Text 235, Jörg Wickram: Nachbarn, Straßburg 1556

Im Text sehen Sie die farbigen Kodierungen für Substantive, Adjektive, Verben, Zahlen und Potentiell, außerdem für Überschriften, Namen, Zitate, Hervorhebungen und Eingriffe. Bei annotierten Wörtern können Sie die Annotationen anzeigen lassen, indem Sie die Wörter anklicken. Duch Doppelklicken verschwinden die Annotationen wieder.

Das Laden der Annotationen kann einen Moment dauern, in dem die Seite nicht reagiert.

Text 235

Jörg Wickram: Georg Wickram, Von guͦten vnd baͤsen Nachbaurn

Hans-Gert Roloff (Hrsg.). Berlin, 1969, ADL, 206 S.
Elsaessisch (Strassburg), Straßburg.
Zeitraum: V, 1556.
aufgenommen: S. 5-50, 17.
Verfasser: Georg Wickram, *um 1520 in Colmar, wohl Handwerker und Gerichtsschreiber dort, 1555 Stadtschreiber in Burgheim, †vor 1562
Drucker: Johann Knobloch d.J., Sohn von Johann Knobloch d.Ä. (Drucker in Straßburg 1500-1528), druckte in Straßburg 1529-1557(?)
Textart: Unterhaltsamer Text ("schoene Literatur")
Seite 5
1 Dem Ersamen Kunstliebhabenden Caspar Hanschelo /
2 burger und des Goldtschmidt handtwercks zuͦ
3 Colmar / meinem lieben gevattern zuͦvor.
4 LIeber gevatter Caspar / die guͦt früntschafft unnd bruͤderliche
5 trew/ so wir zuͦsamen gehabt ( dieweil wir zuͦ Colmar umb
6 einander gewont haben ) ist inn mir noch gar keins wegs aussgeloschen/
7 binn guͦter hoffnung/ euwer gemuͤt habe sich
8 gegen mir auch nit anderst verendert/ dann uns die kurtzen
9 meilen/ so wir zuͦsamen haben/ kein ynbruch machen sollen.
10 Damit ir aber dannocht mein günstig und genaigt gemuͤt
11 gegen euch in meinem abwesen spuͤren moͤchten/ hab ich
12 mich zuͦvil malen bedacht/ durch was mittel unnd waͤg ich
13 mich gegen euch ( umb vilfaltige früntschafft/ so mir von
14 euch bewisen ) erzeigen wolt/ damit ich nit als ein grober
15 undanckbarer vilfaltige guͦtthaten/ unvergolten liess hinschleichen.
16 Ist mir eben gleich zuͦ gedancken kummen/ das
17 ir vil lieber suͤn haben/ so ihr zuͦ dem loblichen unnd kunstlichen
18 handtwerck des Goldtschmidens abrichten. Und dieweil
19 nun diss handtwerck sunderlichen erhaischt/ das die ( so das
20 anderst nach rechter art under stehn zuͦ lernen ) sich gar weit
21 in die land/ Koͤnigreich und Provintzen auff die wanderschafft
22 begeben muͤssen/ Hab ich sovil mir muͤglich/ euch und eweren
23 suͤnen/ diss buͦchlin also zuͦ gefallen zuͦsamen gelesen. Inn welchem
24 erstlichen gar kurtz gemelt würt/ wie ein hart und
25 beschwerlich ding es ist ( ja ein herb und vil mer bitterer muͦss
26 zuͦ essen/ dann karpffen gallen oder colloquint ) so einer einen
27 zenckischen/ ungetrewen nachbaurn umb sich leiden muͦss.
