§ 8. Wir betrachteten in § 3 den Fall, dass eine Gleichung wie
immer einen Namen des Wahren ergiebt, was für einen
Eigennamen wir auch für ‚x‘
einsetzen mögen, sofern dieser nur wirklich einen Gegenstand
bedeutet. Wir haben dann die Allgemeinheit einer Gleichheit,
während wir in ‚22=4‘ nur eine Gleichheit haben. Dieser
Unterschied macht sich dadurch bemerklich, dass wir in jenem
Falle einen nur unbestimmt andeutenden Buchstaben ‚x‘ haben, während in ‚22=4‘
jedes Zeichen eine bestimmte Bedeutung hat. Um einen Ausdruck für
die Allgemeinheit zu erhalten, könnte man auf den Gedanken
kommen, zu definiren: „Unter Φ(x)
werde das Wahre verstanden, wenn der Werth der Function
Φ(ξ) für jedes Argument das Wahre
ist; sonst bedeute es das Falsche.“ Vorausgesetzt würde hierbei
wie bei allen unsern Betrachtungen ähnlicher Art sein, dass
‚Φ(ξ)‘ immer eine Bedeutung
gewinne, wenn wir in ihm ‚ξ‘ durch
einen Namen ersetzen, der einen Gegenstand bedeutet. Sonst würde
ich Φ(ξ) nicht Function nennen. Danach bedeutete dann
‚x.(x−1)=x2−x Korrektur innerhalb des Formelteils: atomic [Rev.:
thiel]‘ das Wahre,
wenigstens wenn die Bezeichnungen der Multiplication, Subtraction
und Quadrirung auch für Gegenstände, die nicht Zahlen sind, so
definirt wären, dass die Gleichung allgemein gälte. Dagegen
bedeutete ‚x.(x−1)=x2‘ das Falsche, weil wir
als Bedeutung das Falsche erhalten, wenn wir für ‚x‘ ‚1‘
einsetzen, obwohl wir das Wahre erhalten, wenn wir ‚0‘ einsetzen. Aber bei dieser Festsetzung wäre
das Gebiet der Allgemeinheit nicht genügend begrenzt. Man wäre z.
B. im Zweifel, ob
als Verneinung einer Allgemeinheit oder als Allgemeinheit einer
Verneinung aufzufassen wäre; genauer: ob dies
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den Wahrheitswerth davon bedeuten solle, dass nicht für jedes
Argument der Werth der Function 2+3.ξ=5.ξ das
Wahre sei, oder ob es den Wahrheitswerth davon bedeuten solle,
dass für jedes Argument der Werth der Function das
Wahre sei. Im ersten Falle würde das
Wahre bedeuten, im andern das Falsche. Es muss aber sowohl die
Allgemeinheit der Verneinung, als auch die Verneinung der
Allgemeinheit ausdrückbar sein. Ich drücke nun jene so aus:
und die Verneinung der Allgemeinheit so:
und die Allgemeinheit selbst so:
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. |
Dies bedeutete das Wahre, wenn für jedes Argument der
Werth der Function 2+3.ξ=5.ξ das Wahre wäre. Da dies nicht der
Fall ist, so ist
das Falsche, und darum ist
das Wahre.
ist das Falsche, weil nicht für jedes Argument der Werth
der Function
das Wahre ist; denn für das Argument 1 ist er das Falsche. Mithin ist
das Wahre, und
besagt: es giebt mindestens
eine Lösung der Gleichung ‚2+3.x=5.x‘.
Ebenso:
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|
; |
in Worten: es giebt
mindestens eine Quadratwurzel aus 1. Man erkennt hieraus, wie das ‚es giebt‘ in
der Begriffsschrift wiedergegeben wird. Wenn wir nun
erklären:
- es bedeute
das Wahre, wenn der Werth der Function Φ(ξ) für jedes Argument das Wahre ist, und
sonst das Falsche;
so bedarf dies einer Ergänzung, indem genauer anzugeben ist,
welches in jedem Falle diese Function Φ(ξ) sei. Wir wollen sie die zugehörige Function nennen. Es können nämlich
Zweifel entstehen. Δ=Δ ist sowohl der Werth der Function
Δ=ξ,
als auch der Werth der Function ξ=ξ, beide Male
für das Argument Δ. So könnte man
von
ausgehend als zugehörige Function ξ=a, a=ξ oder
ξ=ξ
annehmen
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wollen. Aber bei unserm Gebrauche der deutschen Buchstaben hätten
wir in den ersten beiden Fällen gar keine Function, weil ‚ξ=a‘ und
‚a=ξ‘
immer bedeutungslos bleiben, was man auch für ‚ξ‘ einsetzen möge; denn der deutsche Buchstabe
‚a‘ darf ausser in
selbst nicht ohne vorgesetztes
vorkommen. Hier kann also nur ‚ξ=ξ‘ als
zugehörige Function in Betracht kommen. Nicht so einfach ist die
Sache bei einem Ausdrucke wie
Wenn man blindlings vorginge, könnte man in
die zugehörige Function zu haben meinen. Wir wollen nun
sagen, ‚a‘ stehe in über
der Höhlung. Die Stelle über der
Höhlung ist nie eine Argumentstelle; das über der zweiten Höhlung
stehende ‚a‘ wird also mindestens
zu bewahren sein. Da aber auf
immer eine Zeichenverbindung folgen muss, die ‚a‘ enthält, so muss ‚a‘ auch mindestens an einer der beiden Stellen
in ‚a=a‘ bewahrt bleiben. Man könnte demnach
auf folgende Functionen als zugehörige rathen
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, |
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, |
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; |
aber den ersten beiden Auffassungen widerspricht, dass
die Bedeutung des in
vorkommenden
schon feststeht und nicht wieder in Frage gestellt werden
darf. Wir nennen nun das auf eine
Höhlung mit einem deutschen
Buchstaben Folgende, das mit eben dieser Höhlung zusammen
den Namen des Wahrheitswerthes dafür bildet, dass der Werth der
zugehörigen Function für jedes Argument das Wahre sei, das
Gebiet des über der Höhlung
stehenden deutschen Buchstaben. Die zugehörige Function wird nun durch die Regel
bestimmt:
- Alle Stellen, an denen ein deutscher
Buchstabe in seinem Gebiet, jedoch weder in einem
eingeschlossenen Gebiete desselben Buchstaben noch über einer
Höhlung vorkommt, sind verwandte Argumentstellen, und zwar die
der zugehörigen Function.
Wenn man aber den
Wahrheitswerth davon bezeichnen will, dass die Function
für jedes Argument das Wahre als Werth habe, so wird man
einen andern deutschen Buchstaben wählen:
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. |
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Ich fasse dies in die
Regel:
- Wenn in dem Namen einer Function schon
deutsche Buchstaben vorkommen, in deren Gebieten
Argumentstellen dieser Function liegen, so wähle man einen von
diesen verschiedenen, um den zugehörigen Allgemeinheitsausdruck
zu bilden.
Nach unsern Bestimmungen ist
im Allgemeinen ein deutscher Buchstabe so gut wie ein anderer,
jedoch mit der Beschränkung, dass die Verschiedenheit dieser
Buchstaben wesentlich sein kann. Für einige deutsche Buchstaben
werden wir später eine etwas abweichende Verwendungsweise
festsetzen.
bedeutet dasselbe wie
und wie
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. |
Ich fasse darum die wagerechten Striche links und rechts
von der Höhlung in
als Wagerechte in unserm besondern
Sinne des Wortes auf, sodass wir mit Verschmelzung der Wagerechten von den Formen
und
sogleich übergehen zu .