Text 247, Hiob Ludolf: Schaubühne, Frankfurt/Main 1699

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Text 247

Hiob Ludolf: Allgemeine Schau-Buͤhne der Welt/ oder: Beschreibung der vornehmsten Welt-Geschichte (...)

Frankfurt/Main, 1699, Johann David Zunner d.J.
Hessisch, Frankfurt/Main.
Zeitraum: VII, 1699.
aufgenommen: Spalte 27, 16 - Spalte 66, 56.
Verfasser: Hiob Ludolf, *1624 in Erfurt, dort Studium bis 1646, Reisen, dann Lehrer des Erbprinzen in Gotha, 1678-†1704 in Frankfurt/Main.
Drucker: Johann David Zunner d.J., Verlagsbuchhändler in Frankfurt 1665-†1704
Textart: Chronikalischer und Berichtstext
Seite 2728 Sp. C
1 Das 4. Capitel.
2 Von Niederlaͤndischen Geschichten.
3 WJr wollen nunmehro
4 von den Niederlaͤndischen
5 Geschichten/ welche
6 mit den Teutschen offt
7 grosse gemeinschafft haben/
8 handeln. Wir haben
9 schon in dem Eingang dieser Beschreibung
10 gemeldet/ wie der Koͤnig in Spanien Philipp der 2.
11 seiner an Ertz-Hertzog Albrechten von Oesterreich
12 vermaͤhlten Tochter
13 Isabellen ( oder Elisabeth ) die Nieder-Lande
14 zum Heyraths-Gut mitgegeben.
15 Welche sie in gesambtem Namen miteinander
16 regierten/ und sich eyfferigst angelegen
17 seyn lassen/ den Krieg wider die
18 Staaten der vereinigten Niederlande
19 mit aller Macht fortzusetzen.
23 Die Stadt Ostende war in der Graffschafft
24 Flandern noch allein in Feindes
25 Handen; Die Staatische Besatzung darinne
26 verunruhigte die nahgelegene Laͤnder
27 und Staͤdte mit oͤfftern Außfaͤllen/ dahero
28 die Staͤnde dieser Provintz vor diesem
29 schon bey dem Hertzog von Parma,
30 damahligen Stadthalter der Niederlande /
31 und nun bey dem Ertz-Hertzog instaͤndigst
32 angehalten/ diesen Dorn ihnen aus
33 dem Fuß zu ziehen/ und den Ort wegzunehmen/
34 es moͤchte kosten was es wolte. Wie sie
35 denn drey mal hundert tausend Guͤlden
36 Niederlaͤndisch Geld monathlich darzu
37 verwilliget. Jst also die Belagerung in
38 diesem Jahr den 5. Julii angefangen worden/
39 welche mit beyderseits grossen Kosten
40 und Schaden uͤber drey Jahr gewehret/
41 gleich als ob am Gewinst oder Verlust
42 dieses Orts der Außschlag des gantzen
43 Kriegs hienge. Ja man schreibt von der
44 Ertz-Hertzogin/ Sie haͤtte ein Geluͤbd gethan/
45 kein ander Hembd anzuziehen/ Ostende
Seite 2728 Sp. D
1 waͤre dann erobert/ dahero sie/ weil
2 ungeachtet aller Gewalt/ die Stadt so bald
3 nicht zu gewinnen gewesen/ sich von ihrem
4 Geluͤbd zu Rom absolviren lassen
5 muͤssen.
6 Der Ort war an sich selbst von schlechter
7 Wichtigkeit/ denn die Stadt kaum
8 dreyssig Jahr gestanden/ da es zuvor nur
9 ein offener/ von Fischern bewohnter Ort
10 oder Dorff gewest. Jm Jahr 1572. ist
11 sie erst mit Pallisaden und Thoren versehen
12 worden. Nachdem sich nun unterschiedliche
13 Familien aus den benachbarten
14 Orten der Religion wegen dahin retirirt/
15 und an die vereinigte Staaten
16 gehalten/ so haben diese ums Jahr
17 1578. fuͤr gut befunden/ den Platz/ wegen
18 guten Hafens und bequemer Lage/ zu erweitern/
19 und mit Waͤllen und Graͤben zu
20 versehen. Dem Hertzog von Parma gefiel
21 dieses nicht/ derowegen so bald er Neú-port
22 eingenommen hatte/ lagerte er sich
23 vor diese Stadt/ des Vorsatzes/ dieselbe anzugreiffen/
24 und den Flandrischen Orthen
25 dadurch Ruhe zu schaffen. Nachdem er
26 aber die Lage des Orts wol betrachtet/
27 und derer darin wohnenden Fluͤchtlinge
28 Hartnaͤckigkeit bey sich erwogen/ zog er
29 nach fuͤnff Tagen wieder davor hinweg.
30 Nach der Zeit haben die Spanier zwar
31 ein paar mal Anschlaͤge auff den Orth gemacht/
32 aber damit nichts anders außgerichtet
33 als daß derselbe je laͤnger je mehr
34 bevestiget worden. Daß es sich aber mit
35 dieser letzten Belagerung so lange verzogen/
36 dessen Haupt-Ursache ist gewesen/ die
37 Lage des Platzes/ an der offenbahren See/
38 daß man staͤts frisch Volck/ und alle andere
39 Nothdurfft zu Wasser hinein bringen
40 koͤnnen. Weßhalben man sich billich
41 verwundern muͤssen/ wie die Spanier einen
42 solchen Orth angreiffen moͤgen/ den sie
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1 zu Wasser wegen mangelnder Flotte/
2 zu sperren nicht vermochten. Gleichwol
3 thaͤten sie unter Commando Graff
4 Friedrichs von Berg als Feld-Marschalcks/
5 mit Auffwerffung der Lauffgraͤben
6 und Schießhuͤgel ( Batterien ) ihr
7 bestes. Viel tausend Schuͤsse geschahen
8 in und auß der Stadt mit solchem
9 Tonnern/ daß man es druͤben in Engelland
10 gehoͤret. Viel starcke Außfaͤlle thaͤten
11 die Belagerten. Darzu kam die See/
12 welche mit ihrer Uberschwemmung die
13 feindliche Wercke offtmals vernichtete/
14 und die Soldaten/ so biß an die Knie im
15 Wasser waten musten/ sehr verdrossen
16 machte.
17 Graff Moritz von Nassau / dessen noch
18 lebender aͤltister Bruder den Titul eines
19 Printzen von Oranien dazumal allein
20 fuͤhrte/ hatte vor der Stadt Rheinberg / in
21 welcher Ferdinand d' Avila commandirte,
22 besser Gluͤck/ die er mit Accord eroberte/
23 so wol als die unweit davon gelegene
24 Stadt Meurs, welche ihm die verstorbene
25 Graͤfin Æmilia Walpurg geschencket.
26 Der Commendant des Orts/ sich gegen
27 der bevorstehenden Gewalt zu schwach befindend/
28 hat die Stadt sambt dem Schloß
29 uͤbergeben/ den Haubtstreit aber/ ob es
30 Lehen oder eigenthuͤmlich Erbe/ an die
31 Kaͤyserl. Cammer nach Speyer verwiesen/
32 allwo doch kein Process deßwegen erhoben
33 worden. Als nun gedachter Graf
34 hoͤrete/ daß sich die Spanier vor Ostende
35 gemacht/ schickte er einen starcken Succurs
36 dahin/ welcher auch gluͤcklich hinein kam.
37 Er selbst gieng unterdessen zu Anfang des
38 Novembers vor Hertzogenbusch / der
39 Meynung/ die Spanier durch solche Gelegenheit
40 von Ostende abzuziehen. Es
41 lieff aber gar schlecht damit ab. Es partirte
42 sich durch Nachlaͤssigkeit der Wachten
43 viel Volcks hinein: Frost und Eiß
44 kam darzu/ der Ertz-Hertzog selbst kam
45 mit einem starcken Entsatz angezogen/
46 daß die Belagerung mit grossem Frolocken
47 der Spanier auffgehaben werden
48 muste. Die hatten ihre Sachen so kluͤglich
49 angestellet/ daß doch die Belagerung
50 vor Ostende fortgesetzt werden konte/ wie
51 in folgenden Jahren zu vernehmen seyn
52 wird.
53 Wir koͤnnen nicht umhin/ eine tapffere
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1 Schiff-Fahrt von einem Hollaͤndischen
2 See-Helden zu erzehlen/ das war Olivier Nord /
3 welcher den gantzen Erdkreiß umschiffet/
4 und dieses Jahr zu Rotterdam
5 gluͤcklich wieder eingelauffen. Er war
6 mit 4. wolversehenen Schiffen im Jahr
7 1597. aus Holland ausgefahren/ hatte sich
8 erst nach Brasilien / und von dar nach
9 der Magellanischen langen und engen
10 Strasse gewendet/ die er mit grosser Muͤhe
11 endlich durchfahren/ und also in das grosse
12 Welt-Meer Del-Zur, oder Pacificum das
13 friedliche genandt/ gerathen: Da er die
14 Kuͤste von Chili und Peru besucht/ die
15 Spanischen Schiffe/ wo er dieselbe angetroffen/
16 weggenommen/ und endlich sich
17 nach den Spanischen Jnsuln den Manilien
18 in Ost-Jndien gezogen/ mit denen er
19 in ein See-Gefecht gerathen. Nach dessen
20 Endigung er sich den gewoͤhnlichen
21 Weg umb Africa herum nach dem Vaterland
22 gewendet/ und nach einer Schiffahrt
23 von 3. Jahren und 2. Monathen gedachter
24 Massen zu Hauß gluͤcklich wieder
25 ankommen; an statt Reichthums nichts
26 anders als den Ruhm der umgefahrnen
27 Welt-Kugel davon tragend. Der Spanier
28 Magellanes hatte schon im Jahr 1520.
29 diese Umschiffung gewaget/ von welchem
30 auch die Enge des Meers in dem Mittaͤglichen
31 Theil von America jenseit der Æquinoctial-Linie
32 ihren Namen bekommen.
33
34 Seinem Weg sind gefolget/ die beruͤhmte
35 Englische See-Helden Franciscus
36 Drake und Cavendish, welche wahr befunden/
37 was schon von Homeri Zeiten
38 her die Welt-Beschreiber angemercket/
39 daß der Erdtkreiß/ nach Arth einer Jnsul/
40 von dem grossen Welt-Meer ( Oceano )
41 umbgeben/ und also umschiffet werden
42 koͤnte. Dessen sich doch die Alten wegen
43 Mangel der Magnet-Nadel nicht unterstehen/
44 noch sich in die offenbahre See wagen
45 doͤrffen; Sondern sie haben nur an
46 dem Lande hingeseegelt/ und sich bloß nach
47 den Sternen richten muͤssen/ wie der alte
48 beruͤhmte Schiffmann Eudoxus gethan/
49 von welchem Pomponius Mela schreibet/
50 daß er Africam umseegelt. Denn er aus
51 dem rothen Meer ausgefahren/ und durch
52 das Mittellaͤndische in Ægypten wieder
53 zuruͤck kommen.
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1 Das 5. Capitel.
2 Von Frantzoͤsischen Geschichten.
3 FRanckreich genoß inzwischen
4 des An̅o. 1598.
5 getroffenen Vervinischen
6 Friedens in vollen Freude̅.
7 Koͤn. Heinrich der 4.
8 hatte alle widrige Parteyen
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1 seines Koͤnigreichs uͤberwunden oder
2 beguͤtiget und verglichen. Die Reformirten
3 ( welche sie Hugenotten nennen ) durch
4 das bekante Nantische Edicts gestillet/ also
5 daß beyder Religionen zugethane/ ruhig
6 neben einander wohnen und leben koͤnnen.
Seite 3132 Sp. A
1 Es war kein Streit mehr uͤbrig
2 als mit Hertzog Carl Emanueln von Savoyen /
3 wegen der Herrschafft Salusse,
4 welche derselbe/ Zeit wehrender innerlichen
5 Kriege in Franckreich ohne andere
6 Ursache eingenommen/ als weil sie
7 mitten in seinem Lande gelegen/ und ihm
8 wohl anstunde. Ob sich nun schon der
9 Hertzog sehr bemuͤhet/ besagte Herrschafft
10 durch guͤtliche Vorschlaͤge zu erhalten/
11 auch deßwegen selbst eine Reise nach Paris
12 gethan/ und sichs mit vortrefflichen
13 Gaben und Schenckungen ein groß Geld
14 kosten lassen/ in Hoffnung/ den Koͤnig und
15 seine Leute zu gewinnen/ wolte doch selbiger
16 solch Stuͤck Landes keines weges zuruͤck lassen/
17 dahero es zum Krieg kommen
18 muste/ welchem der Hertzog doch nicht gewachsen
19 war/ denn der Koͤnig ihm eine
20 Vestung nach der andern in Savoyen ohne
21 sonderbahren Widerstand weg nahm.
22 Derowegen er endlich nachgeben/ und der
23 Cron Franckreich die Lande und Herrschafften
24 Bresse, Bugey, und Veromey,
25 sambt allem was laͤngst dem Rodan biß
26 an den Genfer See Savoyschen Gebieths
27 gewesen/ mit dem Ambt und Baronie von
28 Gex, abtretten muste. Womit dann der
29 Koͤnig seine Graͤntzen mehr als zwantzig
30 Frantzoͤsischer Meilen/ an guten fruchtbaren
31 Land erweitert/ und 800. Edelleute
32 zu Vasallen bekommen. Hingegen behielt
33 der Hertzog Salusse, und wurde der
34 Beschwerung einer allzu nahe gelegenen
35 Frantzoͤsischen Besatzung loß/ in dem er
36 zuvor fast nicht auß seiner Residentz gehen
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1 dorfte/ er wuͤrde dann mit einer Guarde
2 von drey biß 400. Mann begleitet. Der
3 Friede wurde zu Anfang dieses Jahrs geschlossen/
4 und den 17. Januarii zu Lion publiciret.
5 Der Koͤnig/ welcher seine Heyrath/
6 mit der Groß-Hertzoglichen Princessin
7 Marien de Medicis zu Ende des
8 vergangenen Jahrs vollzogen/ begab sich
9 mit derselben nach Paris.
10 Wie nun jederman des Friedens sich
11 erfreuete/ und verhoffte denselben lange
12 Zeit zu geniessen/ da entstund ein unvermutheter
13 Zufall in Spanien / welcher die
14 Frantzosen in die Sorge einer neuen Unruhe
15 setzete.
