Kant: AA I, Gedanken von der wahren ... , Seite 120 |
|||||||
Zeile:
|
Text (Kant):
|
Randtext (Kant)
|
|
||||
01 | so verhält sich auch die in demselben hervorgebrachte | ||||||
02 | Kraft; also ist die Kraft eines Körpers wie das Quadrat der Geschwindigkeit, | ||||||
03 | die er besitzt. | ||||||
04 | § 108. |
||||||
05 | Ich glaube, ein Anhänger des Cartesius würde folgendes | Untersuchung | |||||
06 | gegen diesen Beweis einwenden: | dieses Argumentes. | |||||
07 | Wenn man die in einen Körper übertragene Kraft | ||||||
08 | nach der Summe gewisser Federn schätzen will: so muß man nur diejenige | ||||||
09 | Federn nehmen, die ihre Gewalt in den Körper wirklich hinein | ||||||
10 | bringen; allein diejenige, die in ihn gar nicht gewirkt haben, kann | ||||||
11 | man auch nicht gebrauchen, um eine ihnen gleiche Kraft in dem Körper | ||||||
12 | zu setzen. Dieser Satz ist einer von den allerdeutlichsten der Mechanik, | ||||||
13 | und den nie ein Leibnizianer in Zweifel gezogen hat. Der Herr von | ||||||
14 | Musschenbroek selber bekennt sich zu demselben am Ende seines Beweises; | ||||||
15 | denn dieses sind seine Worte: Wie sich die Anzahl Kräfte, die | ||||||
16 | in einen Körper wirken, verhält, so verhält sich auch die in demselben | ||||||
17 | hervorgebrachte Kraft. Wenn aber ein Körper F, der sich schon | ||||||
18 | mit 1 Grade Geschwindigkeit bewegt, durch die Ausstreckung der zwei | ||||||
19 | Federn DB BC den 2ten Grad erhält: so wirkt von diesen zwei | ||||||
20 | Federn nur BC in ihn, DB aber bringt nichts von ihrer Spannungskraft | ||||||
21 | in ihn hinein. Denn die Feder DB streckt sich mit 1 Grade | ||||||
22 | Geschwindigkeit aus; der Körper F aber bewegt sich auch schon wirklich | ||||||
23 | mit 1 Grade; also flieht F den Druck dieser Feder, und dieselbe | ||||||
24 | wird ihn in ihrer Ausbreitung nicht erreichen können, um die Kraft | ||||||
25 | ihrer Ausspannung in ihn zu übertragen. Sie thut weiter nichts, als | ||||||
26 | daß sie den widerhalt B, an welchem sich die Feder BC steift, dem | ||||||
27 | Körper F mit eben der Geschwindigkeit, womit er sich bewegt, nachträgt, | ||||||
28 | damit derselbe in Ansehung dieses Körpers ruhe, und die Feder | ||||||
29 | BC ihre ganze Kraft, die wie 1 ist, in ihn hinein bringe. Sie ist | ||||||
30 | also keine wirkende, sondern nur eine Gelegenheitsursache der Kraft, | ||||||
31 | die auf diese Weise in F zu der ersteren hinzu kommt; die einzige | ||||||
32 | Feder BC aber ist die wirkende Ursache derselben. Ferner wenn | ||||||
33 | dieser Körper schon 2 Grade Geschwindigkeit besitzt, so ertheilt ihm | ||||||
34 | unter den drei gleichen Federn ED DB BC nur die einzige BC ihre | ||||||
35 | Kraft und auch den dritten Grad der Geschwindigkeit u. s. w. ins | ||||||
[ Seite 119 ] [ Seite 121 ] [ Inhaltsverzeichnis ] |