28 Zuͦm andern würt angezeigt/ wie sich zuͦvil malen begeben
29 thuͦt/ das zwen guͦter fründ unbekanter weiß zuͦsamenkumen/
Seite 6
1 und früntschafft zuͦsamen suͦchen/ sind doch nit einer lands art/
2 haben einander nie erkant/ und werden doch solche fründ
3 miteinander/ das ir fründtschafft nimermer ausgelest werden
4 mag. Zuͦm dritten würt ein feine gotselige hochzeit hierinn
5 beschriben. Item wie man die kinder/ so sie anheben zuͦ erwachsen/
6 zuͦr ehr Gottes sol aufferziehen/ demnach zuͦ handtwercken
7 anfuͤren/ und so man die wandren schicken wil/ wie
8 man in ein underricht geben sol/ damit sie sich gegen herren
9 und frawen/ kind und gesind/ gebuͤrlich wissen zuͦ halten. Ihr
10 werdet auch sunderlich hierin vernemen/ von einem guͦten
11 und getrewen nachbauren/ wie dapffer und mannlich er sich
12 gegen seines nachbauren feinden gehalten hat/ und wie im
13 auch der selbig sein guͦtthat und früntschafft so dapfer hinwiderumb
14 vergolten. Und das einem jungen zuͦm fürnemlichsten
15 warzuͦnemen ist/ in sunderheit denen so mit silber und
16 gold/ Edlen gestainen oder in andren grossen haͤndlen/ mit
17 kostlichen wahren umbgond/ werden sie gar fein hierinnen
18 berichtet. Erstlich das sie sich boͤser geselschafft ( so dem spiel/
19 schlecken und den hüpschen frawen anhangen ) entschlagen/
20 sollen sie in irer herren heuser gewoͤlb oder gaͤden/ nit kummen
21 lassen/ dann offt ein solcher boͤser vogel/ auff ungewischten
22 baͤncken findet/ ehe dann das ander leut verlieren/ Dardurch
23 dann offt mancher frumer junger verargwont würt/ des
24 so er im all seine tag nie in sein sinn nam/ des ich euch wol ein
25 frisch Exempel sagen wolt. Zuͦm letsten würt auch den jungen
26 und alten fürgebildet/ so einer geschaͤfft oder gewerb halben
27 an fremde unerkante Nationen zeucht/ das im nit nutz ist/
28 seinem wirt oder anderen unbekanten/ sein handel/ geschefft
29 oder gewerb/ anzuͦzeigen/ er habe dann die selbigen gnuͦgsam
30 erfaren und erkennen lernen. Diser und derengleichen warnungen
31 ( so nit all gemeldet ) werden in disem kleinen buͤchlin
32 begriffen/ welchs ich zuͦsamen gelesen/ sidhar ich von Colmar
33 verruckt und gon Burckhaim gezogen bin. Bit euch hiemit
34 lieber gevatter/ woͤllend diss also guͦter fründtlicher mainung
35 von mir auffnemen/ wie ich das guͦter meinung an tag kummen
Seite 7
1 lassen/ Nit das wir unser freündtschafft damit erneweren woͤllen
2 ( dann das soll gantz ferr von mir sein ) dieweil unser
3 freündtschafft noch nie veraltet/ darff sie auch keins ernewrens
4 nit/ sunder woͤllend die mit disem buͤchlin bevoͤstigt haben.
5 Erbeut mich hiemit in allem dem/ so mir müglich ist/ euch
6 mein armen dienst allzeit zuͦ beweisen/ Will also euch und die
7 euweren Got in seinen schirm befolhen haben. Datum Burckhaim
8 den andren Januarij/ Nach unsers Herren und saͤligmachers
9 gebuͦrt/ Tausent Fünffhundert fünfftzig und sechs
10 Jar.
11 Ewer allzeit Dienstwilliger
12 Georg Wickram Stattschreiber
13 zuͦ Burckhaim.
Seite 9
1 Von guͦter Nachbaurschafft/ zuͦm Leser.
2 ES habend sich unsere voraͤlteren früntlicher lieber Leser/
3 vil und fast beflissen/ das sie sich inn den Nachbaurschafften
4 fein früntlich zuͦsamen gehalten/ unnd etlich tag im jar sunderlich
5 darzuͦ bestimpt/ an offenen strassen/ tisch und baͤnck
6 auffgericht/ ire speisen zuͦsamen getragen/ und also tugentlich
7 miteinander gessen/ in zucht und ehren beieinander gesessen/
8 Wo dann etwo gemeine brunnen gewesen so sie erschoͤpfft/
9 ists dero geleichen auch zuͦgangen. Es haben auch zuͦzeiten die
10 naͤchsten nachbauren ( so mit ihren heuseren an einander
11 gestossen ) solche freuntschafft und liebe zuͦsamen gehabt/ als
12 wann sie bluͦtverwante freund gewesen/ Inn aller widerwertigkeit/
13 kranckheitten und truͤbsal/ sind sie nimer von einander
14 gewichen/ Nit solche muͦsfründ ( wie man der leider vil wider
15 und fuͤr findet ) gewesen/ Die selbigen sind nimer liebere
16 freund dann wann man schwein unnd kaͤlber metzget/ Da
17 man nit vil krancken warten unnd troͤstens darff/ der selbigen
18 bauch freund sind yetzunder sehr viel auff erdt/ Welches dann
19 ist ein sundere ursach diss meines gedichts/ darinn ich dann
20 die beyden Gattungen ( so viel mir ye müglichen sein mag )
21 abmalen will.