16 Etliche des Frantzoͤsischen Gesandtens
17 Antoine de Silly, Comte de Rochepot
18 Edelleute/ unter welchen sein Vetter war/
19 badeten sich in dem Fluß/ und geriethen
20 durch spoͤttliche Reden und unziemende
21 Geberden mit den zusehenden Spaniern /
22 welche diese nackende muthwillige junge
23 Pursche/ Vellacos ( das ist: Schelme )
24 Borachos und Lutheranos hiessen/ in
25 Streit/ und folgends in Schlaͤgerey/ stachen
26 ihrer zween totd/ und entsprungen in
27 ihres Gesandtens Logiment. Die Freunde
28 der Ertoͤdeten erregten den Poͤbel/ welcher
29 die Thaͤter heraus haben/ oder das Hauß
30 in Brand stecken/ und alles ermorden
31 wolte. Die Obrigkeit des Orts/ solchem
32 grossen Unheil vorzukommen/ und das
33 wuͤtende Volck zu stille̅/ faͤlt mit Gewalt in
34 des Gesandten Pallast/ und langet etliche
35 von den Thaͤtern/ unter anderen auch des
36 Ambassadeurs Vetter/ heraus. Der
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1 erzuͤrnete Poͤbel aber laͤsset sich damit
2 nicht begnuͤgen/ sondern pluͤndert den
3 Pallast mit Hinwegnehmung des Silber-Geschirrs
4 und anderer Mobilien, so
5 zwar hernach gute̅ Theils wieder gegeben
6 worden. Hiedurch achtete sich der Koͤnig
7 in Franckreich in der Person seines Ambassadeurs
8 hoͤchlich beleidiget/ und das Gesandten Recht
9 in Verletzung seiner Quartier-Freyheit
10 gebrochen/ befahl derowegen
11 seinem Ambassadeur von Madrit wegzugehen/
12 verbote zugleich alle Handlung mit
13 Spanien / also daß es leicht zu grosser Weiterung
14 kom̅en koͤnnen/ wann sich nicht der
15 Pabst ins Mittel gelegt/ und die Gefangene/
16 so ihm der Koͤnig in Spanien ausgelieffert/
17 dem Frantzoͤsischen Ambassadeur
18 zu Rom wieder außgeantwortet/ und dadurch
19 den Handel gestillet haͤtte.
20 Bald darauff wurde der Koͤnig un̅ das
21 gantze Reich durch die Geburt eines Dauphins
22 hoͤchlich erfreuet/ welcher den 27.
23 September geboren/ und nachgehends
24 Ludwig der 13. genennet worden.
25 Fuͤnff Tage vorher war die Infantin Anna
26 in Spanien auff die Welt gebracht/
27 welche man ihm nachgehends vermaͤhlet/
28 wie wir zu seiner Zeit sagen werden.
29 Wir achten nicht undienlich/ dem Leser
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1 die grosse Vorsichtigkeit zu hinterbringen/
2 welche bey der Geburt eines Dauphins in
3 Franckreich / allen Verdacht eines Wechsel-Kindes
4 zu vermeiden/ gebraucht wird
5 Da darff sich die Koͤnigin nicht schaͤmen/
6 Beyseins der Fuͤrsten vom Koͤnigl. Gebluͤt
7 nieder zu kommen. Womit es also gehalten
8 wird: Jn dem Saal/ der zu der
9 Geburt bestimt/ werden zwey Gezelte
10 auffgerichtet. Jn dem grossen/ so fast
11 zwantzig Elen im Umkreiß haͤlt/ und
12 mit Fuͤrhaͤngen an den vier Enden versehen
13 ist/ setzet sich der Koͤnig neben den Fuͤrsten
14 seines Gebluͤts sampt etlichen Fuͤrstin̅en.
15 Jn der Mitten desselben ist ein ander
16 kleiner Gezelt/ in welches die Koͤnigin mit
17 der Hebam̅e sich begibt; Vorher aber/ und
18 ehe die Koͤnigin hinein gehet/ werden die
19 Vorhaͤnge und Fluͤgel der Gezelte auffgethan/
20 daß jederman sehen koͤnne/ daß kein
21 ander Weib noch Kind darunter sey. Nach
22 der Geburt wird das neugebohrne Kind/
23 wie es aus Mutterleib kommen/ gedachten
24 Fuͤrstlichen und andern hohen Personen
25 gezeigt/ und damit aller Argwohn einer
26 Verwechselung oder Supposition benommen.
27 Welches/ wenn es in einem andern
28 Erb-Koͤnigreich also gehalten worden/
29 vielem Streit und Krieg zu unserer Zeit
30 haͤtte vorbauen koͤnnen.
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1 Das 6. Capitel.
2 Von Spanischen Geschichten.
3 JN Spanien regierte dazumal
4 Koͤnig Philipp der 3.
5 der seinem Herrn Vater an
6 Verstand und Gaben des Gemuͤths
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1 nicht gleichte. Sein Favorit oder
2 Guͤnstling war Don Francisco Gomes de Sandoval
3 Marquis von Denia, an welchen
4 er alle Reichs-Geschaͤffte bringen/
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1 und von demselben ausmachen ließ. Er
2 erhub ihn auch weiter/ und machte ihn
3 zum Hertzog von Lerma, welches dieser
4 Person grossen Haß und Neid: Dem
5 Koͤnige aber eine ziemliche Verachtung
6 brachte/ wie aus denen dazumal herumfliegenden
7 Satyrischen Schrifften erschiene.
8 Unter andern fand sich einmal auff
9 seinem Tisch ein verschlossener Brief mit
10 dem gewoͤhnlichen Koͤniglichen Titul und
11 dem spoͤttlichen Zusatz: Anjetzo in des
12 Hertzogs von Lerma Diensten. Allen
13 Regenten zur Warnung/ daß sie
14 sich ihrer Regiments-Geschaͤffte
15 selbst annehmen/ und nie einem
16 oder dem andern Ministro allein alle
17 Dinge vertrauen sollen.
18 Dieser Hertzog von Lerma merckte
19 wol/ wenn es wieder zum Krieg kommen
20 solte/ daß ihm viel andere Kriegs-Verstaͤndige
21 in den Regiments-Geschaͤfften und
22 des Koͤnigs Gnade vorgezogen werden
23 wuͤrden: So sahe er auch wol/ daß das
24 Koͤnigreich Spanien durch die grausamen
25 Kriege und viele Schiffahrten in
26 weit entlegene Lande/ an Volck und Geld
27 ( denen zum Krieg unentberlichen Stuͤcken )
28 entbloͤsset worden/ richtete derowegen
29 alle seine Rathschlaͤge auff Erhaltung des
30 Friedens.
31 Der Graf Fuentes, obgemeldter Stadthalter
32 zu Mayland haͤtte gern wieder Krieg
33 gehabt/ deßwegen er ( wie geschrieben
34 wird ) viertzig tausend Mann zusammen gebracht/
35 in Meynung/ den Frieden zwischen
36 Franckreich und dem Hertzog von
37 Savoyen ( dessen oben gedacht ) zu hindern/
38 und den Krieg uͤber das Gebuͤrge
39 wieder in Franckreich zu spielen. Er hatte
40 auch einen vergeblichen Anschlag auff
41 Marsilien, vermeynend einige Neuerungen
42 mit dem grossen Volck vorzunehmen/
43 dem aber der Hertzog von Lerma also zu
44 begegnen wuste/ daß er ihn als einen hochvertrauten
45 Kriegs-- und Staats-Mann
46 beguͤtigte: und doch die Voͤlcker nach und
47 nach aus den Haͤnden spielte/ biß endlich
48 auff Koͤnigl. Befehl alles abgedancket
49 werden muste.
50 Damit man aber nicht gar still saͤsse/ so
51 wurde ein Anschlag wider Algier beschlossen.
52 Dieser Ort an dem Africanischen
53 Gestade gelegen/ ist durch die Seeraͤuberey
54 auß einer schlechten und geringen/ zu
55 einer maͤchtigen Stadt worden. Sie hat
56 ihren Namen von dem abgebrochenen
57 Arabischen Wort Algezira ( das
58 ist Jnsul ) weil die hart an der Stadt gelegene
59 Jnsul von den Arabern am ersten
60 bewohnt worden. Sie lieget an dem
61 Ort/ wo vor diesem Cæsarea Julia gelegen/
62 so die Vandali zerstoͤret. Nach langer
63 Zeit ist sie wieder auffgebauet/ und anfaͤnglich
Seite 3536 Sp. B
1 den Arabischen Koͤnigen zu Tremelen:
2 Hernach denen von Bugia unterthaͤnig
3 worden. Endlich im Jahr 1515.
4 ist sie in des Tuͤrckischen Kaͤysers Selims
5 Gewalt kommen/ dessen Admiral die von
6 den Arragoniern bevestigte Jnsul ( wovon
7 der Ort/ wie gedacht/ seinen Namen hat
8 eingenommen/ welche nachgehends an die
9 Stadt mit angehaͤnget worden.
10 Nachdem nun die Algierer die Spanische
11 Haͤfen und Schifffahrten sehr unsicher
12 gemacht/ hat Kaͤyser Carl der 5. einen
13 Versuch auf die Stadt gethan/ ist aber
14 durch ein grausames Ungewitter/ so die
15 Flotte mehrentheils zerscheitert/ davon
16 abgehalten worden. Nach der Zeit haben
17 diese Leute den Spaniern sehr grossen
18 Schaden zugefuͤget/ gleichwol hat man
19 ihnen nie beykommen koͤnnen/ biß endlich
20 in diesem Jahr Koͤnig Philipp der 3. auff
21 die taͤglich einkommende Klagen entschlossen/
22 dieselbe anzugreiffen.
23 Den Anschlag darzu hat ein Frantzos
24 gegeben/ welcher das Werck gar leicht gemacht/
25 vorwendend: Jm Monat Junio
26 waͤren die meisten Janitscharen
27 auff Execution der Contributionen auff
28 dem Lande auß/ und kaum zwey
29 tausend in der Stadt zur Besatzung
30 uͤbrig/ welche schlechte Wacht
31 hielten/ die Buͤrger waͤren mit ihrer
32 Erndte beschaͤfftiget/ oder auff
33 dem Meer in der Seerauberey begriffen/
34 also daß die Stadt von
35 Volck entbloͤsset/ leicht zu gewinnen
36 waͤre. Der alte Spanische Admiral
37 Doria liesse sich den Anschlag nicht uͤbel
38 gefallen/ trauete doch dem Frantzosen
39 nicht recht/ schickte ihn derowegen nach
40 Hoff in Spanien / allwo er seine Sachen
41 so scheinbar anzubringen gewust/ daß der
42 Koͤnig seinem Admiral befohlen/ die Flotte
43 in aller Stille außzuruͤsten/ zumal die Leute/
44 so man auff Kundschafft in Afriken
45 geschickt/ eben das/ was der Frantzoß / außsagten.
46
47 Der Pabst/ der Groß-Hertzog von Florentz /
48 und die Rebublic Genua schickten
49 ihre Galeren den Spanischen zu Huͤlffe.
50 Es gieng aber allenthalben so langsam zu/
51 daß sie erst zu End des Augusti vor die
52 Stadt kamen. Wie nun die Anlendung
53 des Morgens fruͤhe geschehen solte/ konte
54 man die Sicilianische Haupt Galere nirgends
55 zu sehen kriegen/ und die kleinen
56 Fahrschiffe/ so das Volck ans Land setzen
57 solten/ waren durch den Strom allzuweit
58 Algier vorbey gegen Morgen zugetrieben/
59 daß sie erst auff den Abend vor der Stadt
60 zuruͤck gelangt/ dahero selbiger Tag vergeblich
61 hingangen. Die Nacht darauff
62 entstund ein solcher Sturm auß Osten/
63 daß man wieder nichts anfangen koͤnnen.
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1 Derowegen man im Kriegs-Rath vor
2 gut befunden/ wieder abzuseegeln/ weil die
3 rechte Zeit verflossen. Die Janitscharen
4 und Buͤrger vom Lande wieder in die
5 Stadt kommen: Die Flotte auch mit
6 Proviant nicht uͤberfluͤssig versehen gewesen/
7 dahero rathsamer/ das Vorhaben
8 auff eine andere Zeit zu verschieben/ als
9 die gantze Armee in die aͤusserste Gefahr
10 zu setzen. Dem Hertzog Doria hat man
Seite 3738 Sp. B
1 die gantze Schuld des uͤbeln Außgangs
2 beymessen wollen/ welcher/ weil er ohne
3 dem sehr alt/ sich dem Neid seiner Widerwaͤrtigen
4 zu entziehen/ endlich abgedanckt.
5
6 Eine andere seltzame Begebnuͤß haͤtte
7 der Cron Spanien leichtlich grosse Ungelegenheit/
8 und einen Auffstand in Portugal
9 verursachen koͤnnen/ wenn die Spanier
10 nicht zeitig vorgebauet.
Seite 3738 Sp. C
1 Das 7. Capitel.
2 Von Portugesischen Geschichten.
3 ES hatte Koͤnig Sebastian
4 in Portugal auß einer
5 jugendlichen Tumkuͤhnheit
6 einen gantz unbedachtsamen
7 Krieg wider
8 den Koͤnig zu Fez
9 und Marocco in Africa
10 angefangen. Dieser Koͤnig hatte seines
11 Bruders Sohn Scherif Muley Mahomed
12 auß dem Reich vertrieben/ welche̅ Sebastian
13 auff seine flehentliche Bitte wieder
14 in sein Reich einsetzen wolte. Seine
15 geheimbden Raͤthe und andere verstaͤndige
16 Leute/ ja Koͤnig Philippus der 2. in
17 Spanien selbst/ widerriethen es ihm treulich/
18 mit der ernstlichen Verwarnung/ sich
19 nicht in Person dahin zu begeben. Er
20 achtet es aber nicht/ sondern gehet hin/ waget
21 auch so bald eine Schlacht/ in welcher
22 er auffs Haupt geschlagen/ von den Feinden
23 umringet/ gefangen/ und endlich niedergesebelt
24 wird. Womit es also zugangen.
