das Element der Zeit, darin | ||||||
15 | der Druck die unendlich kleine Geschwindigkeit hervorgebracht hat, anzeigt. | ||||||
16 | Er sagt, dieses sei etwas Hypothetisches, welches | Und dennoch | |||||
17 | man annehmen müsse. Die anderen Verfechter der lebendigen | suchen sie sie in | |||||
18 | Kräfte, die sich einen Gewissens=Scrupel daraus | geometrisch | |||||
19 | machten, anders zu urtheilen, als Herr von Leibniz, haben | nothwendigen | |||||
20 | aus demselben Tone gesungen. Und dennoch haben sie | Wahrheiten. | |||||
21 | die lebendigen Kräfte in den Fällen gesucht, die durchaus geometrisch | ||||||
22 | nothwendig sind, und auch darin zu finden vermeint; welches gewiß | ||||||
23 | äußerst zu verwundern ist. | ||||||
24 | Herr Hermann versuchte es auf die gleiche Art, | Sonderbarer | |||||
25 | ohne daß er sich durch die Zufälligkeit der lebendigen | Fehltritt des | |||||
26 | Kräfte irre machen ließ. Allein die vorgefaßte gute Meinung | Herrn | |||||
27 | von Leibnizens Gedanken und der Vorsatz durchaus | Hermanns in | |||||
28 | zum Zwecke zu kommen leitete ihn in einen Fehlschluß, | dieser Materie. | |||||
29 | der gewiß anmerkungswürdig ist. Mich dünkt, es sollte nicht leichtlich | ||||||
30 | jemand gefunden werden, dem es einfallen sollte, also zu schließen: | ||||||
31 | Die zwei Größen a und b soll man zusammen nehmen und in ihrer | ||||||
32 | Verbindung betrachten, ergo muß man sie zusammen multipliciren; | ||||||
33 | und dennoch geschah dieses recht nach dem Buchstaben von Herrn | ||||||
34 | Hermann, der ein so großer Meister im Schließen war. "Weil der | ||||||
35 | Körper," sagt er, "der im Fallen ein neues Element der Kraft empfängt, | ||||||
36 | doch schon eine Geschwindigkeit hat, so muß man diese doch | ||||||
37 | auch mit in Betrachtung ziehen. Man wird also die Geschwindigkeit | ||||||
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