Kant: AA I, Gedanken von der wahren ... , Seite 072 |
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01 | also von den Gesetzen des Stoßes unelastischer Körper nicht ausnehmen | ||||||
02 | können, und ihre Theile würden dennoch nicht eingedrückt werden. Wie | ||||||
03 | würde hier die Ausnahme der Herren Leibnizianer bestehen? | ||||||
04 | § 64. |
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05 | Wir können den Leibnizianern noch ihre Voraussetzung | Dritte Antwort: | |||||
06 | schenken, daß die unelastische Körper immer eine Eindrückung | Das | |||||
07 | ihrer Theile erleiden, und es soll uns doch nichts | Eindrücken der | |||||
08 | schaden. Ein Körper thut in einen andern beweglichen, | Theile ist kein | |||||
09 | dessen Theile er durch den Stoß eindrückt, eben dieselbe | Grund, weswegen | |||||
10 | Wirkung, die er etwa ausüben würde, wenn sich zwischen | in dem | |||||
11 | beiden eine Feder befände, welche er durch den Anlauf | Stoße unelastischer | |||||
12 | zusammendrückte. Ich kann mich dieses Gedankens frei | Körper | |||||
13 | bedienen, weil er nicht allein plan und überzeugend ist, | ein Theil der | |||||
14 | sondern weil er auch von einem großen Schutzgotte der | Kraft sollte | |||||
15 | lebendigen Kräfte, dem Herrn Bernoulli, in eben demselben Falle | verloren gehen. | |||||
16 | gebraucht worden. | ||||||
17 | Wenn nun eine Kugel A*) gegen eine andere, B, bewegt wird | ||||||
18 | und die Feder R im Anlauf zudrückt: so, sage ich, treten alle die | ||||||
19 | kleinen Grade der Kraft, welche angewandt werden, die Feder zusammen | ||||||
20 | zu drücken, in die Masse des Körpers B über und häufen sich so lange, | ||||||
21 | bis sie in gedachten Körper B die ganze Kraft hinein gebracht haben, | ||||||
22 | womit die Feder ist zugedrückt worden. Denn der Körper A verliert | ||||||
23 | keinen einzigen Grad der Kraft, und die Feder wird auch nicht um | ||||||
24 | den geringsten Theil zugedrückt, als nur in so fern sie sich an den | ||||||
25 | Körper B steift. Sie steift sich aber mit eben derselben Gewalt gegen | ||||||
26 | diese Kugel, mit welcher sie nach dieser Seite aufspringen würde, | ||||||
27 | wenn die Kugel plötzlich wiche, das ist: mit der Kraft, womit A sie | ||||||
28 | von der andern Seite zugedrückt, und welche dieser Körper in ihrer | ||||||
29 | Zusammendrückung aufwendet und verzehrt. Nun ist es augenscheinlich, | ||||||
30 | daß eben derselbe Grad Kraft, mit dem die Feder sich gegen B | ||||||
31 | auszudehnen bemüht ist, und dem die Trägheitskraft der Kugel B | ||||||
32 | widersteht, in dieselbe Kugel hineinkommen müsse. Also empfängt B | ||||||
33 | die ganze Kraft sich nach der Richtung BE zu bewegen, welche in A | ||||||
34 | verzehrt ist, indem er die Feder R zusammendrückt. | ||||||
*) Fig. IX. | |||||||
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