25 Wie sein Volck in die Flucht geschlagen
26 wird/ erkennen ihn die Feinde/ und
27 umbgeben ihn. Wie er sich tapffer wehret/
28 und mit dem Sebel umb sich hauet/
29 thun sie ihm nichts/ biß er gantz matt und
30 muͤde/ die Haͤnde sincken laͤst/ da greifft ein
31 jeder zu/ und wil diesen grossen Gefangenen
32 fuͤr sich behalten/ daruͤber werden die
33 gemeine Soldaten miteinander uneins/
34 und kommen vom zancken zum schlagen/
35 in welchem etliche todt bleiben. Ein
36 Hauptmann solches sehend/ und die Ursachen
37 vernehmend/ laufft hinzu/ und gibt/
38 dem Zanck ein Ende zu machen/ dem Koͤnige
39 einen Hieb in den Kopff/ daß er zur
40 Erden darnieder faͤlt/ und also liegend
41 vollends erstochen wird. Ein gefangener
42 Portugese Nonius Mascaregna genannt/
43 der solches alles mit Augen gesehen/ hat es
44 nachgehends referirt.
50 Ehe aber dieses kund worden/ glaubte
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1 man insgemein/ der Koͤnig waͤre noch
2 am Leben/ entweder verborgen oder doch
3 gefangen: Die Grossen des Reichs hielten
4 den Todt anfangs selbst geheim/ biß sie
5 den Nachfahrer ruhig auff den Thron gesetzt
6 hatten.
7 Jndem nun ihrer viel in den Gedancken
8 geblieben/ als waͤre Koͤnig Sebastian
9 noch am Leben/ so hat endlich ein verschmitzter
10 Kerl/ so demselben an Jahren
11 und Gestalt ziemlich gleich die Kuͤnheit
12 genommen/ sich fuͤr den Koͤnig außzugeben/
13 er wuste allerhand seltzame Reysen/
14 zu erzehlen/ so er die zwantzig Jahr uͤber
15 nach gehaltener Schlacht in der Welt
16 herumb gethan haͤtte: Denn er sich
17 nach verlohrner Schlacht geschaͤmet
18 unter das Volck zu kommen/
19 waͤre derowegen mit einer Jagd
20 auff Algarbien geschiffet/ daselbst er
21 sich an seinen Wunden curiren lassen
22 von dannen er mit dem Hertzog
23 von Avero zu Schiff gangen/ die
24 Welt/ und insonderheit das Habessinische
25 Koͤnigreich zu besuchen/
26 und was dergleichen Fabeln mehr gewest/
27 auß welchen ein jeder Verstaͤndiger
28 den Betrug leicht mercken koͤnnen/ denn
29 wann gleich die albere Ursache des unzeitigen
30 Schaͤmens wahr gewest/ wie haͤtte
31 er doch in seinem eigenen Lande ankommen/
32 sich heilen lassen/ und dann wieder
33 abfahren koͤnnen/ daß es niemand gewahr
34 worden? Wie haͤtte es der Hertzog von
35 Avero sein Gefaͤhrte uͤber sich nehmen und
36 verschweigen koͤnnen? Und warumb haͤtte
37 er seine Wiederkunfft so lange verzogen?
38 Und warumb waͤre er nicht gleich zu in
39 sein Koͤnigreich gereist. Gleichwol hat
40 der Betruͤger/ durch seine Leibes Gestalt/
41 insonderheit die Narbe uͤber seinem rechten
42 Aug/ und die sehr grosse Wartze neben
43 der kleinen Zehen ( welche Wahrzeichen
44 Koͤnig Sebastian an sich gehabt ) und etliche
45 andere Umbstaͤnde/ die er gar
46 scheinbarlich zu erzehlen gewust/ unterschiedliche
47 Portugesen auff seine Seite gebracht/
Seite 3940 Sp. A
1 die ihn entweder aus Einfalt fuͤr ihren
2 rechten Herrn gehalten/ oder aus Haß
3 gegen die Spanier gehoffet/ dieselbe durch
4 diß Mittel wieder aus dem Lande zu treiben.
5 Dergleichen Leute geselten sich zu
6 ihm/ und wie der Boͤsewicht auff Anhalten
7 des Spanischen Gesandtens zu Venedig
8 ins Gefaͤngniß geworffen worden/
9 muste ihn der Senat auff ungestuͤmmes Anhalten
10 gedachter Portugesen wieder erlassen/
11 jedoch anderer Gestalt nicht/ als
12 daß er innerhalb acht Tagen sich aus ihrem
13 gantzen Gebieth machen solte. Als
14 dieses in Spanien und Portugal erschollen/
15 hat es eine grosse Furcht verursacht/ es
16 moͤchte durch diesen Menschen neue Unruhe
17 und Veraͤnderung der Spanischen
18 Regierung in Portugal entstehen/ welche
19 sich aber gar geschwinde verlohren/ als ihn
20 der Groß-Hertzog von Florentz bey seiner
21 Durch-Reise handfest machen/ und den
22 Spaniern auff instaͤndiges Begehren
23 abfolgen lassen/ welche ihn nach Neapoli
24 gebracht/ allwo er auff einem Esel zur
25 Schau in der Stadt herum gefuͤhrt/ und
26 endlich nach abgeschornem Bart und
27 Haar/ auff die Haupt-Gallere ans Ruder
28 geschmiedet/ und in Spanien geschickt
29 worden/ alwo er eines natuͤrlichen/ oder
30 wie andere wollen/ gewaltsamen Todes
31 am Galgen ( andere sagen im Gefaͤngniß )
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1 gestorben. Viel andere seltzame Particularitaͤten
2 werden von diesem Menschen erzehlet/
3 welche allhier zu weitlaͤufftig einzufuͤhren.
4
5 Dieses ist nicht der erste/ der sich durch
6 dergleichen Betrug hoch empor zu schwingen
7 getrachtet. Tacitus erzehlet ein merckwuͤrdig
8 Exempel, wie einer sich fuͤr den Agrippam Posthumum /
9 deß Augusti Enckel
10 ausgegeben/ und daruͤber seinen verdienten
11 Lohn emphangen; Dergleichen
12 haben sich fast in allen Koͤnigreichen zugetragen.
13 In Franckreich hat sich einer
14 Ægidius Ramé fuͤr Koͤnig Carls des 9.
15 rechtmaͤssigen Sohn ausgegeben/ der im
16 Jahr 1596. deswegen gerichtet/ und sein
17 Coͤrper verbrandt worden. Welches auch
18 dem zu Paris wiederfahren/ welcher sich
19 Bartholomæus Borghese genandt/ und fuͤr
20 des Pabsts Pauli 5. Sohn gehalten seyn
21 wollen. Wir werden selbst in kurtzem von
22 den falschen Demetriis in Moßkau / die
23 ein grosses Blutbad daselbst angerichtet/
24 nicht weniger von einem falschen Jacobo
25 in Habessinien zu reden und zu handeln
26 haben. Dahero sehr wohl gethan ist/
27 grosser Potentaten und Fuͤrsten Leichen/
28 zumal derer so in der Frembde
29 gestorben/ oder umkommen/ maͤnniglich
30 sehen zu lassen/ ehe sie zu
31 Grabe getragen werden.
Seite 3940 Sp. C
1 Das 8. Capitel.
2 Von Englischen Geschichten.
3 AUff die Engellaͤndische
4 Geschichte zu kommen/
5 so uͤbergehen wir die
6 Strittigkeiten/ welche
7 die in Engelland noch uͤbrig gebliebene
8 wenige
9 Catholische wegen des Kirchen-Regiments
10 unter sich selbst erreget. Die Jesuiten
11 hatten sich dessen zwar angemasset/
12 es wolten aber die meisten ihnen
13 nicht/ sondern ihren Priestern Gehorsam
14 leisten/ woruͤber vier Jahr verflossen
15 ehe sie der Pabst vergleichen
16 koͤnnen.
17 Sehr merckwuͤrdig aber ist der traurige
18 Außgang/ so sich begeben mit Robert de Vieux
19 Grafen von Essek. Dieser war nebst
20 seiner hohen Geburt/ ein Herr von vortreflichen
21 Gaben und Qualitaͤten/ der durch
22 seine Freygebigkeit/ und annehmliche Manieren
23 der Leute Gemuͤther zu gewinnen
24 wuste/ war daneben ein tapfferer Soldat/
25 der viel ruͤhmliche Thaten gluͤcklich verrichtet/
26 also/ daß er insgemein der Englische
27 Achilles genannt worden. Dahero er bey
28 der Koͤnigin Elisabeth in sehr grossen Gnaden/
29 und in Regiments-Geschaͤfften der
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1 vornehmste vertrauteste geheime Rath
2 war. Bey so hohen Gluͤck mangelte es
3 ihm an Neidern und Widersachern nicht/
4 welche ihn bey der Koͤnigin/ die nunmehro
5 alt und zum Argwohn geneigt war/
6 verdaͤchtig machten/ als ob er aus Ehrgeitz
7 und Vermessenheit/ auff des
8 Volcks Gunst sich verlassend/ irgend
9 etwas grosses gegen Jhre
10 Majestaͤt und dero Regierung unternehmen
11 doͤrffte/ bringen es derowegen
12 dahin/ daß er von Hof weg/ und nach
13 Jrrland geschicket wird/ die Rebellen daselbst/
14 deren Haupt Graf Tiron war/ zu
15 daͤmpffen. Wiewol er nun seiner Widersacher
16 Absehen wol gemercket/ konte er
17 doch das auffgetragene Commando nicht
18 fuͤglich abschlagen/ bedingte nur darbey/
19 daß so offt es das gemeine Beste erforderte/
20 er auch ohne der Koͤnigin
21 Befehl in Engelland wieder zuruͤck kommen
22 moͤchte/ welches ihm unter der
23 Koͤnigin Hand und grossen Siegel versprochen
24 worden. Er kompt aber kaum
25 mit der Armee in Jrrland / da kriegt er einen
26 andern Koͤnigl. Befehl/ unter dem
27 kleinen Siegel: Er solte ohne der Koͤnigin
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1 expresse Ordre aus der Jnsul
2 nicht weichen noch wancken. Welches
3 dem Mann so tieff zu Hertzen gangen/
4 daß er nach etlichen geringen Scharmuͤtzeln/
5 und darauff mit den Rebellen
6 gepflogenen Tractaten/ sich ohne Erlaubnuͤß
7 nach Londen begeben/ in Meynung/
8 der Koͤnigin/ voriger Gewonheit nach/
9 auffzuwarten/ welche ihn aber nicht hoͤren
10 wollen/ sondern an den Groß-Siegel-Bewahrer
11 verwiesen/ der ihn uͤber etliche
12 Puncte vernehmen muͤssen/ unter andern:
13 Warumb er im Norder-Quartier, da
14 die wenigsten Rebellen/ gelandet/
15 und dagegen in Suͤden den Grafen
16 von Tiron mit seinem Anhang
17 schalten und walten lassen: Warum
18 er ohne der Koͤnigin Erlaubnuͤß
19 von der Armee aus Jrrland weggangen/
20 und endlich mit den Rebellen
21 sich in Tractaten eingelassen? Wie
22 er sich nun nicht gnugsam verantwortet/
23 ist ihm zur Straff zuerkandt worden/
24 aller Aempter entsetzt zu seyn/ und in
25 zwey Jahren nicht nach Hof zu
26 kommen/ sondern entweder in seinem
27 Hauß zu Londen / oder auff seinem
28 Land-Guth nahe bey der
29 Stadt sich auffzuhalten. Wenn
30 er sich nun diesem gnaͤdigen Urtheil gehorsamlich
31 unterworffen/ und mit dem
32 grossen Guth und Ehre/ so er die Zeit uͤber
33 erworben/ vergnuͤgt leben wollen/ haͤtte
34 er der Koͤnigin Versoͤhnung hoffen/ und
35 den schmaͤhlichen Todt entgehen koͤnnen.
36 Aber/ wie ehrgeitzigen hohen Leuten/
37 die grosser Authoritaͤt und
38 Macht gewohnt/ der tieffe Respect
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1 eines grossen Volcks/ und der darvon
2 herfliessende Pracht und Herrlichkeit
3 lieber/ als das Leben selbsten
4 ist/ daß sie beduͤnckt/ wenn sie von
5 Hof in ihre Privat-Haͤuser sich begeben
6 muͤsten/ sie giengen an den Galgen/
7 also hat dieser Graf Essek sich nicht
8 lange in der Einsamkeit eines vergnuͤglichen
9 Privat-Lebens gedulden koͤnnen.
10 Denn wie kaum ein Jahr vorbey/ hat er
11 mit seinen vertrauten Freunden rathzuschlagen
12 angefangen/ wie er doch zu
13 seinen vorigen Wuͤrden und Ehren
14 wieder gelangen/ und sich an seinen
15 Feinden und Widersachern raͤchen
16 moͤchte; Zu welchem Ende er das Volck
17 auff seine Seite zu bringen/ und bey die
18 Koͤnigin nach Hof zu kom̅en/ alle Bereitschafft
19 gemacht. Solches aber konte Jhr
20 nicht verborgen bleiben/ denn des Grafen
21 falsche Freunde Jhr/ was vorgienge/ taͤglich
22 zutruge̅/ so konte auch dergleichen weitaußsehendes
23 Vorhaben so gar heimlich
24 nicht getrieben werden. Dahero sie bewogen
25 worden ihn/ neben dem Grafen
26 von Southamton, und etliche andere seines
27 Anhangs in gefaͤngliche Hafft bringen/
28 und ihm seinen Process durch die Pares
29 Curiæ machen zu lassen. Welche
30 ihm das in Engelland gewoͤhnliche scharffe
31 Urtheil verletzter Majestaͤt/ so sie High
32 treason ( hohen Verrath ) nennen eroͤffnet:
33 Daß er nemlich auff die Richtstatt
34 geschleiffet/ daselbst erstlich gehenckt/
35 so bald aber abgeschnitten/
36 halb lebendig geviertheilt/ und endlich
37 das Haupt auff einen Pfahl
38 gesteckt werden solte. Man laͤsset einen
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1 jeden bedencken/ wie die Anhoͤrung
2 eines solchen Urtheils einem Premier Minister
3 und Favoriten zu Gemuͤth gehen
4 muͤssen. Die Koͤnigin aber/ welche man
5 meynt/ daß sie ihm das Leben geschenckt
6 haben wuͤrde/ wenn er fußfaͤllig darumb
7 gebeten/ hat obgedachte schwere Straffe
8 in die blosse Enthauptung verwandelt/
9 und zwar in dem Tour oder Schloß zu
10 Londen / damit es in der Stadt keinen
11 Aufflauff des Volcks geben moͤchte. Dieser
12 Graf ist von wegen seiner tapffern
13 Thaten/ und sonderbaren Geschicklichkeit
14 in allerley Welt-Haͤndeln von vielen
15 sehr bedauret worden. Allein der Neyd
Seite 4344 Sp. B
1 seiner Widerwaͤrtigen/ bey so grossen Meriten
2 ist ihm so schmertzlich vorkommen/
3 daß er seinem Eyfer und Rachgier den
4 Zaum gelassen/ und sich durch eine unverantwortliche
5 Empoͤrung/ und dabey
6 vorgehabte straffbare Mittel/ in das Verderben
7 gestuͤrtzet.