22 Zuͦm andren ursachet mich auch der gros unfleiss der Teutschen
23 Lehrmeister/ und guldinschreiber/ Dann ob
24 sie gleich die kinder auff schreiben/ rechnen und lesen wol
25 abrichten/ Werdend sie doch gar keiner mores/ zucht noch
26 geberdiger sitten/ von inen underwisen. Und so sie dann zuͦ
27 handtwercken kumen/ wissen sie weder har noch dar/ wie sie
28 ein meister/ frawen oder gesellen halten sollen. Künnend oder
Seite 10
1 wissend auch nit/ wie sie eim biderman zuͦsprechen/ antworten
2 oder fragen sollen. Als dann sind ihre meister gleich als hinlessig
3 als die anderen/ wann sie nur waidlich hudlen und sudlen
4 bey inen/ moͤgendt sie sunst leicht zucht unnd hofligkeit
5 künden. Wann sie dann ausgelert haben/ lauffen sie dahin wie
6 das liebe vieh/ meinen sie habend ihre jar der lehr schon
7 überkummen/ so muͤssend sie erst von newem anheben. Bey
8 keinem rechtgeschaffnen meister moͤgen sie bleyben/ ziehen
9 also von einem fretter unnd sudler zuͦ dem anderen/ unnd
10 kummend also umb die zerung so ihn ire aͤlteren/ voͤgt oder
11 vormünder geben haben. Darnach greiffen sie die büntel an/
12 yetzund ein hembd/ darnach ein par stümpff/ Unnd wann wir
13 dann nichts mehr haben/ nemmen wir den ausgesognen/ laͤren
14 büntelsack in rockermel ( so wir anderst nit umb den rock auch
15 kumen sind ) in das vatterland eylend/ ander provision zuͦ
16 holen/ etwan bleiben wir gar daheymen/ wissend mehr und
17 haben mehr erfaren/ dann alte und gewanderte gesellen/ so
18 wol alters halben unsere vaͤtter weren. Desshalben/ lieber
19 leser oder zuͦhoͤrer/ euwer baider ungunst zuͦ vermeiden/ hab
20 ich mich zuͦ forderst entschuldigen woͤllen/ wo dir villeicht
21 allemal dises buͤchlin an das maͦntelin würde greiffen/ oder
22 sagen das dir vor wissend wer/ wie es dir vor jaren in
23 disem oder jenem land wer gangen/ da dann broth eischen
24 dein best handtwerck war/ sunst hettest du dich bettlens nit
25 erweren moͤgen/ Hey so gedenck doch das dir diss buͤchlin zuͦ
26 keinem tratz noch nachtheil gemacht/ Dann wie dirs gangen
27 ist/ so mags iren noch mehr gangen sein. Hiemit lieber leser
28 bewar dich Gott.
Seite 11
1 Wie ein Reicher Kauffman/ so zuͦ Antdorff gesessen/ mit
2 einem seinem nachbauren zuͦ unfriden ward/ von wegen
3 irer bayder kind/ was grossen unrhats darauß erwachsen
4 thet.
5 DIeweil ich im ingang meines buͤchlins verheissen hab/ von
6 guͦten unnd boͤsen nachbauren etwas zuͦ schreiben/ will ich
7 dannocht hierin gar niemants gemelt haben/ aber laß dirs
Seite 12
1 gleich gelten lieber leser/ dise nachbaurn sein gleich in Holant
2 oder Brabant / Schwaben / Elsas / oder Breißgaw / dahaim
3 gewesen/ so laß dannocht dise ding geschehen sein/ Darumb
4 merck nuͦr eben auff. Es hatt vor jaren gewonet ein reicher
5 tugentsamer Kauffherr/ inn der statt Antdorff / mit namen Robertus /
6 welcher von mengklich jung unnd alten/ in hohem
7 wert gehalten was/ nicht weniger hette auch sein hausfraw
8 ein guͦt lob vonn wegen ihres tugentlichen unnd holdtsaͤligen
9 wandels/ sie was ein weib der ehren ein liebhaberin/ Den
10 beyden het under anderem zeitlichen guͦt/ Got der Herr auch
11 vil schoͤner und lieber kinder bescheret/ Die wurden von in
12 gar wol und ehrlich aufferzogen/ sovil unnd inen beyden
13 sammen müglich war/ hielten sie ire kinder darzuͦ/ das sie
14 niemants belaidigten/ weder in kleinem noch in grossem/
15 deßhalben sie von gemeiner nachbaurschafft gezartet und liebgehalten
16 waren. Man sagt aber gemeinlich/ der Esel stand so
17 wol er ymer woͤlle/ muͦß er dannocht das kreutz tragen/ also
18 gieng es auch disem Roberto / und im warde zuͦvilmalen für
19 seine wolthaten fast übel gelont/ Er het einen zaͤnckischen/
20 arglistigen/ und alventzischen nachbauren/ der was ein
21 Tuͦchbereiter/ der hett vil knecht auß fremden nationen und
22 landen/ wann die also bey einander waren/ erzalt ir yeder was
23 in seiner haimat landtleuffig unnd breuchig wer. Nuͦn het der
24 Tuͦchbereiter einen suͦn/ gar ein argen/ verlognen/ muͦtwilligen/
25 eygensinnigen/ boͤsen lecker/ der nam yeder zeit mit
26 fleis acht/ uff die reden so die gesellen mit einander hetten/
27 wann er von in kam/ wußt er vil mer darvon zuͦ sagen/ dann
28 keiner under dem hauffen/ kam dann also zuͦ herr
29 Roberten kindern/ sagt von der sach/ als ob er die selb gesehen
30 und erfaren het. Das het der guͦt Robertus war genummen/ den
31 jungen ( der dann yetzund fast die vierzehen jar uff im het ) mit
32 guͦten worten gestrafft/ im dabey anzeigung geben/ wie gar
