Kant: AA I, Gedanken von der wahren ... , Seite 149 |
|||||||
Zeile:
|
Text (Kant):
|
Randtext (Kant)
|
|
||||
01 | unter den Philosophen aller Nationen erregt hat. Die lebendigen | ||||||
02 | Kräfte werden in die Natur aufgenommen, nachdem sie aus der Mathematik | ||||||
03 | verwiesen worden. Man wird keinen von beiden großen Weltweisen, | ||||||
04 | weder Leibnizen noch Cartesen, durchaus des Irrthums schuldig | ||||||
05 | geben können. Auch sogar in der Natur wird Leibnizens Gesetz nicht | ||||||
06 | anders stattfinden, als nachdem es durch Cartesens Schätzung gemäßigt | ||||||
07 | worden. Es heißt gewissermaßen die Ehre der menschlichen Vernunft | ||||||
08 | vertheidigen, wenn man sie in den verschiedenen Personen scharfsinniger | ||||||
09 | Männer mit sich selber vereinigt und die Wahrheit, welche dieser ihre | ||||||
10 | Gründlichkeit niemals gänzlich verfehlt, auch alsdann herausfindet, wenn | ||||||
11 | sie sich gerade widersprechen. | ||||||
12 | § 126. |
||||||
13 | Es kommt nur darauf an, daß es in der Welt freie | Weil es freie | |||||
14 | Bewegungen gebe, die sich immerwährend und unvermindert | Bewegungen | |||||
15 | erhalten würden, wenn kein äußerlicher Widerstand | giebt, so giebt | |||||
16 | wäre: so ist die Sache ausgemacht, und es giebt gewiß | es auch lebendige | |||||
17 | in der Natur lebendige Kräfte. Die freie und immerwährende | Kräfte. | |||||
18 | Bewegung der Planeten, wie auch die unzählbare andere | ||||||
19 | Erfahrungen, welche es ausweisen, daß die freibewegte Körper nur | ||||||
20 | nach Maßgebung des Widerstandes ihre Bewegung verlieren und ohne | ||||||
21 | dieselbe sie immer erhalten würden, leisten diese Gewährung und behaupten | ||||||
22 | das Dasein der lebendigen Kräfte in der Natur. | ||||||
23 | Indessen ist hieraus auch klar: daß die Mathematik | Die Mathematik | |||||
24 | nach der Schärfe zu urtheilen an ihrem Körper keine freie | erlaubt | |||||
25 | Bewegung erlaube. Denn sie erlaubt dasjenige nicht, | keine freie Bewegungen. | |||||
26 | welches nothwendig ist, die Bewegung frei und immerwährend | ||||||
27 | zu machen, nämlich daß der Körper aus seinem Innern | ||||||
28 | eine Bestrebung und Kraft in sich erzeuge, die weder von der äußerlichen | ||||||
29 | Ursache entstanden ist, noch von ihr herkommen kann. Denn sie | ||||||
30 | erkennt keine andere Kraft in einem Körper, als diejenige, die von | ||||||
31 | demjenigen Körper hervorgebracht worden, der die Ursache seiner Bewegung | ||||||
32 | ist. | ||||||
33 | § 127. |
||||||
34 | Obgleich die bisherige Betrachtungen und Beweise | Leichtere | |||||
35 | von der Art sind, daß sie, so viel als nur die Natur der | Methode diese | |||||
[ Seite 148 ] [ Seite 150 ] [ Inhaltsverzeichnis ] |