8 Eben umb diese Zeit sind die Spanier /
9 welche sich in Jrrland / die Catholischen
10 daselbst zu schuͤtzen/ eingenistelt/ von den
11 Engellaͤndern auffs Haupt geschlagen/
12 und durch Einnehmung der Stadt
13 Kingsal / die sie besetzt gehabt/ gaͤntzlich
14 auß dem Lande getrieben worden.
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1 Das 9. Capitel.
2 Von den Nordischen Cronen und zwar erstlich
3 von Dennemarck.
4 JN Dennemarck regirte
5 Koͤnig Christian der 4.
6 ein hochverstaͤndiger
7 und gelehrter Herr/ welcher/
8 wie ihm der Bentivoglio
9 Zeugnuͤß gibt/
10 gerne und wol Lateinisch
11 geredet/ viel herrlicher Ordnungen
12 und Anstalten im Lande gemacht/ wiewol
13 er in Kriegen ziemlich ungluͤcklich gewese̅/
14 wie wir zu seiner Zeit sagen werden.
15 Jn Schwede̅ enthielte sich zu Anfang dieses
16 Seculi eine grosse Unruhe. Koͤnig Sigismund
17 war von seiner Mutter Koͤnigin
18 Catharinen gebornen auß Koͤniglichem
19 Polnischen Jagellonischen Stam̅/ in der
20 Catholischen Religion erzogen worden/
21 die gedachte er in Schweden wieder einzufuͤhren/
22 und die Reichs-Aempter
23 mit Leuten von solcher Religion zu besetzen.
24 Es hatte aber dazumal Hertzog
25 Carl von Sudermann-Land seines Vatters
26 Koͤnig Johannis Bruder die hoͤchste
27 Authoritaͤt im Lande. Denn Sigismund,
28 wie er zum Koͤnig in Pohlen erwaͤhlet
29 worden/ hatte ihn zu seinem Stadthalter
30 in Schweden mit einhelliger Bewilligung
31 der Staͤnde des Reichs gemacht.
32 Mit deren Zuziehung setzte und ordnete er
33 an/ was ihn den Schwedischen Gesetzen
34 nach/ in Politicis und Ecclesiasticis gutduͤnckete.
35 Sigismund war damit nicht
36 wol zu frieden/ und ließ gantz andere Befehle
37 an ihn abgehen/ Hertzog Carl hingegen
38 hielte ihm das Groß-Vaͤtterliche
39 Testament vor/ nach dessen Jnhalt
40 keine andere Religion als die Evangelische
41 im Lande gelitten werden
42 solte: Erinnerte ihn auch seines Eydes/
43 krafft dessen er nach den
44 Schwedischen Gesetzen zu regieren;
Seite 4344 Sp. D
1 und die Nation bey ihren Freyheiten/
2 Rechten und Gerechtigkeiten
3 zu handhaben/ verbunden waͤre:
4 Bey welcher der Sachen Beschaffenheit/
5 Fried und Ruhe im Lande nicht lang
6 bestehen konte. Der Zwiespalt im Reich
7 war groß/ einer hielte es mit dem Koͤnig/
8 der andere mit dem Stadthalter. Eine
9 Parthey schuͤtzte ihre Pflicht und Eyd/
10 so sie dem Koͤnige geleistet: Die andere aber
11 ihre Schuldigkeit gegen das Vatterland
12 und die Gesetze des Reiches vor/ als
13 dem sie weit mehr und hoͤher als dem Koͤnig/
14 der seinen Eyd selbst nicht hielte/ verbunden
15 waͤren. Welches die gewoͤhnlichsten
16 Ursachen aller innerlichen
17 Kriege und Streitigkeiten seynd.
18 Wenn ein Regent den Landes-Gesetzen
19 und kundbaren Herkommen
20 nicht nachlebet/ so muͤssen Trennungen
21 im Lande entstehen/ welche
22 billich mit Sanfftmuth und Gelindigkeit
23 tractiret werden solten.
24 Aber wie es leyder unter den Menschen
25 hergehet/ je naͤher man einander
26 verbunden/ je hefftiger ist der Haß
27 eines Theils gegen den andern/
28 und der Vergleich desto schwerer.
29 Wie denn hier unterschiedliche Vertraͤge
30 getroffen/ auch wieder gebrochen/
31 und endlich die Waffen zum Schiedsmittel
32 ergriffen worden. Welche auff
33 Koͤniglicher Seiten/ mehrentheils ungluͤcklich
34 abgelauffen/ weil die Staͤnde
35 Hertzog Carln anhingen/ daß der Koͤnig
36 gezwungen worden/ einen Vergleich zu
37 Linkoͤping einzugehen/ wordurch alles
38 vergangene vergessen seyn/ und die Regierung/
39 wie es Hertzog Carl und die
40 Staͤnde vorgeschrieben/ ins kuͤnfftige gefuͤhret
41 werden solte; mit dem Anhang:
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1 Daß die saͤmptlichen Staͤnde wider den
2 jenigen stehen solten/ welcher diesem Vertrag
3 nicht nachkommen wuͤrde. Der
4 Koͤnig konte einen solchen nachtheiligen
5 Vergleich nicht halten/ und gieng doch
6 diese gefaͤhrliche Clausul ein; wodurch
7 den Staͤnden Ursache gegeben worden/
8 ihn zu verlassen/ und Hertzog Carln anzuhangen.
9 Wie in der That erfolget/
10 in dem sie vermoͤge des Reichs-Tags Schlusses
11 zu Stockholm dem Koͤnig allen
Seite 4546 Sp. B
1 Gehorsam endlich auffgesagt/ und
2 solchen gedachtem Hertzog versprochen/ ihn
3 auch endlich gar zum Koͤnig/ und seinen
4 Printzen Gustav Adolphen zum Nachfolger
5 erklaͤrt/ welcher ihm auch succediret.
6 Wiewol Koͤnig Carls Linie in
7 Schweden / so wol als Koͤnigs Johannis
8 Stam̅ in Pohlen erloschen/ wie zu seiner
9 Zeit mit mehrern gesagt werden soll/ die
10 Kriegs-Handlungen die daruͤber entstanden/
11 wollen wir bey Pohlen erzehlen.
Seite 4546 Sp. C
1 Das 10. Capitel.
2 Von Pohlnischen Geschichten.
3 DJe Schwedischen Haͤndel
4 machten das Koͤnigreich
5 Pohlen sehr unruhig.
6 Koͤnig Sigismund
7 wolte/ wie vorgedacht/
8 sein Erb-Koͤnigreich behaupten/
9 aber die Pohlen
10 mehrentheils wolten die Mittel ungern
11 darzu hergeben/ besorgende sie wuͤrden
12 die Kriegs-Last deshalben tragen muͤssen/
13 und doch keinen Nutzen fuͤr sich dadurch
14 erlangen. Der Koͤnig schrieb einen
15 Reichs-Tag nach Warschau auß/ der
16 fieng sich mit grossen Freuden und Jubiliren
17 an/ weil der Cantzlar und Feldherr
18 Zamoysci die Moldau und Wallachey
19 von der Tuͤrcken Joch errettet/ und also
20 die Landes Graͤntzen des Orts in Sicherheit
21 gesetzt hatte/ dem auch deßhalben offentlich
22 Danck gesagt worden.
23 Hierauff wurde der Krieg wider die
24 Schweden beschlossen/ und zu Eroberung
25 des Fuͤrstenthums Liffland eine ansehnliche
26 Summa Geldes bewilliget. Zamoysci,
27 ob er sich zwar wegen seines hohen
28 Alters sehr entschuldiget/ wurde doch
29 von dem Koͤnige und den Staͤnden des
30 Reichs vermocht das Ober-Commando
31 der Pohlnischen Armee zu uͤbernehmen.
32 Es gieng aber mit Zusammenfuͤhrung
33 der Voͤlcker auß Reußen und andern weit
34 entlegenen Landschafften sehr langsam
35 zu/ also/ daß dieser General nicht eher als
36 mitten im Septembri mit seinem Kriegs-Heer
37 in Liffland anlangen konte. Unterdessen
38 hatte Fuͤrst Christoph Radzivil Woywode
39 zu Vilna, ( der Hauptstadt in
Seite 4546 Sp. D
1 Litauen ) die Schweden uͤberfallen/ und
2 ihrer sieben tausend/ unter Hertzog Carls
3 unaͤchtem Sohn Carlson genannt/ bey
4 Kockenhausen geschlagen/ und sie auß dieser
5 Stadt herauß getrieben. Wie nun
6 Zamoysci gedachter massen in Liffland
7 ankommen/ und wegen eingefallenen
8 Herbstwetters und Regens die Stuͤcke
9 nicht fortbringen/ noch sonst etwas verrichten
10 koͤnnen/ fund er fuͤr gut des Koͤnigs
11 Ankunfft/ und endlich des Frosts zu
12 erwarten.
13 Mittlerzeit schrieb er anzuͤgliche Briefe
14 an erst ermeldten Hertzog/ warff ihm
15 vor/ daß er wider die Vertraͤge zwischen
16 Pohlen und Schweden gehandelt/ in
17 Liffland eingefallen/ und seines leiblichen
18 Bruders Sohn auß dem Reich vertrieben
19 haͤtte. Welche Hertzog Carl mit
20 dergleichen Schreiben beantwortet. Zamoysci
21 bote ihm auch eine Schlacht an/
22 worauff er aber keine Antwort erhalten.
23 Der Koͤnig kam endlich mit einem grossen
24 Schwall Volcks an Hoffleuten und
25 freywilligen in Lyfland an/ besichtigte die
26 Stadt Riga, umb die Buͤrger zur Standhafftigkeit
27 zu ermahnen/ begab sich bald
28 darauff in Litauen / dem Zamoysci die
29 Fuͤhrung des Krieges lediglich uͤberlassend.
30 Derselbe/ so bald der kalte Winter
31 die Bahn gemacht/ belagerte Wolmar /
32 kriegte es auch nach dreyen Monathen auf
33 Gnade und Ungnade ein. Carlson neben
34 dem Commendanten Jacob de la Gardie
35 wurde gefangen genommen/ und
36 damit dieses Jahr beschlossen.
Seite 4546 Sp. E
1 Das 11. Capitel.
2 Von Tuͤrckischen Geschichten.
3 WAs die Tuͤrcken dieses
4 Jahr in Ungern veruͤbet/
5 haben wir schon
6 oben bey dem Ungerischen
7 Wesen erzehlet. Zu
8 Constantinopel wurde
Seite 4546 Sp. F
1 wegen Auffhebung der Belaͤgerung vor
2 Canischa grosse Freude bezeuget/ der
3 Groß-Sultan Amurat der 3. zog zu einem
4 Thore mit einem praͤchtigen Comitat
5 ein: Seine Mutter/ welche bey ihrem
6 Sohn alles vermochte/ und deßwegen
Seite 4748 Sp. A
1 in grossem Ansehen war/ zog zu einem
2 andern Thore hinein. Jhr folgten zwantzig
3 Kutschen/ mit des Sultans Kebs-Weibern
4 erfuͤllet/ nach/ deren keine man zu
5 sehen kriegte/ ausser jetzt gedachte Koͤnigl.
6 Mutter/ die sich fuͤr Freuden vom Volck
Seite 4748 Sp. B
1 sehen ließ/ und Geld haͤuffig unter dasselbe
2 warff. Jederman sahe auff sie/ als welche
3 die Regierung in ihren Haͤnden hatte/
4 da indessen der Groß-Sultan den Wolluͤsten
5 ergeben/ sich umb dieselbe wenig bekuͤmmerte.
6
Seite 4748 Sp. C
1 Das 12. Capitel.
2 Von Persischen Geschichten.
3 SChach Abas Koͤnig in Persien /
4 nachdem er von der
5 Tuͤrcken grossen Progressen
6 in Ungern hoͤrete/ suchte die
7 Christen im Krieg wider
8 denselben zu staͤrcken/ und zu erhalten.
9 Schickte derowegen eine Gesandtschafft
10 zum Kaͤyser nach Prag / welche in
11 einem Persianer und einem in Lande
12 erzogenen Engellaͤnder bestund. Dieselbe
13 waren durch viel Umbwege/ die Tuͤrckischen
14 Laͤnder zu meiden/ in 16. Monaten
15 erst dahin kommen. Sie wurden zwar
16 ehrlich empfangen und gehalten/ man
17 fand aber ihre Vorschlaͤge nicht also beschaffen/
18 daß man darauff fußen koͤnnen.
19 Jhr Vorbringen war: Nachdem ihr
20 Koͤnig die Ußbeker Tartarn uͤberwunden/
21 und Erwan wieder gewonnen/ gienge
22 er damit um/ auch die andern von den
23 Tuͤrcken ihm entzogene Landschafften
24 wieder zu erobern/ wan̅ ihm nur die Christen
25 die Hand bieten wolten. Sie brauchten
26 das Gleichnuͤß von einem Hund/ welcher
27 von einem Wolff leicht zerrissen und
28 gefressen wuͤrde/ wann aber der Hunde
29 viel waͤren/ bemeisterten sie leicht einen
30 Wolff. Jhnen wurde geantwortet:
Seite 4748 Sp. D
1 Der Kaͤyser waͤre schon in oͤffentlichem
2 Krieg wider die Tuͤrcken begriffen/ haͤtte
3 also keiner Vermahnung/ sondern wuͤrcklicher
4 Huͤlffe und Beystand vonnoͤthen.
5 Sie wurden mit Geschencken wieder
6 erlassen/ und begaben sich nach Rom /
7 allwo sie der Pabst trefflich empfangen
8 ließ/ in Hoffnung durch des Koͤnigs in
9 Persien Mittel/ den Tuͤrcken grossen Abbruch
10 zu thun: Sie brachten vor/ wie
11 ihr Koͤnig den Christen wol gewogen
12 waͤre/ und verstattete ihnen in seinem
13 Lande den freyen Gottesdienst/ suchte derowegen
14 mit ihrem allgemeinen Haupt
15 dem Pabst in gute Correspondentz zutretten.