33 übel diss einen jüngling zieren thuͤe/ so er seiner wort so milt
34 sey/ dann man sprech gemeinlich/ wer vil redt der muͤß vil
35 erfaren und gelesen haben/ oder aber muͤß vil darunder liegen/
Seite 13
1 so sey er noch nit der jaren/ das er die ding alle ( deren er sich
2 rhuͤme ) erkundiget habe/ ob er gleich wol ein jar/ zwey bey
3 seinem vetteren zuͦ Mecheln gewesen/ moͤg er doch der ding
4 nit sovil erfaren haben: Mit semlichen und deren gleichen
5 worten/ vermeint der guͦt Robertus etwas guͦts bey dem jungen
6 anzurichten/ aber sein muͤh und arbeit gar umb sunst was. Als
7 aber der jung seiner weiß nicht abston wolt/
8 sunder gantz darauff beharret/ verbot Robertus
9 seinen kindern ( damit sie nit der
10 lugen bey im gewonten ) das sie gedencken
11 und luͦgen solten/ kein gemeinschafft mit
12 im zuͦ haben/ im seiner lugen und dant gar
13 nit zuͦ losen/ sunder wann er sich also under
14 sie mischen wolt/ solten sie von im gon/
15 und im sein wesen allein lassen. Diß stuͦnd
16 nit sehr lang an/ der Tuͦchbereiter nam sein
17 acht/ satzt seinen suͦn zuͦ red/ was die ursach wer/ das des
18 nachbauren kind so abscheulich ab im sich stalten/ die weil
19 sie doch allwegen seiner geselschafft begert hetten. Der jung
20 so zuͦ seinem alter gar zuͦ listig was/ zaigt seinem vatter einen
21 langen tant an/ so Robertus mit im solt geredt haben/ in so
22 hart der lugen gestrafft/ so er im doch sein lebenlang keine
23 nie gesagt hett/ demnach seinen kinden verbotten/ kein
24 gemeinschafft mer mit im zuͦ haben/ diss allein wer die
25 ursach so er von ihm begert zuͦ wissen. Der Tuͦchbereiter ( so
26 von art ein hochbruntzer was/ und aber darneben/ gar wenig
27 und schier gar kein glauben auff in zuͦ setzen ) nam die sach gar
28 schwer auff/ vermaint nit/ das man seinen kindern ( wie übel
29 die handleten ) inreden solt/ er was gantz und gar über den
30 guͦten herren Robertum erzürnet/ lieff mit angehencktem
31 schwert für sein thüren/ fand in von ungeschicht in seinem
32 laden sitzen/ sich in etlichen registeren zuͦ ersehen/ Ungewarneter
33 sach fieng der Tuͦchbereiter an/ mit greußlichen
34 worten zuͦ reden/ " Nachbaur " sagt er/ " sagend an/ was hat
35 mein suͦn schantlichs oder laͤsterlichs verwircket? oder binn
Seite 14
1 ich nit so guͦt noch der ehren/ das ewre kinder geselschafft mit
2 den meinen haben mügen/ das beger ich einmal von euch zuͦ
3 vernemen? " Der guͦt herr dem diss gar ein rauhe sach war/ so
4 hett er auch sunder zweifel der red/ so er mit seins nachbaurn
5 suͦn gehabt/ lang in vergess gestelt/ derhalben er von solchem
6 greußlichen anfaren etwas schrecken empfieng/ so schambt er
7 sich auch von wegen der für gonden weiber/ und maͤnner/
8 das er also von seinem naͤchsten nachbaurn solt über rumplet
9 werden. Er sagt mit saͤnffter stim/ " Lieber nachbaur/ ir überfarend
10 mich gar ungewarneter sachen/ ich bit euch von wegen
11 guͦter nachbaurschafft/ habt ir etwas mit mir zuͦ reden/ gond
12 zuͦ mir inn mein hauß/ es ist euch doch zuͦ yeder zeit offen/
13 unnd gar nicht verbotten harin zuͦ gon. " " Das geschicht ( so
14 mir S. Antonius helff ) nimmer " / sagt der Tuͦchbereiter/
15 "Dann welch hauß unnd hoff/ meinen kinderen verbotten
16 sind/ deren kan und will ich mich auch wol enthalten/ das ich
17 nit viel stain an dem pflaster darinnen zertret/ eh wolt
18 ich das himlisch fewr verbrant ein sollich hauß/
19 und hoffreitine. " Robertus sagt/ " Da woͤlle Got vor sein/ wie
20 mügen ir einen semlichen freflichen wunsch thuͦn/ nuͦn würd
21 es euwerem hauß gar vil zuͦ nahend sein/ so dem meinen etwas
22 args widerfaren solt? Lieber nachbaur nit also/ wir woͤllend
23 guͦte liebe freundt mit einander sein/ Und uns der kinder
24 sachen nichts beladen/ dann sich in ire sachen gar nicht zuͦ
25 legen ist. " " Das mag ein anderer ihngon/ mir aber ist meiner
26 kind eins lieber/ dann alle nachbauren so hinder mir und vor
27 mir sind. " Robertus stuͦnd auff von seinem sitz/ wolt dem unnützen
28 mann seiner taͤding nit mer zuͦ hoͤren/ unnd er gieng in
29 das hinderist theil seines hauses/ damit er nit ursach gewün/
30 seinem nachbauren weiter antwurt zuͦ geben. Erst kam seines
31 nachbauren weib/ ein schaum von einer boͤsen befftzin/ die
32 fieng erst an/ das kind mit dem kübel umb zuͦ werffen/ und
33 auß zuͦ giessen/ Da was aber niemant/ so auff ire red antwurten
34 wolt/ nicht dest weniger/ bal sie für und für/ wie ein jaghündlin/
35 so vorlaut/ und doch kein wiltbret vorhanden ist.
