Kant: AA I, Gedanken von der wahren ... , Seite 060 |
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01 | ist; nur mit der Einschränkung, daß man sie auf die | ||||||
02 | Art, wie man es bis daher angefangen hat, niemals entdecken werde; | ||||||
03 | daß sie sich vor dieser Gattung der Betrachtung (nämlich der mathematischen) | ||||||
04 | auf ewig verbergen werden, und daß nichts, wie irgend | ||||||
05 | eine metaphysische Untersuchung, oder etwa eine besondere Art von Erfahrungen | ||||||
06 | selbige uns bekannt machen können. Wir bestreiten hier | ||||||
07 | also nicht eigentlich die Sache selbst, sondern den modum cognoscendi . | ||||||
08 | Demnach sind wir mit den Leibnizianern in der Hauptsache einig, | ||||||
09 | wir könnten es also vielleicht auch in den Folgerungen derselben werden. | ||||||
10 | § 51. |
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11 | Es gründet sich aber der Einwurf des Herrn von | Die Qülle des | |||||
12 | Leibniz auf einer falschen Voraussetzung, die seit langer | Leibnizischen | |||||
13 | Zeit in die Weltweisheit schon viel Unbequemlichkeit hineingebracht | Schlusses von | |||||
14 | hat. Es ist nämlich zu einem Grundsatze in der | Erhaltung | |||||
15 | Naturlehre geworden, daß keine Bewegung in der Natur | eben derselben | |||||
16 | entstehe, als vermittelst einer Materie, die auch in wirklicher | Größe der | |||||
17 | Bewegung ist; und daß also die Bewegung, die in | Kraft. | |||||
18 | einem Theile der Welt verloren gegangen, durch nichts anders, als | ||||||
19 | entweder durch eine andere wirkliche Bewegung, oder die unmittelbare | ||||||
20 | Hand Gottes könne hergestellt werden. Dieser Satz hat denjenigen | ||||||
21 | jederzeit viel Ungelegenheit gemacht, die demselben Beifall gegeben | ||||||
22 | haben. Sie sind genöthigt worden ihre Einbildungskraft mit künstlich | ||||||
23 | ersonnenen Wirbeln müde zu machen, eine Hypothese auf die | ||||||
24 | andere zu bauen; und an statt daß sie uns endlich zu einem solchen | ||||||
25 | Plan des Weltgebäudes führen sollten, der einfach und begreiflich genug | ||||||
26 | ist, um die zusammengesetzte Erscheinungen der Natur daraus herzuleiten: | ||||||
27 | so verwirren sie uns mit unendlich viel seltsamen Bewegungen, | ||||||
28 | die viel wunderbarer und unbegreiflicher sind, als alles dasjenige ist, | ||||||
29 | zu dessen Erklärung selbige angewandt werden sollen. | ||||||
30 | Herr Hamberger hat, so viel ich weiß, zuerst Mittel | Wie man dieser | |||||
31 | dargeboten, diesem Übel abzuhelfen. Sein Gedanke ist | Schwierigkeit | |||||
32 | schön, denn er ist einfach und also auch der Natur gemäß. | abhelfen könne. | |||||
33 | Er zeigt (aber noch in einem sehr unvollkommenen Risse), wie ein | ||||||
34 | Körper eine wirkliche Bewegung durch eine Materie empfangen könne, | ||||||
35 | die doch selber nur in Ruhe ist. Dieses beugt unzähligen Abwegen, | ||||||
36 | ja öfters sogar Wunderwerken vor, die mit der entgegengesetzten Meinung | ||||||
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