16 Jhnen wurde geantwortet:
17 Seine Paͤbstl. Heil. hielten nie Frieden
18 mit den Tuͤrcken / derowegen sie auch dem
19 Kaͤyser staͤtige Huͤlffe wieder sie zuschickten/
20 billigten also die Zusammensetzung
21 der Christlichen und Persianischen Waffen
22 in alle Wege. Nachdem sie nun mit
23 ansehnlichen Geschencken wieder abgefertiget
24 worden/ nahmen sie ihren Weg
25 auff Spanien / umb in Portugal zur
26 See nach Ost-Jndien / und so ferner in
27 ihr Land wieder zureisen.
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1 Das 13. Capitel.
2 Von Tschina und Japonien.
3 JN Tschina regierte dieser
4 Zeit ein vortrefflicher
5 Koͤnig/ Schín-Tschum
6 genannt/ welcher
7 von wegen seiner
8 Gerechtigkeit/ und Erfahrenheit
9 in den Tschinesischen
10 Buͤchern und Wissenschafften
11 sehr geruͤhmet wird. Die Tartarn / als
12 der Tschinesen Erb-Feinde/ hat er etliche
13 mal tapfer auß dem Lande geschlagen.
14 Es hatten sich aber nachgehends die Orientalischen
15 Tartarn / Niuche genannt/ dergestalt
16 verstaͤrcket/ daß sie im Jahr sechzehen
17 hundert/ mit einer solchen Macht in
18 das Koͤnigreich eingefallen/ daß sie nicht
19 wieder herauß geschlagen werden koͤnnen.
20 Massen sie sich dann nach und nach also
21 verstaͤrcket/ daß sie endlich mit Vertilgung
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1 des Koͤniglichen Geschlechts/ Herren
2 im Lande worden; Davon die kuͤnfftigen
3 Jahre ein mehrers geben werden.
4 Jn der grossen Jnsul Japan / sonst
5 Japonien genannt/ hat sich umb diese
6 Zeit eine grosse Aenderung zugetragen.
7 Der Koͤnig Taicosamma gieng mit Tode
8 ab/ und setzte seinem unmuͤndigen Sohn
9 einen/ Jejasum Daifusamma genant/ zum
10 Vormund/ mit unterschiedlichen andern
11 Fuͤrsten/ als Beystaͤndnern. Sie blieben
12 aber nicht lange miteinander eins. Jejasus
13 brachte ein Kriegs-Heer von dreymal
14 hundert tausend Mann zusammen/ schlug
15 seine Widersacher auß dem Felde/ brachte
16 deren Hauptfuͤhrer umb/ und theilte ihre
17 Lande und Aembter unter seine Anhaͤnger
18 auß.
19 Wiewol nun die Christen unter derselben/
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1 einen ihrer fuͤrnehmsten Patronen
2 verlohren/ so hatten sie doch unter den
3 neuen hohen Beambten auch unterschiedliche
4 gute Goͤnner/ welche ihr Wort redeten/
5 also daß sie grosse Hoffnung zu Fortsetzung
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1 des Christenthumbs schoͤpfften/
2 welches aber durch Gottes Verhaͤngnuͤß
3 in den gefolgten Jahren sich gantz anders
4 erwiesen.
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1 Das 14. Capitel.
2 Vom Habessinischen Wesen.
3 JN Habessinien besaß den
4 Koͤnigl. Thron ein
5 Knabe von zwoͤlff Jahren/
6 des Namens Jacob /
7 nun in das fuͤnffte
8 Jahr/ der war ein natuͤrlicher
9 Sohn Koͤnig
10 Malac-Sagheds, sonst Sertza Dinghil genannt.
11 Dieser Herr hatte keinen ehligen
12 Sohn/ wandte derowegen sein Gemuͤth
13 und Liebe zu diesem seinen unaͤchten/ der
14 damal nur sieben Jahr alt war/ ließ ihn
15 nach Hof kommen/ und nicht anders als
16 seinen Cron-Printzen erziehen. Er befahl
17 ihn auch/ als seinen ungezweifelten Nachfolger
18 am Reich/ seiner Gemahlin und den
19 Grossen des Hofs/ sonderlich zweyen
20 Tochter-Maͤnnern Athanasio und Cafla-Wahedo,
21 welche die Vornehmsten im
22 Lande waren. Wie aber das Ende seines
23 Lebens herzunahete/ wachte ihm sein
24 Gewissen auff/ indem er bey sich selbst betrachtete/
25 wie es nicht allein wider des Landes
26 Gesetze lieffe/ einen Bastard zur Cron
27 zu befoͤrdern/ sondern auch seines Bruders
28 Lesanaxi Sohn/ als dem rechten
29 Cron-Erben groß Unrecht geschehen wuͤrde/
30 wenn ihm das Reich entzogen/ und
31 einem Unaͤchten gegeben werden solte.
32 Zu dem erforderte das weitlaͤufftige
33 Reich einen mannlichen Regenten/
34 der demselben kraͤfftig vorstehen/
35 und zumal den Gallern des
36 Reichs Erb-Feinden Widerstand leisten
37 koͤnte. Demnach ließ er auff seinem
38 Todtbette seine Raͤthe vor sich kommen/
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1 zeigte ihnen diesen seinen letzten Willen
2 und ernstliche Meynung an/ mit Befehl
3 demselben nachzukommen/ wormit er
4 verschied.
5 Diese unvermuthete Aenderung wolte
6 obgedachten beyden vornehmsten Reichs-Beambten
7 nicht gefallen/ dann sie hatten
8 sich schon eingebildet/ sie wolten als Vormuͤnder
9 bey dem unmuͤndigen jungen
10 Koͤnige selbst regieren/ und die in Haͤnden
11 habende Gewalt nach ihrem Willen fuͤhren
12 und fortsetzen/ nahmen derowegen
13 die Koͤnigliche Witwe/ als ihre Schwieger Mutter/
14 umb mehrern Ansehens
15 willen/ als Ober-Vormuͤnderin gleichsam
16 in ihre Gesellschaft/ beschlossen den
17 obgenannten/ von dem verstorbenen Koͤnig
18 selbst erkannten rechten Cron-Erben/
19 in Verwahrung zubringen/ und also
20 wie in einem Triumvirat ( drey-Herrschafft )
21 das Koͤnigreich zu regieren. Dieses
22 aber konte/ wie leicht zu ermessen keinen
23 Bestand haben. Sie hielten zwar
24 des Koͤnigs Tod eine Zeitlang verborgen/
25 biß sie den rechten Erben in ihre Gewalt
26 brachten. Den sandten sie unter einer
27 starcken Wacht in weit entlegene unersteigliche
28 Gebirge/ deren sie sich an statt
29 der Schloͤsser gebrauchen. Wie uͤbel aber
30 solches gelungen/ und was fuͤr ein schlechter
31 Außgang darauff erfolget/ wird zu
32 seiner Zeit zu vernehmen seyn.
33 Von Marocco und andern Africanischen
34 Koͤnigreichen/ werden wir kuͤnfftig
35 zu handeln haben.
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1 Das 15. Capitel.
2 Von natuͤrlichen Begebenheiten auch Todtesfaͤllen
3 hoher und sonst vornehmer Personen.
4 WJr beschliessen dieses
5 Jahr mit unterschiedlichen
6 natuͤrlichen Begebenheiten/
7 und zwar zufoͤrderst
8 in unterschiedl.
9 merckwuͤrdigen Todsfaͤllen.
10 Die Koͤnigl. Witwe in Franckreich
11 Louyse welche Koͤnig Henrichen den 3.
12 zur Ehe gehabt/ ist dieses Jahr mit tode
13 abgangen. Sie war Hertzog Nicolas
14 von Lothringen Vaudemonts Tochter/
15 die er mit Margariten von Egmont erzeugt.
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1 Gedachter Koͤnig hatte sie in seiner
2 Durchreyse nach Pohlen gesehen/ da
3 sie ihm ihrer Schoͤnheit wegen so wol gefallen/
4 daß er sie nach seiner Zuruͤckkunfft
5 in Franckreich zur Gemahlin erwaͤhlet/
6 sechs Wochen nach der Vermaͤhlung hat
7 sie sich schwanger befunden/ aber bald
8 darauff den Mißfall eines jungen Sohns
9 gehabt. Nach der Zeit hat sie kein Kind
10 mehr getragen/ ist auch nicht wol auffgewest/
11 dahero der Koͤnig ihrer wenig mehr
12 geachtet/ daß sie ihr Leben mit geringer
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1 Auffwartung und schlechten Unterhalt/
2 wegen damahliger boͤsen Zeiten/ in der
3 Einsamkeit zubringen muͤssen.
4 Jn diesem Jahr sind auch gestorben/
5 Churfuͤrst Wolffgang zu Mayntz / des
6 Geschlechts von Dalberg / und Gebhard
7 Truchses Churfuͤrst zu Coͤlln / Fuͤrst Johann[?] Ernst zu Anhalt /
8 welcher sich in
9 Franckreich / Niederland und Ungern im
10 Kriegs-wesen wol versucht und brauchen
11 lassen.
12 Tycho Brahe, ein Daͤnischer Edelmann/
13 und unvergleichlicher Astronomus
14 seiner Zeit/ hat zu Prag dieses Zeitliche
15 gesegnet. Er hatte durch seinen unermuͤdeten
16 Fleiß und grosse Kosten der Astronomie
17 ein grosses Liecht gegeben/ deßwegen
18 er von Kaͤyser Rudolffen / und sonst
19 von verstaͤndigen Leuten sehr hoch geachtet
20 worden.
21 Dann er sahe wol/ daß des Ptolomæi
22 gemeine unfoͤrmliche Abbildung der gantzen
23 Welt nicht bestehen koͤnte/ weil er wol
24 observirte, daß die Venus und der Mercurius
25 die Sonne zum Centro haͤtten/ und
26 keines Weges umb die Erdkugel rund
27 herumblieffen/ dahero sie auch nur Abends
28 und Morgens/ und niemals umb
29 Mitternacht/ uͤber unserem Haupt gesehen
30 wuͤrde̅. Derowegen formirte er ein sonderbar
31 neu Systema mundi, in welchem dieses/
32 was jetzt gedacht/ repræsentiret wird.
33 Dem scharffsinnigen Sternseher Copernico
34 konte er wegen Bewegung der Erde
35 umb die Sonne herumb/ darumb keinen
36 Beyfal geben/ weil er keine Paralaxin oder
37 Abwechselung des Standes der Fix-Sterne
38 zu finden vermochte/ die sich doch nothwendig
39 an dem obersten Firmament erzeigen
40 muͤste/ wann die Erde einen solchen
41 uͤberauß grossen Umschweiff ein gantz
42 Jahr lang in ihrem Kreyß/ wie die andern
43 Planeten umb die Sonne herumb nehme.
44 Dann wenn die Erde auß
45 den Mittaͤgigen in die Mitternaͤchtige Zeichen
46 trete/ wie die Sonne unsern Beduͤncken
47 nach thut/ so muͤste sie den
48 Nordstern so viel naͤher kommen/ und die
49 Sterne/ die den Sommer uͤber unserm
50 Haupt gestanden/ muͤsten den Winter
51 weiter gegen Mittag zustehen kommen/
52 weil die Erde besser nach Norden geruͤckt.
53 Weil sie aber Winter und Sommer unverruͤckt
54 einmal wie das andere uͤber unserm
55 Haupt stuͤnden/ so folgte/ daß auch die
56 Erde unbeweglich also stehen muͤste. Allein
57 wann er laͤnger leben/ und die Erklaͤrung
58 der heutigen Copernicaner außfuͤhrlicher
59 vernehmen/ auch zugleich die Proben
60 einer kleinen paralaxis, welche die Engellaͤnder
61 erfunden/ und das Instrument
62 darzu abgebildet/ selbst sehen sollen/ wuͤrde
63 er vielleicht zu ihnen getretten seyn/ und
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1 lieber geglaub haben/ daß ein klein Corpus
2 ( wie die Erde gegen die andern himmlischen
3 unermeßliche Coͤrper zu rechnen ist )
4 in 365' 1=:4 Tagen/ weniger etliche Minuten
5 umb die Sonne/ das Liecht und die Waͤrme/
6 den andern Planeten gleich/ von ihr
7 zu empfange̅/ sich herum waͤltzte: als daß
8 das gantze himmlische Firmament mit so
9 vielen weit groͤssern/ und in einer unersinnlichen
10 Weite von uns stehenden Corporibus
11 durch eine allerdings unbegreiffliche
12 und unglaubliche Bewegung in 24. Stunden
13 umb die kleine Erdkugel herumb gerissen
14 werden solte/ wie diejenigen/ so
15 hauptsaͤchlich davon geschrieben/ mit
16 mehrern Astronomischen Gruͤnden darzuthun
17 wissen. Ein mehrers hievon besihe
18 unten bey des Gallilæi Condemnation
19 von der Inquisition zu Rom Anno 1633.
20 bey den Jtaliaͤnischen Geschichten. Er
21 hat sein Leben nicht hoͤher gebracht als 54.
22 Jahr 9. Monat und 19. Tage/ ob er schon
23 eines viel laͤngern wol wuͤrdig gewesen.