Seite 15
1 Auß solchem irem jaͤmerlichen geschrey/ sich gar viel volcks
2 vor herr Robertus hauß versamlet/ zuͦ dem was diser boͤß
3 mutz/ aller welt ires boͤsen mauls halben wol bekant. Als aber
4 niemants zuͦ gegen was/ so ir antwurt geben woͤllen/ hat sie
5 zuͦ letst von ir selb nachgelassen. Es ist aber diß ein anfang gewesen/
6 eines unablaͤßlichen hader und zancks/ so da nimmermer
7 hat außleschen woͤllen/ bis zuͦ letst/ der guͦt Robertus hatt
8 einen weiten geben muͤssen/ Dann er kund spüren und sehen/
9 das im der Tuͦchbereiter/ alles/ so er erdencken mocht/ das
10 im ein leiden und verdruß was/ anfing/ und was er durch
11 eygne person nit kund oder mocht zuͦ wegen bringen/
12 da richt er seine knecht/ und maͤgt/ weib und kind an/ damit
13 dem guͦten herren gar vil trutz bewisen ward. Es waren des
14 Tuͦchbereiters maͤgt dahin abgericht/ wann sie nur ein spuͤlwasser
15 auß schutten/ geschahe es der mas/ das dem guͦten
16 herren sein laden damit verunreiniget und besprentzt ward/
17 Des nachtes/ schutten seine knecht allen unrhat von oben ab/
18 alles dem guͦten Roberto für sein hauß/ davon dann summers
19 zeit ein armer geschmack entstuͦnd. Nuͦn spricht man/ wann
20 ein Jud / einem gar übel wünschen woͤlle/ so wünscht er im
21 einen boͤsen nachbauren/ das sey nuͦn oder nit/ so ist es fürwar
22 ein boͤser und arger wunsch/ Gott behuͤt eynen yeden frumen
23 menschen darvor/ Ich muͦß bekennen/ das es ein langwirigs
24 ding ist/ dann ichs zuͦm theil auch versuͦchet hab/ So hab ich
25 auch ein reiche witfraw erkant/ deren mocht ein nachbaur
26 leicht ettwas überzwerchs in weg legen/ so gieng sie hinach
27 ein jar oder zwey on reden mit im/ wiewol sie sunst ein grosse
28 geisterin was/ lag für fewr in der kirchen/ und ob dem
29 Hortulus Anime sass sie gantz gedeicht/ taͤglich ir siben zeit
30 betten/ als wann sie ein closterfraw gewesen. Ob aber sollichs
31 aus eim guͦten grundt geschehen sey/ oder aus einem spiegelfechten
32 vor der welt/ ist mir verborgen. Das aber wais ich
33 wol/ als sie in ein grosse und langwirige kranckheit gefallen
34 ist/ hatt sie nit sunderlichen vil nach gaistlichen dingen geforschet/
35 Dann gar wenig tag vor ihrem absterben/ hatt man
Seite 16
1 sie über iren schatz ( wie schwach sie gewesen ist ) fuͤren muͤssen/
2 bald darnach ist ir aller verstand und red empfallen/ hat weder
3 wortzeichen noch nichts geben mügen/ das so man ir zuͦgesprochen/
4 ist alles umb sunst gewesen/ und
5 nach dem sie lang in eynem ernstlichen wesen gelegen/ ist sie
6 zuͦ letst on alle vernunfft ungeredt/ auß disem jamerthal
7 gefaren/ Der Almechtig Gott verzeihe ir armen seelen und
8 uns allen amen. Diss hab ich allein darumb hier in geflickt/ ob
9 doch yergent solche hartnaͤckige leut/ und unfrüntliche nachbauren/
10 dise ware geschicht hoͤren lesen oder selb lesen/ sie
11 ir boͤsen weiß abstanden/ ir red gegen irem naͤchsten/ nit also
12 aus neyd und hass sparend/ damit in/ an irem letsten end/ nit
13 an irer sprach manglen werde/ Davon sey zuͦ disem mal genuͦg
14 gesagt. Jetz kum ich wider an den Robertum der sich seines
15 nachbaurn halben groͤßlich bekümmert/ Jedoch nam er im mit
16 andren nachbauren guͦt geselschafft/ richt zuͦ vilmalen guͦte
17 malzeiten zuͦ/ beruͦfft sie/ damit sie froͤlichen und guͦts muͦts
18 miteinander weren/ Das wolt dann den Tuͦchbereiter schellig
19 und unsinnig machen/ und vermeinet/ dieweil er dem Roberto
20 feind wer/ es solt in yederman von seinetwegen hassen/ wie
21 man dann vil solcher dopleter stocknarren findt/ wann sie
22 eim feindschafft tragen/ muͦß als ir gesind den selbigen
23 hassen/ sie ziehen auch ir kinder darzuͦ/ vermeinen auch darneben/
24 ire guͦten freundt sollend den jenigen feindschafft
25 tragen/ so er in doch all sein tag leids nie gethon hat.