24 Ferner haben wir allhier zu gedencken
25 einer natuͤrlichen Geschicht/ so sich ( laut
26 vieler Scribenten Zeugnuͤß ) zu Piadena
27 in Jtalien zugetragen. Ein Teutscher / Namens
28 Daniel Burckhamer von Buchheim /
29 hatte sich fuͤr einen Soldaten unterhalten
30 lassen/ und mit einer Frauen verehlichet/
31 der bringt gantz unvermuhteter Weise
32 ein Kind zur Welt. Wie er fuͤr die Obrigkeit
33 gefuͤhret wird/ bekennt er/ daß er
34 ein Hermaphrodit oder Androgynos ( das
35 ist/ ein Zwiethier oder Mann-Weib ) sey/
36 haͤtte sieben Jahr im Krieg/ anfaͤnglich
37 dem Kaͤyser in Ungarn / hernach dem Koͤnig
38 in Spanien in Niederland gedienet/
39 allwo er eine Nacht mit einem Spanier
40 zu thun gehabt/ und davon schwanger
41 worden seyn muͤste. Dieser Fall hat der
42 Naturalisten Discurse von Hermaphroditen
43 erweckt/ welche zwar nicht laͤugnen
44 koͤnnen/ daß die eusserliche Zeichen von
45 beyderley Geschlecht bey manchem Kinde
46 sich befinden/ welches mit alten und neuen
47 Exempeln zu bestaͤrcken; aber beyde Geschlechte
48 seyen doch nie gleich kraͤfftig/ so
49 koͤnne auch die innerliche Leibs Constitution
50 unmuͤglich beyderley seyn/ sondern eines
51 von beyden gehe mit der Zeit vor/ welches
52 sich an diesen Menschen erwiesen/ den
53 man bey seiner Geburt fuͤr ein Knaͤblein
54 angesehen/ und ihn Daniel in der Tauffe
55 nennen lassen. Er hat aber nicht doͤrffen
56 noch koͤnnen zweiffeln/ wie dort in der fabel
57 die Fledermauß/ ob sie unter die Maͤuse
58 oder die Voͤgel zu rechnen: Denn er empfunde
59 ja an seinem Leibe wol/ zu welchem
60 Geschlecht er gehoͤrete/ un̅ inclinirte. Seine
61 Frau sagte auch: Daß sie nichts maͤnnliches
62 an ihm verspuͤrt Zeit waͤhrenden Ehestandes/
63 da er nun nach getriebener
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1 Hurerey sich gleichwol verheurathet/ waͤre
2 er einer schweren Straff schuldig gewest.
3 Welche/ weil sie in Kaͤyser Carls peinlichen
4 Halßgerichts-Ordnung nicht zu befinden/
5 von den Criminalisten auffs neue
6 erdacht werden muͤssen.
7 Eine andere wunderbare uͤbernatuͤrliche
8 Sache wird von glaubwuͤrdigen Scribenten
9 umb diese Zeit erzehlet. Wie
10 nemlich ein Maͤgdlein von 11. Jahren eines
11 Schmieds Tochter zu Constans auff
12 den Graͤntzen von Poitou und limosin
13 drey Jahr ohne einige Speise gelebet.
14 Es werden so viel Umbstaͤnde von dem
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1 Thuano Lib. 123. Anno 1599. erzehlet/
2 daß man an der Sache selbst nicht
3 zweifflen kan. Es sind auch etliche Medici
4 zur selbigen Zeit gewesen/ die es fuͤr eine
5 natuͤrlicher Weise wol muͤgliche Sache
6 halten wollen. Allein ihre Gruͤnde und
7 Ursachen sind nicht also beschaffen/ daß
8 man sich in reifferm Nachdencken damit
9 beruhigen koͤnte. Wir haben es/ weil es in
10 diesem Jahr von etlichen Geschicht-Schreibern
11 erzehlet wird/ mit Stillschweigen
12 nicht uͤbergehen
13 wollen.
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1 Ende des Ersten Buchs.
2 Zweytes Buch/
3 Das Jahr Christi 1602. in sich haltend.
4 Summarien.
5 Cap. 1. 1. Streit zwischen Modena und Lucca. 2. Die gerathen daruͤber in ein Gefecht.
6 3. Wird vom Gubernator zu Mayland verglichen. 4. Des Hertzogs von Savoyen Prætension
7 auff die Stadt Genf. 5. Seine Leute ersteigen sie bey Nacht/ werden aber entdeckt/ auch
8 theils ihres Adels ungeachtet/ gehenckt. 6. Genfische Tractaten mit gedachtem Hertzog geschlossen.
9 Cap. 2. 7. Streit zwischen dem Grafen von Ost-Frießland und der Stadt Embden.
10 8. Wird offt verglichen/ offt wieder erreget. 9. Die Hertzoge zu Braunschweig Luͤneburg = prætendiren
11 das jus territoriale und Homagium auff die Stadt Braunschweig / und besetzen alle Zugaͤnge.
12 10. Die Braunschweiger brauchen Repressalien. 11. Der Krieg im Elsaß erhebt = sich wegen des Bistumbs
13 Straßburg.
14 Cap. 3. 12. Der Ungarische Krieg continuiret. 13. Der Hertzog von Mercœur stirbt
15 am Fieber zu Nuͤrnberg. 14. Die Tuͤrcken belagern Stuhlweissenburg mit = fuͤnff und siebentzig
16 tausend Mann. 15. Der Commendant Isola wird von den Tuͤrcken gefangen. 16. Der = Groß-Vezier
17 gehet auß Ungarn nach Constantinopel seine Heyrath zu vollziehen. 17. = Ertz-Hertzog Matthias
18 greifft die Staͤdte Ofen und Pest an/ erobert diese auch. 18. Unruhe in = Siebenbuͤrgen.
19 19. Generals Bastæ Kriegs-Verrichtung. 20. sigismund Bathori bittet umb des = Kaͤysers Gnade
20 bekomt Lubokowiz in Boͤhmen an statt einer Pension. 21. Grausame Hungersnoth in = Siebenbuͤrgen.
21 22 Basta nimbt Solmes ein.
22 Cap. 4. 23. Die Belagerung Ostende wird fortgesetzt. 24. Mit starckem Schiessen und
23 Stuͤrmen. 25. Eine Weibes Person wird unter den erschlagenen Spaniern in Manns Kleidern
24 gefunden. 26. Grosses Wuͤten des Meers. 27. Die Staͤnde in Flandern und Braband = rathen
25 Ertz-Hertzog Alberten gedachte Belagerung auff eine andere Zeit außzusetzen. 28. Meuterey
26 der Spanischen Soldaten. 29. Gedachter Ertz-Hertzog suchet solche wieder zu beguͤtigen. 30.
27 Der vereinigten Niederlande Wohlstand im Handel und Wandel. 31. Vertraͤge zwischen den
28 Hollaͤndern und Indianern. 32. Der Ost-Indischen Compagnie Anfang. 33. Derselben = Capital
29 und gluͤcklicher Fortgang. 34. Wird einer kleinen Republic verglichen. 35. Graf Moritz
30 erobert die Stadt Grave mit Accord. 36. Der Spanische General Mendoza wird unter = caution
31 loß gelassen.
32 Cap. 5. 37. Der Koͤnig in Franckreich gibt ein scharff Edict herauß wider die Duelle. = 38.
33 So aber nicht lange gewaͤhret. 39. Verbot der guͤlden und silberne Gebraͤme. 40. Buͤndniß = der
34 Cron Franckreich mit den Schweitzern. 41. Befoͤrderung solches Buͤndnisses durch ein = grosses
35 Geld. 42. Des Mareschals De Biron Conspiration, der sich mit Savoyen in heimliche = Correspondenz
36 eingelassen. 43. Wird nach gehaltenem ordentlichen Process enthauptet.
37 Cap. 6. 44. Graf Fuentes occupirt den Seehafen Final in Jtalien. 45. = Spanien ruͤstet
38 eine starcke Flotte zu auß unbekannten Endzweck.
39 Cap. 7. 46. Portugal muß des Krieges zwischen Engelland und Spanien = auch entgelten
40 47. Die Portugesen Verlieren daruͤber eine reich beladene Ost-Jndische Caraque. 48. = Werden in
41 Jndien / so wol als in Europa in ihrem Handel und Wandel sehr beunruhiget.
42 Cap. 8. 49. Starcke Schiffs-Zuruͤstung in Engelland. 50. Spinola gehet mit sechs
43 Galleren darnach zu. 51. Deren zwo die Engellaͤnder zu Grunde schiessen. 52. Wegen der = Koͤnigin
44 Elisabeth Schwachheit ist grosse Sorge in Engelland / die Succession betreffend. 53. = Paͤbstlicher
45 Anschlag deßhalben. 54. Die Highlaͤnder rebelliren wider Koͤnig Jacoben. 55. Der
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1 commandirt seine Generalen Argile und Huntley solche gar außzurotten. 56. Dieselben = retiriren
2 sich in die bergichten Einoͤden.
3 Cap. 9. 57. Krieg zwischen Schweden und Pohlen continuirt. 58. Auff dem Reichs-Tag
4 zu Stockolm werden unterschiedliche wichtige Puncte beschlossen. 59. Zwiespalt mit Luͤbeck = wegen
5 arrestirter Schiffe endlich verglichen.
6 Cap. 10. 60. Die Pohlen setzen den Krieg in Liffland wider Schweden fort. = 61. Felin
7 wird belagert. 62. Der Commendant darinn wird vom Pulver in die Lufft gefuͤhret/ bleibt unverletzt.
8 63. Die Pohlnischen Soldaten meuteniren. 64. Der Groß-Cantzler Zamoysci gehet
9 zuruͤck in Pohlen. 65. Laͤsset den General Chodkiewizen bey der Armee. 66. = Schweden hat
10 Mangel an Volck und Geld. 67. Warumb die Cron Pohlen = Liffland nicht behauptet. ( 1. ) Wegen
11 der Religion. ( 2. ) Wegen der grausamen Gewalt und Schandthaten der gemeinen Soldaten.
12 68. Unerhoͤrte Hungers-Noth in Liffland.
13 Cap. 11. 69. Die Militarischen Regimenter bestehen nicht lange/ gleichwie der alten Roͤmischen
14 Kaͤyser. 70. Scrivans Auffruhr und Raͤuberey in klein Asien. 71. Der = Janitscharen und
15 Spahi Empoͤrung deshalben zu Constantinopel. 72. Der Sultan laͤst seine eigene Gemahlin = und
16 Sohn umbbringen. 73. Der Mameluck Cicada faͤlt in Calabrien ein.
17 Cap. 12. 74. Jn Persien bleibts beym vorigen.
18 Cap. 13. 75. Jn Tschina ingleichen.
19 Cap. 14. 76. Jn Habessinien grosse Veraͤnderung.
20 Cap. 15. 77. Etliche vornehme Tobesfaͤlle.
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1 Das 1. Capitel.
2 Von Jtaliaͤnischen Geschichten.
3 VOn Jtalien finden wir
4 dieses Jahr wenig zuberichten.
5 Ein kleiner Krieg erhub
6 sich zwischen dem Hertzog
7 von Modena und der Republic
8 Lucca.
9 Jn dem Modenesischen Land-Strich
10 Grafignana genannt/ auff den Graͤntzen
11 von Modena und Lucca entstund ein
12 Streit uͤber etliche Dotal-Guͤter einer
13 gewissen vornehmen Frauen. Daruͤber
14 beyde Theile zum Gefecht kamen/
15 in welchem fuͤnff Grafignaner und zween
16 Luckeser blieben. Der Hertzog nimbt
17 sich seiner Leute an/ und schickt den General
18 Bentivoglio mit drey tausend Mann
19 den Luckesern ins Land/ die belagern Castiglione,
20 und veruͤben allerhand Feindseligkeiten.
21 Die von Lucca wehren sich/
22 und thun gegen Modena deßgleichen.
25 Nun war die Ursache dieses Unfugs
26 nicht also bewandt/ daß man deßwegen
27 eine Unruhe im Lande anfangen solte.
28 Derowegen legte sich der Graf Fuentes Gubernator
29 von Mayland / im Namen des
30 Koͤnigs in Spanien darzwischen/ brachte
31 die Partheyen erstlich zum Stillstand/
32 hernach zum Vergleich/ daß die Sache
33 rechtlich untersucht/ und entschieden werden
34 solte. Die verursachte Schaͤden/ un̅ Kosten/
35 wurden auff des gedachten Gubernatorn
36 Arbitrium ausgesetzet. Der Hertzog
37 von Savoyen / nachdem er die Tractaten
38 mit dem Koͤnige in Franckreich wegen
39 Salusses ( wie wir vorm Jahr gemeldet )
40 geschlossen/ wolte mit denen auff den Beinen
41 habende̅ Voͤlckern seine alte Prætensionen
42 wider die freye Stadt Genf außfuͤhren/
43 welche er vermeynte/ daß sie auff seinem
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1 Grund und Boden gelegen/ so wolte
2 er sie auß einer freyen Reichs-Stadt/ wie
3 sie vor Alters gewesen/ zu einer unterthaͤnigen
4 Land-Stadt machen/ insonderheit
5 anfuͤhrend: Die Bischoͤffe zu Genff
6 waͤren von alters her seine Vasallen
7 gewesen. Die Genffer wendeten hierauff
8 ein: Daß sie des Bischoffs
9 Recht/ als sie den letzten Petrum Palma
10 im Jahr 1535. außgeschafft an
11 sich gebracht/ dahero sie sich fuͤr einen
12 in geist- und weltlicher Botmaͤssigkeit
13 befreyten eigenmaͤchtigen
14 Stand hielten.
18 Jmmassen sie sich dem Schweitzerischen Bund
19 in solcher Gestalt
20 verwand gemacht/ auch in der Koͤnige
21 von Franckreich Schutz begeben
22 haͤtten; Wie die von beyden
23 Theilen heraus gegebene Schrifften dißfalß
24 ein mehrers besagen.
25 Der Hertzog von Savoyen hielte es
26 jetzo fuͤr die bequemste Zeit seinen Anspruch
27 auszufuͤhren/ in Zuversicht der Pabst und
28 die Cron Spanien wuͤrden seinen Anschlag/
29 wenn er angienge/ nicht unbilligen.
30 Der Koͤnig in Franckreich aber umb einer
31 Stadt willen keinen neuen Krieg anfangen.
32 Gedachte derowegen die Stadt
33 naͤchtlicher Weile/ da sich die Buͤrger dessen
34 am wenigsten versahen/ zu uͤberrumpeln.
35 Es hatte der Hertzog kurtz vorher
36 die Stadt durch seinen Præsidenten Rocchette von Chambery
37 ,sie/ als in den Friedens Tractaten
38 von Franckreich Mit begriffene/
39 seiner Freundschaft versichern lassen/
40 allein sie wurde schlecht erwiesen. Zwey
41 tausend Mann unter dem General Albigny
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1 hatten sich auff eine Meile nahe an
2 die Stadt gelegt/ zweyhundert Mann
3 waren verordnet/ die Mauren mit Leitern
4 zu besteigen. Diesen gluͤckte es zwar/
5 daß sie umb Mitternacht in die Stadt
6 hinein gelangten. Als aber die Buͤrger
7 erwachten/ und ins Gewehr kommen/ von
8 den Feinden aber keine mehr gefolget/
9 weil die Petardierer/ so die Thore sprengen
10 sollen/ bald anfangs erschossen
11 worden/ so wurden sie nieder gemacht biß
12 auff dreyzehen/ ( unter welchen etliche
13 Vornehme von Adel ) welche als Kriegs-Gefangene
14 tractirt seyn wolten/ aber auff
15 ungestuͤmmes Anhalten des gemeinen
16 Volcks/ den schmaͤhligen Todt des Galgens
17 leyden muͤssen. Der Hertzog vermeynte
18 zwar dieses unloͤbliche Vorhaben
19 durch einen eigenen Gesandten bey den
20 protestirenden Schweitzern zu entschuldigen/
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1 der fand aber daselbst schlecht Gehoͤr.
2 Der Krieg gieng darauff an/ welchen
3 die Genfer gerne mit allem Ernst wider
4 den Hertzog fort gesetzt haͤtten/ zumal
5 sie von jetzt gedachten Schweitzern ihrer
6 Huͤlffe versichert worden: Die Catholische
7 Orte hingegen versprachen/ sich bey
8 diesem Krieg allerdings neutral zu halten.
9 Weil ihnen aber der Koͤnig in Franckreich
10 keine Huͤlffe leisten/ sondern den Frieden
11 lieber erhalten wissen wolte/ so musten sie
12 sich darzu bequemen/ und Tractaten mit
13 dem Hertzog eingehen/ in welchen unter
14 andern enthalten war/ daß sie in den Vervinischen
15 Friedens-Schluß ohne Widerspruch
16 mit begriffen seyn/ und der
17 Hertzog auff 4. Meil nahe von der Stadt
18 keine Vestung auffbauen solte. Auff
19 welche Masse der Friede im folgenden
20 Jahr geschlossen worden.
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1 Das 2. Capitel.
2 Von Teutschen Geschichten.
3 JNnerhalb Teutschland
4 lebte man noch in ziemlicher
5 Ruhe. Die von neuem entstandene
6 Streitigkeiten der
7 Stadt Embden mit dem
8 Grafen von Ost-Frießland / wurden durch
9 Vermittlung der Herren Staaten abermal
10 verglichen. Sie hatten schon eine
11 geraume Zeit gewaͤhret/ und waͤhreten
12 noch immerfort. So vielmal als sie beygeleget:
13 So vielmal wurden sie wieder
14 erreget. Sie ruͤhreten vornemlich her von
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1 Ubung der protestirenden Religion/
2 insonderheit von Bestellung der
3 Kirchen-- und Schul-Diener/ und
4 was davor dependirete: Von Nomination
5 der Raths Personen: Ubung
6 der hohen und niedern Gerichtbarkeit
7 in der Stadt/ und dergleichen/
8 welches alles der Catholische Graf ihnen
9 streitig machte. Es wurde zwar im Jahr
10 1595. mit Graf Ezarten ein Vergleich
11 getroffen/ und darinnen unter andern versehen/
12 daß der Graf weder in- noch
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1 ausserhalb der Stadt/ sonderlich
2 an dem Strohm keine veste
3 Schantze noch Bloch-Hauß mehr
4 bauen solte. Dann dadurch konte er die
5 Schiffahrt auß der Ems nach der Stadt
6 hindern. Aber dieser Vertrag dauerte
7 kaum drey Jahr. Jm Jahr. 1598.
8 ersahe der Graf seine Gelegenheit vier
9 hundert Mann in die Stadt zu werffen/
10 welche die Buͤrger wieder herauß schlugen/
11 und diejenigen so es mit ihnen gehalten/
12 zur Straff zogen.
13 Jm Octobri des folgenden 1599. Jahrs
14 ist durch Vermittelung der Herren Staaten
15 abermal ein Vergleich gestifftet/ auch
16 publiciret, dem Grafen die Huldigung
17 geleistet/ und darauff beyder Theile Kriegs-Volck
18 abgedanckt worden. Es hat aber
19 auch dieser Friede nicht lange gewaͤhret;
20 denn Graf Enno gedachtem Edzards
21 Sohn/ die alten Jrrungen durch Mißdeutung
22 der getroffene̅ Vertraͤge wieder herfuͤr gesucht/
23 die Buͤrger wider den Rath verleitet/
24 und versprochen/ die Spanische Handlung
25 ihnen zu zuwenden/ wie dan̅ das Geruͤchte
26 gangen/ man wuͤrde bald eine
27 Spanische Flotte auff der Ems sehen.
28 Die Staaten der vereinigten Niederlande /
29 damit sie allem Unheyl zeitig vorkommen
30 moͤchten/ haben den Embdern /
31 auff ihr Ansuchen/ eine ansehnliche Huͤlffe
32 von ein paar tausend Man̅ zu Roß und
33 Fuß geschicket/ welche des Grafen Schantzen/
34 so er an den Strohm gelegt/ eingenommen
35 und zerstoͤret. Der Graf hat
36 dieses der Staaten Verfahren/ daß sie sich
37 in Sachen/ so eigentlich vors Reich gehoͤrten
38 einmischten/ allenthalben gar hoch
39 angezogen. Worauff dieselben mit Anfuͤhrung
40 ihrer Ursachen sich gegen den
41 Kaͤyser und das Reich entschuldiget/ wie
42 sie dessen Hoheit und Oberbotmaͤssigkeit
43 keinen Eintrag zu thun gedaͤchten/
44 sondern nur bloß zu Abwendung
45 der gemeinen Gefahr/
46 welche von den Spaniern zu besorgen/
47 des Reichs Rechten ohnbeschadet/
48 den Embdern Huͤlffe
49 leisten muͤssen.
50 Allein dieses wurde von dem Kaͤyser
51 nicht wol auffgenommen/ sondern fuͤr einem
52 unverantwortlichen Eingriff geachtet;
53 den Embdern auch sehr uͤbel gesprochen/
54 daß sie sich an die Staaten gehengt/
55 wie wir in folgendem Jahr mit
56 mehrerm vernehmen werden.
57 Fast dergleichen Streit hatten die Hertzoge
58 zu Braunschweig Luͤneburg mit der
59 Stadt Braunschweig / welche sie fuͤr
Seite 5960 Sp. B
1 eine nur mit gewissen Freyheiten begabte
2 Landstadt hielten/ und die Lands-Fuͤrstl.
3 Hoheit daruͤber/ folglich auch die Huldigung
4 prætendirten/ worauß einund andern
5 Theils viel That-Handlungen unerwarteten
6 Rechtens enstunden. Vor zwey
7 Jahren hatte Hertzog Heinrich Julius alle
8 Zugaͤnge der Stadt mit seinen Voͤlckern
9 besetzt/ daß eine Zeitlang niemand auß
10 noch einkommen koͤnnen.
11 Jn diesem Jahr gebrauchten sich die
12 Braunschweiger ( alsob kein Recht noch
13 Richter im Reich waͤre ) starcker Repressalien,
14 fielen mit etlichen hunderten bewehrter
15 Mannschafft auß/ pluͤnderten
16 Scheppenstadt mit unterschiedlichen andern
17 Orten. Womit sie aber nichts anders
18 außrichteten/ als das sie den Hertzog
19 zu einer foͤrmlichen Belaͤgerung gleichsam
20 noͤthigten/ welche im Jahr 1605. erfolgt.
21 Jm Bißthumb Straßburg waͤrete die
22 Unruhe auch noch. Die Domherren Protestirender
23 Religion hatten nach Absterben
24 des vorigen Bischoffs Graf Johannis von Monderscheid /
25 Marggraf
26 *Johann Georgen zu Brandenburg
27 mit Beyfall des Stadt-Raths zu
28 ihrem Administratorn: Die Catholischen
29 hingegen Hertzog Carln von Lothringen
30 Cardinaln und Bischoffen
31 zu Metz / zu ihrem Bischoff gewaͤhlet/
32 daruͤber geriethen sie zu grosser Verwuͤstung
33 des Elsasses in Krieg/ der Kaͤyser
34 schlug ihnen Ertz-Hertzog Ferdinanden von Oesterreich
35 /biß zu Außtrag der
36 Sache zum Sequester vor/ so aber keinem
37 Theil beliebte. Sie hielten doch auff des
38 Kaͤysers Inhibition Friede miteinander.
39 Es wurde etlichen Chur-- auch Geist-- und
40 Weltlichen Fuͤrsten Commission auffgetragen/
41 guͤttliche Handlung zwischen
42 ihnen zu pflegen; Welche jeglichen
43 Theil gewisse Orte/ biß zu Außtrag der
44 Sache zu behalten/ angewiesen. Womit sie
45 sich doch nicht lange vergnuͤget. Dan̅ beyde
46 Theile an statt des Bißthumbs und der
47 armen Unterthane̅ Bestes zu suchen; einander
48 ordentlich bekrieget. Jn massen dieses
49 Jahr der Cardinal von Lothringen /
50 fast alle des Administratoren Orte biß auff
51 Dachstein eingenommen: Hingegen
52 die Brandenburgische andere belaͤgert/
53 woruͤber es unterschiedliche mal zu Scharmitzeln
54 kommen/ in welchen auff beyden
55 Seiten ziemlich Volck geblieben/ biß sich
56 endlich der Koͤnig in Franckreich drein geschlagen/
57 und den Streit auff eine Zeitlang
58 vermittelt/ wie wir im folgenden
59 Jahr hoͤren werden.
Seite 5960 Sp. C
1 Das 3. Capitel.
2 Von Ungarischen und Siebenbuͤrgischen Geschichten.
Seite 6162 Sp. A
1 DJeses waren gleichwol
2 nicht die wichtigsten Haͤndel/
3 welche den Kaͤyserlichen Hof
4 dazumal occupirten.
5 Der Ungarische Krieg
6 gieng/ wiewol nicht nach Wunsch fort.
7 Der Kaͤyser hatte ein grosses Vertrauen
8 auff den Hertzog von Mercœur gesetzt/
9 welcher sich in dem vergangenen Jahr
10 klug und tapffer/ auch gute Disciplin
11 unter der Soldatesca gehalten/ und sich in
12 allem also erzeigt/ daß man einen guten
13 Fortgang von seinem Ober-Commando
14 verhoffen koͤnnen. Wie er nach Prag
15 kommen/ ist er von dem Kaͤyser uͤberauß
16 wol empfangen und gehalten/ ihm auch
17 solche Erbietung gethan worden/ daß er
18 versprochen/ wann er seine Sachen
19 zu Hauß ein wenig eingerichtet/
20 und von dem Koͤnig in Franckreich
21 Erlaubnuͤß bekom̅en haben wuͤrde/
22 daß er sich wieder in Kaͤyserl. Dienste
23 einlassen/ etwas Volck mitbringen/
24 und das Feld-Hauptmanns Ambt
25 in Ungarn uͤbernehmen
26 wolte.
27 Allein GOTT hat es anders mit
28 ihm versehen/ dann wie er kaum zu
29 Nuͤrnberg ankommen/ wird er mit einem
30 Fleck-Fieber befallen/ an welchem er
31 den dreyzehenden Tag seinen Geist auffgeben
32 muͤssen.
33 Jm mittelst fuͤhrte der General Herman Christoph Rußwurm
34 das Commando
35 der Teutschen Voͤlcker/ welche ( wie viel
36 mals geschicht/ ) gar langsam und
37 schwach ins Feld kommen/ daß sie den
38 Tuͤrcken schlechten Abbruch thun koͤnnen.
39 Dieselbe hatten Ofen und Pest in̅e/ und
40 ihr vornemstes Absehen auff Stuhlweissenburg
41 gerichtet/ welches sie zu
42 belaͤgern beschlossen.
43 Viertzig tausend Tartarn musten unterdessen
44 das Land durchstreiffen/ und
45 alles unsicher machen/ damit die Christen
46 vom Entsatz des Orts abgehalten
47 wuͤrde̅. Die Tuͤrcken giengen mit fuͤnff und
48 siebenzig tausend Man̅ unter dem Serdar Bassa
49 davor/ setzten dem Ort mit vielen
50 grausamen Stuͤrmen hefftig zu/ deren
51 letzlich 25. in einem Tag geschahen/
52 und der Feinde etliche tausend geblieben/
53 die uͤbergelauffene Frantzosen auß Pappa
54 gaben ihnen nicht wenig Anschlaͤge darbey.
55 Wordurch die Soldaten der gestalt
56 abgemattet worden/ daß sie/ ob schon
57 mit Unwillen der Officirer, mit dem Feind
58 zu capituliren angefangen. Wie man
59 nun an einer Seite tractirte, wurden die
60 an der andern Seite sicher/ und begaben
61 sich zur Ruhe. Die Tuͤrcken solches wahrnehmend/
Seite 6162 Sp. B
1 thun da selbst unversehens einen
2 starcken Anfall/ kommen stuͤrmender
3 Hand in die Stadt/ und saͤbeln die gantze
4 Garnison nieder. Jhren Commendanten
5 den Grafen Isola nehmen sie gefangen
6 und fuͤhren in nach Constantinopel / allwo
7 ihn der Frantzoͤische Gesandte nach
8 Verfliessung eines Jahrs wieder loß gemacht/
9 daß also dieser wichtige Ort kein
10 Jahr in der Christen Haͤnde geblieben
11 Dadurch wurde nicht nur ein schoͤnes
12 wehrhafftes Volck/ sondern auch ein grosser
13 Vorrath an Proviant und Munition
14 mit zehen tausend Guͤlden an Geld verlohren.
15 Die Tuͤrcken bekamen alle ihre
16 Stuͤcke Geschuͤtzes wieder/ und noch zwoͤlff
17 neue dazu. Wiewol sie ein grosses Volck/
18 und ( wie man schreibt ) wol zwantzig tausend
19 Mann dafuͤr sitzen lassen.
20 Ein Gluͤck war es/ daß es der Groß-Vezier
21 dabey bewenden ließ. Dann er
22 gieng mit einem guten Theil Voͤlcker
23 auß Ungarn hinweg nach Constantinopel /
24 beydes seine Heyrath mit des Sultans Base
25 zu vollziehen/ und den in Asia
26 noch wehrenden Auffruhr zu steuren/ davon
27 unten ein mehrers folgen wird.