Seite 17
1 Wie dem Roberto sein weib inn ein grosse kranckheit
2 falt/ aber bald wider uff kummet/ seine kinder aber sterbend
3 im alle biß an sein jüngste tochter.
4 MAn sagt gewonlich/ und ist auch selten faͤl/ wann
5 einen unglück reiten will/ so kumpts hauffenweis/ also giengs
6 auch dem guͦten Roberto / er was bekümmert mit seim boͤsen
7 nachbauren/ Dieweil er im allen widerdries/ so er erdencken
8 mocht/ zuͦfuͤget/ und er im dargegen gern all freundtschafft
9 bewisen hett/ im unnd den seinen/ aber gar umbsunst was.
10 Es was auch die guͦt Sophia nit wenig
11 bekümmert/ ires haußwürts halben/ umb
12 das er ihm die sach so schwer auff nam/ so
13 sie bests mocht understuͦnd sie im das auß zuͦ reden/
14 "Lieber haußwirt " sagt sie/ " was
15 gedenckest du doch/ das du dich die ding
16 so hart last bekümmern/ nuͦn bedürffend
17 wir doch ( Got hab lob ) unsers nachbauren
18 gar nichts. Es hatt uns Gott der Almechtig/
19 mit narung versehen/ das wir im nit bald
20 zuͦ gnaden kumen doͤrffend/ das du dich also bekümmerst/ ist
21 ihm ein grosse ergetzligkeit und hertzliche freud/ Ich wolt ihm
22 für war nit sovil zuͦ gefallen thuͦn. Nuͦn haben wir doch sunst
23 andre vil guͦter nachbaurn/ so uns alles guͦts günnen/ mit den
24 selbigen suͦch dir freud und kurtzweil/ Es haben doch gemeinlich/
25 all unser nachbaurn schoͤne und lustige gaͤrten/ darinn
26 sie vilmalen spatzieren gohn/ mit in wolt ich geselschafft
27 haben/ und sie zuͦ gast heim zuͦ haus laden/ damit würstu
28 unsern ungünstigen nachbaurn nit ein solliche freud machen/
29 als wann du also trostmuͤtig daheimen beleibst/ uff dir selb
30 sitzen. " Dise und der gleichen trostung gab Sophia irem haußwirt/
31 des er ir auch gaͤntzlich volget/ und nam im sehr vil freud
32 mit inen/ Es mocht aber das wanckelmuͤtig und unsteht glück/
Seite 18
1 dem guͦten frumen Roberto die freud nit lang vergunnen/
2 sunder vermischt im die mit bitterem trawren und
3 schmertzen/ Dann erstlichen ward im Sophia / sein liebste
4 gemahel/ mit toͤdtlicher kranckheit beschwert/ also das ir
5 niemants irs lebens troͤstung zuͦ saget/ wiewol sie in kurtzen
6 tagen wider zuͦ gesuntheit und krefften kumen ist/ so hatt sich
7 doch ein ander leid dem guͦten Roberto zuͦ tragen/ Dann er
8 hett vier schoͤner ausserlesener knaben/ die im gantz gehorsam
9 und underdienstbar waren/ auch von im zuͦ der ehr Gottes in
10 aller forcht aufferzogen/ Zuͦ den selbigen hett er sechs wol erzogner
11 schoͤner toͤchteren/ die im und seinem weib fast lieb
12 waren/ die sturben im alle nacheinander/ naͤher dann in einem
13 monat/ das ihm nuͦr die jüngst tochter under allen kindern
14 belib/ davon im dann sein hertz moͤcht zersprungen sein/ es
15 mocht ihm sein leid niemandt außgereden/ So gehuͦb sich
16 Sophia sein weib/ nicht weniger übel dann er/ also das keines
17 dem anderen einen trost hett geben künden.
18 Es hett aber Robertus einen andren guͦten
19 nachbauren/ der selbig und sein weib/ in
20 aller angst und nodt nie von im gewichen
21 waren/ der redt im die sach auß sovil im
22 yemer müglich was. Als er aber mercket das
23 sein trost und außreden gar nichts verfahen
24 wolt/ gedacht er im andre mittel für die
25 handt zuͦ nemen/ Er hett ein guͦten freundt/
26 so vil bey im auß unnd yhn gieng/ der was ein Holender / ein
27 über die maß gelerter mann/ mit dem selbigen überlegt er die
28 sach der maß/ und sagt zuͦ ihm/ " Mein hertz aller liebster und
29 getrewister frünt/ ich hab ein sehr grosse bit an euch zu
30 gelangen/ wo ir mir in dem zuͦ willen würden/ moͤchtend ir
31 mir groͤsser lieb und früntschafft nit beweisen. " Der gelert
32 man/ hatt sich auff solche wort nit lang genumen zuͦ bedencken/
33 sonder gesagt/ " Guͦten freunden ( so anderst die freundtlicheit
34 nit ein angenumne und falsche freundtschafft ist ) will
35 sich in keinen weg gezimmen noch gebuͤren/ etwas freuntlicher
Seite 19
1 bitt ab zuͦ schlagen/ ja wann die schon biß in den tod hinein reichen
2 solt/ yedoch das die selbig nit ehrberuͤrig sey/ Darumb
3 mein freunt/ woͤllest mir deine anmuͦtung eroͤffnen/ will ich
4 dir fast gern ( so mir anderst müglich ) inn disem und anderem
5 willfaren. " Darauff sprach der guͦt nachbaur des Roberti
6 "Mein lieber und guͦter freundt/ dir ist on allen zweyfel wol
7 küntlich/ mein freuntlicher lieber nachbaur Robertus der
8 kauffman/ ein mann erbars wandels/ der seinem hauß wol
9 vorstath/ seine kinder ( denen Got genad ) wol und Christenlich
10 erzogen hat/ alles sein haußgesind zuͦ der ehr Gottes auffbawet/
11 Gotslesterung und andere laster geduldet er an keinem so
12 under seinem muͦß und brot sein woͤllend. In summa/ er ist
13 ein solcher/ so yederman inn seiner widerwertigkeit troͤsten
14 kan/ ihm selb aber/ ist er in seinem eygnen truͤbsal gantz
15 trostlos. Es hatt sich in kurtzer zeit zuͦ tragen/ das im neune
16 seiner lieben kinder einander nach auß diser welt verscheiden
17 sind/ und im/ von zehen schoͤner kindern/ nit mer dann ein
18 einige als die jüngst tochter über beliben ist/ Des sich dann
19 der mann ( und nit unbillich ) so gar übel geheben thuͦt/ sein
20 klag von tag zuͦ tag mert/ Also das im niemant die sach außreden
21 kan/ Nuͦn aber waiß ich dich/ dermassen in der heiligen und
22 Goͤttlichen schrifft erfaren/ so du dein fleis mit im understast/
23 würst du in bald von seinem fürnemen abwenden/ und auff
24 ein Christliche ban bringen/ so dann hab ich die sach also angeschantzet/
25 damit er nit mercken solt/ das ich mich mit dir
26 seinethalben bespracht hette/ In meinem hauß will
27 ich ein guͦt herrlich mal zuͦrichten lassen/ den Robertum
28 sampt seinem weib zuͦ gast darzuͦ berüffen/ Dann ich weis
29 ( wiewol er yetzund leidig nit gern aus gath ) das er dannocht
30 mein bitt nit abschlagen würt " / Diss ward also von dem
31 gelerten man angenumen/ unnd das mal auff den naͤchst
32 künfftigen tag harnach angeschlagen.
Seite 20
1 Wie Robertus von seinem guͦten freundt und nachbaurn
2 zuͦ gast geladen/ und Robertus mit dem gelerten man zuͦ
3 worten kumpt.
4 DEr guͦt freunt/ dem die sach mer angelegen dann er
5 niemants oͤffnet/ fuͤgte sich des abents in das haus Roberti / den
6 fand er noch mit grossem kummer umbgeben/ er troͤst in
7 nach seinem vermügen so best er mocht/ Zuͦ letst bat er in/ er
Seite 21
1 und Sophia wolten den künfftigen tag das morgenmal mit ihm
2 essen/ dann er gar niemants dann guͦte freund darzuͦ beruͦffen
3 hett/ so im gar anmuͤtig und nit zuͦ wider sein würdend.