28 Nach diesem Abzug resolvirte Ertz-Hertzog
29 Matthias die Staͤdte Ofen
30 und Pest anzugreiffen/ commandirte
31 derowegen den General Rußwurmb mit
32 zwantzig tausend Mann zu Fuß dahin/
33 welcher die Wasser-Stadt so gleich angegriffen/
34 und erobert/ daß sich die Tuͤrcken
35 in die Oberstadt ziehen muͤssen. Dieselben
36 hatten eine Bruͤcke uͤber die Donau
37 geschlagen/ damit sie in die gegenuͤber liegende
38 Stadt Pest kommen koͤnnen. Diese
39 Bruͤcke ruinirten die Christen mit ihren
40 Brandt-Schiffen/ legten die Leitern an
41 jetzt gedachten Ort an/ und eroberten denselben
42 mit Sturm/ wobey viel Tuͤrcken
43 geblieben. Reparirten so bald die Bruͤcke/
44 des Vorhabens/ der Stadt Ofen sich
45 gleichfals zu bemaͤchtigen. Jndem kom̅t
46 der Tuͤrckische Succurs, eher als man gedacht/
47 an/ Collonitsch wird denselben auff zuhalten/
48 mit einer guten Anzahl Reuterey
49 entgegen geschickt/ aber geschlagen.
50 Nichtsdesto weniger wird Ofen zu Ende
51 des Octobris belagert. Allein die Christen
52 musten nach Verlust von fuͤnff und zwantzig
53 hundert Mann/ wegen annahenden
54 Winters davon abziehen/ doch nahmen
55 sie inzwischen das Castel Pata, und das
56 Staͤdlein Adon ein. Das Geschuͤtz brachte
57 man ins Lager: Pest besetzte und versahe
58 man so gut muͤglich. Die Tuͤrcken
59 thaten mit Ofen dergleichen/ und begaben
60 sich hier auff beyde Theile in die Winter-Quartiere.
61
Seite 6364 Sp. A
1 §.2. Vom Siebenbuͤrgischen Wesen.
2 EJne grosse Hinderung an
3 gutem Fortgang des Ungarischen
4 Kriegs verursachte das
5 Siebenbuͤrgische Unwesen/
6 wodurch die Kaͤys. Macht und
7 Rathschlaͤge dergestalt zertheilet wurden/
8 daß weder an einem noch dem andern Ort
9 der Sachen recht geschahe. Wie es in Ungarn
10 gangen/ haben wir jetzt vernommen.
11 Jn Siebenbuͤrgen hatte der General
12 Basta mit den unruhigen Leuten viel
13 zu thun. Er gedachte das Land der
14 Kaͤyserl. unbeschraͤnckten Bottmaͤssigkeit
15 zu unterwerffen. Die Siebenbuͤrger
16 hingegen bestunden auff ihren Freyheiten/
17 sonderlich der Religion/ deren sie vor
18 langer Zeit her genossen. Es scheinet
19 auch wol wenn man ihnen willfahret/
20 wie den Ungarn geschehen/ daß sie sich
21 wuͤrden bequemet haben. Gestalt
22 man sonst die Graͤntz-Voͤlcker gern
23 nach ihrem Wesen und Sitten leben
24 laͤsset/ damit sie treu bleiben/
25 und sich nicht zu den Feinden schlagen/
26 wie hier mit Siebenbuͤrgen
27 endlich erfolget.
28 Allein Basta gedachte an keine Privilegia,
29 sondern wolte seinen/ im vergangenen
30 Jahr erlangten Sieg fortsetzen/ grieff einen
31 und andern widerspenstigen Ort/
32 insonderheit Norsen ( oder Bistvich ) an/
33 eroberte sie theils mit Gewalt/ theils mit
34 Accord, welcher aber schlecht gehalten
35 wurde. Denn seine unbaͤndige Wallonen
36 ( denen nicht viel guts in diesem und
37 dem Ungarischen Kriege nach geschrieben
38 wird ) fielen die abziehende Edelleute feindlich
39 an/ pluͤnderten sie und schaͤndeten die
40 Weibs-Personen. Welches ob gleich
41 ihrer etliche von dem General am Leben
42 gestrafft wurden/ doch einen solchen Haß
43 wider die Kaͤyserl. Voͤlcker erweckte/ und
44 die Gemuͤther dergestalt verbitterte/ daß
45 die Seckler unter ihrem Heerfuͤhrer Moses
46 sich von neuem empoͤret/ ein Kriegs-Heer
47 von allerley Volck/ darunter auch
48 Tartarn und Tuͤrcken / zusammen/ auch
49 den schwuͤrigen Adel auff ihre Seite
50 brachten/ und sich offentlich erklaͤrten/ daß
51 sie mit Basta und seiner Regierung
52 nicht zu frieden seyn/ noch in die
53 Conditiones die Bathori durch seinen
54 abgeordneten den Tschaky Istuan
55 tractirt, willigen koͤnten; Wenn ihnen
56 nicht bessere Conditiones gemacht
57 wuͤrden/ muͤsten sie andere
58 Mittel ergreiffen. Das war so viel
59 gesagt/ als einen andern Herrn zu suchen/
60 und sich dem Tuͤrcken zu ergeben.
Seite 6364 Sp. B
1 Allein Basta gedachte ihne̅ keine andere/ als
2 mit dem Schwerd fuͤr zu schreiben. dero
3 wegen/ als er vernommen/ daß Zeckel Moses
4 ( also wurde er ins gemein genant )
5 mit seinem bey sich habenden Volck/ etwa
6 sechs tausend Mann starck hinter Clausenburg
7 stuͤnde/ hat er ihn unversehens
8 uͤberfallen/ und biß auffs Haupt geschlagen/
9 daß er nur mit zwey hundert Mann
10 davon kommen.
11 Der arme Fuͤrst Sigismund bathori,
12 welcher soviel als nichts geachtet wurde/
13 kompt nun von freyen Stuͤcke̅ zum General
14 Basta, entschuldiget sich/ daß er an Zeckel Mosis
15 seinem Thun kein Theil gehabt/
16 wolte sich hiemit des Kaͤysers
17 Gnade bloß unterwerffen. Basta nimbt
18 ihn an/ und fuͤhret ihn gleichsam im Triumph
19 in die Stadt Weissenburg / das
20 muste er endlich fuͤr eine grosse Gnade achten/
21 daß er auff Vorbitte des Pabsts in
22 Boͤhmen auffgenommen/ und in den
23 Herrn-Stand daselbst gesetzet worden.
24 Wo er mit den Herrschafften Lyssocopitz
25 oder Lubokowitz und Hastenburg / und
26 mit einer schlechten Pension vorlieb nehmen/
27 auch endlich noch in Arrest gehen/
28 und im Elend sterben muͤssen/ wie wir zu
29 seiner Zeit sagen werden.
30 Das gute Land muste der Thorheiten
31 seines Herrn entgelten/ Staͤdte und
32 Doͤrffer waren in Grund verwuͤstet: Dahero
33 eine Theurung entstund/ die so grausamlich
34 beschrieben wird/ daß nicht allein
35 etliche tausend Menschen fuͤr Hunger gestorben/
36 sondern auch zwey Kinder ihren
37 verstorbenen Vatter biß auff die Helffte
38 gefressen. Zeckel Moses wurde des Tages
39 nach der Schlacht eine halbe Meile von
40 der Wahlstadt todt gefunden/ sein Haupt
41 auff eine Stange gesteckt/ und maͤnniglich
42 zu Cronstadt gezeiget.
48 Basta eroberte Solmes, welches Zeckel-Moses
49 den Tuͤrcken eingeraͤumet/ mit
50 Accord bald wieder. Wie ihm nun solcher
51 Gestalt alles gluͤckte/ berieff er den
52 Siebenbuͤrgischen Adel zu einem Land-Tag/
53 welcher keine Huͤlffe noch Beystand
54 sehend/ dem Kaͤyser von neuem huldigen
55 und zugleich funffzehen tausend Ducaten
56 an Geld/ und zweytausend Kuͤbel Haber
57 zu Behuff der Armee bewillige̅ muste. Wie
58 lang es nun damit Bestand gehabt/ wird
59 kuͤnfftig zu vernehmen seyn.
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1 Das 4. Capitel.
2 Von Niederlaͤndischen Geschichten.
3 VNterdessen wurde in den
4 Niederlanden die Belagerung
5 der Stadt Ostende
6 mit großem Ernst und Eyffer
7 fortgesetzt. Der erste Tag
8 des Jahrs war kaum erschienen/ als die
9 Belaͤgerer und die Belaͤgerte einander mit
10 vielen und starcken Canon-Schuͤssen begruͤsseten.
11 Die Spanier unterliessen keinen
12 Fleiß/ spahrten auch keine Kosten/
13 die Belaͤgerten dergestalt zu aͤngstigen/
14 daß sie auff die Ergebung gedencken solten.
15 Sie stuͤrmeten die Stadt an etlichen
16 Orten zugleich/ gewonnen aber damit
17 nichts/ sondern verlohren vielmehr
18 tausend acht hundert Mann. Denn weil
19 den Hollaͤndern der Haven nicht gesperret
20 werden konte/ so wurden sie mit frischem
21 Volck/ Munition und allen andern
22 Kriegs-Nothdurfften von Zeit zu Zeit
23 uͤberfluͤssig versehen. Die Spanier bauten
24 zwar an unterschiedlichen bequemen
25 Orten viel Batterien ( Schießhuͤgel ) die
26 Einfahrt der Schiffe zu hindern/ deren
27 sie auch viel zu Grunde schossen; gleichwol
28 kamen die meisten/ sonderlich bey Nacht
29 Zeit hinein/ wie denn in zween Tagen
30 uͤber die hundert Schiffe angelangt. Die
31 Belaͤgerten gruben und machten andere
32 neue Einfahrthen/ dahin der Feinde Stuͤcke
33 nicht reichen konten; Also/ daß mit
34 Schauffeln und Spathen nicht weniger
35 als mit dem Schwerd und Buͤchsen gestritten
36 wurde.
37 Demnach sahe man Spanischer seits
38 wol/ daß der Hafen zur See gesperret
39 werden muͤste. Friedrich Spinola begab
40 sich deßhalben in Spanien / und brachte
41 bey dem Koͤnige so viel zuwege/ daß er
42 zu den Galleren/ die er schon vor drey
43 Jahren in Niederland gebracht/ noch
44 achte hinzu thun/ und auch sechs tausend
45 Mann Jtaliaͤner werben moͤchte. Allein
46 solches alles war vergebens. Denn zugeschweigen/
47 daß die niedrigen Galleren
48 auff dem grossen Welt-Meer/ nicht fuͤglich
49 zu gebrauchen/ so waren ja die Engellaͤnder
50 und Hollaͤnder Meister zur See.
51 Wie sie denn gedachte Galeren zweymal
52 in der See angetroffen und zu Grund geschossen/
53 biß auff drey/ welche/ weil sie sehr
54 beschaͤdiget/ in Niederland ohne allen Nutzen
55 ankommen.
56 Wir achten unnoͤthig den Leser mit
57 Erzehlung der Außfaͤlle/ Stuͤrme/ Minir--
58 und Sprengung der Bollwercke/ Zeit
59 waͤhrender Belagerung/ und andern in
60 solchen Faͤllen gebraͤuchlichen Kriegs-Handlungen/
61 auffzuhalten. Es war
Seite 6566 Sp. B
1 nicht gnug/ daß die Menschen vom
2 Schwerdt und Geschoß sturben/ die Pest
3 kam noch darzu/ und nahm viel Volcks
4 beydes im Lager und in der Stadt hinweg.
5
6 Dieses hat man als sehr merckwuͤrdig
7 observirt/ daß nach gehaltenem Sturm
8 unter den erschlagenen Spaniern eine
9 junge sehr verwundete Weibs-Person in
10 Manns Kleidern gefunden worden/ welche
11 man/ wegen anhabenden guͤldenen
12 Kette und Halßbandes/ fuͤr eine vornehme
13 Dame gehalten/ die etwan wegen empfangenen
14 Verdrusses in Liebes-Sachen
15 sich verkleidet/ und Soldaten Dienst angenommen/
16 gleich als ob sie der Natur
17 vorruͤcken wollen/ daß sie ihr
18 bey einem maͤnnlichen Muth einen
19 weiblichen Leib gegeben/ welchen
20 sie lieber dem Mars auffopffern/ als
21 der Venus untergeben wollen.
22 Keinen geringen Verzug verursachte
23 das wuͤtende Meer/ denn solches/ gleich
24 als ob es der langwuͤrigen Belaͤgerung
25 uͤberdruͤssig waͤre/ und derselben bald ein
26 Ende machen wolte/ schonete weder des
27 einen noch des andern Theils kostbare Arbeit/
28 sondern ergoß sich etlichmal mit
29 schrecklichen Stuͤrmen tieff ins Land
30 hinein/ und ruinirte in wenig Stunden
31 beydes der Spanier und der Hollaͤnder
32 Wercke/ die sie mit grosser Muͤhe in vielen
33 Tagen gebauet hatten. Eine gantze
34 Meilwegs ward einmal von dem Meer
35 uͤberstroͤhmet/ daß Freunde und Feinde
36 in dem Wasser und Koth gleichsam baden
37 muͤssen/ und gnug zu thun hatten/ ihre
38 weggefloͤste Wercke wieder in guten
39 Stand zu setzen. Daruͤber wurden
40 die Spanische Soldaten schwuͤrig/ sonderlich
41 weil es am Sold gebrach/ griffen
42 die Arbeit schlecht und mit Verdruß an/
43 giengen auch hauffenweiße durch/ daß die
44 Reuterey geordnet werden muste/ die Fuß-Knechte
45 wie das Viehe an das Schantzen
46 zu treiben/ und die Außreisser zu
47 verfolgen. Endlich kam der Winter
48 darzu/ daß man mit Frost und
49 Eyß gnug zuthun hatte/ sich der Kaͤlte zu
50 erwehren und die Arbeit zu vollenden.
51 Die Staͤnde in Flandern und Braband /
52 die Antorffer sonderlich/ waren des
53 Contribuirens schier muͤde/ zumahlen sie
54 wegen gehemter Handlung an ihrer Nahrung
55 und Gewerb einen unsaͤglichen
56 Schaden leiden muͤssen.