4 Robertus wiewol er mit grossem ellend und jamer umbfangen/
5 noch wolt er seinem guͦten freunt die bitt nit abschlagen/
6 sagt im also zuͦ/ wo im Gott gesuntheit verleihen/ wolt er unnd
7 sein gemahel zuͦ rechter zeit erscheinen/ Des sich dann sein
8 nachbaur sehr erfrewet. Als er nuͦn urlaub von Roberto nam/
9 heim zuͦ haus keret/ seinem weib befalh/ allen müglichen fleis
10 anzuͦwenden/ und auff den mornigen tag uff den ymbis/ ein
11 guͦt mal anzuͦschicken/ des im sein weib gantz willig was. Also
12 ward auff den künfftigen tag das mal mit grossem lust zuͦgericht/
13 zuͦ gelegner zeit kamen die geladnen gaͤst/ wurden von
14 dem wirt und seinem weib froͤlich empfangen/ und ein jeder
15 an die stat nach dem er wirdig was/ gesetzet. Die trachten gar
16 kostlich unnd wolbereit fürgetragen. Der gelert man ( von
17 welchem oben gesagt ) fieng an ein schon Benedicte zuͦ sprechen/
18 Gott den allmechtigen bittend/ das er ihn dise zeitliche
19 und fürgesetzte speis/ durch seine milte guͤt und genad
20 benedeyen und segnen wolt/ in auch die genad verleihen/ das
21 sie gedachter speis und dranck nit zuͦvil zuͦ inen nemen/ damit
22 sein Goͤtlicher nam nit dar durch geunehret noch gelestert
23 würde. Als sie nuͦn alle amen gesprochen hand/ haben sie die
24 speis mit züchten genossen/ Da ist yederman
25 zimlich froͤlich gewesen/ allein Robertus der hatt einen seufftzen
26 über den anderen gelassen/ und sich gantz trawrig erzeiget/
27 das dann die andren seine lieben nachbaurn und freundt
28 auch trostmuͤtig gemacht hat. Der gelert man/ so hart neben
29 Roberto gesessen gewesen ist/ hatt in mit gar sanfftmuͤtigen
30 worten angeredt/ " Lieber herr Roberte / was bekümmert euch
31 so schwerlichen/ das ir so gar nit guͦter dingen sein woͤllen? "
32 Darauff antwort Robertus / " O freundt / den grossen kummer
33 und meines hertzen beschwernus/ so ich trag/ nit müglich ist
34 zuͦ erzalen/ Damit aber ir dannocht zuͦm theil bericht empfahend/
35 so wissend das mir Gott durch sein milte gnad/ zehen
Seite 22
1 schoͤner kinder beschert/ mit welchen ich grosse freud und
2 ergetzligkeit gehabt hab/ die selbigen/ hatt mit Gott der Herr
3 in gar kurtzer zeit einander nach genumen/ bis an mein jüngste
4 tochter/ die ist von solcher kranckheit wider auffgestanden.
5 Nuͦn krenckt mich erst noch mehr ein ungetrewer und gar unfreündtlicher
6 nachbaur/ so ab meinem jamer so gar ein gros
7 wolgefallen hatt/ das mag er auch im selb nit allein behalten/
8 dann er sich sonderlichen beflissen/ wann man meiner kinder
9 leichen zuͦ grab getragen/ hatt er sein gesind dahin gericht/
10 das sie von heller stimmen an hand gefangen zuͦ singen/ so
11 doch ein yeder nachbaur billichen ein mitleiden mit dem anderen
12 haben solt. " " Das wer wol billich und recht " sagt der glert
13 man/ " Es ist aber im dest weniger lobs nach zuͦ sagen/ auch
14 ist seiner ehren nit dester mer/ würt im auch gwißlich/ solcher
15 hochmuͦt und trutz unvergolten nicht beleiben/ Dem allen
16 aber/ sey wie im woͤlle/ so wend wir das nodtwendigst an die
17 hand nemen/ und einen trost suͦchen/ der abgestorben
18 kinder halben. Es ist dem menschen und allen thieren sampt
19 dem geflügel/ von natur angeboren/ das ein yedes seine jungen
20 lieb hat/ ir sterben und verderben nit gern sicht/ Der mensch
21 aber soll ein underschaid haben des orts/ seiner kinder halben/
22 Also/ das er bedenck/ wohar im die kummen und wer im die
23 geben hab/ das auch der selbig die macht wider zuͦ seinen handen
24 und gwalt zuͦ nemen/ wann das sein Goͤtlich wolgevallen sey/
25 wie der guͦt frum selig Job spricht/ in seinem buͦch am
26 1. cap. Als ihm botschafft kam/ wie seine kinder bey einander
27 gewesen in des erstgebornen bruͦders hauß/ unnd hetten
28 alda ein gros fontanium und wolleben gehalten/ Da sie sich am
29 wenigsten besorgt/ wer ein grosser wind von der wuͤsten har kummen/
30 und das hauß zerrissen/ also das es gantz zuͦ boden
31 wer gefallen/ und das volck alles im hauß zerschlagen/ bis an
32 den eintzigen knecht/ so darvon kummen was/ und dem Job
33 die geschicht erzalt/ Das was je auch ein arms jaͤmerlichs ding/
34 und ein erschrockenliche bottschafft/ einem vatter/ so seine
35 kind so hertzlichen liebet/ Deren het er auch zehen an der
Seite 23
1 zal/ siben sün unnd drey toͤchteren/ wann die bey einander
2 waren/ schlemten und praßten/ opfert er und bat Got für sie/
3 damit sie Got nit straffet/ umb ir üppigs leben. Als im nuͦn
4 solche botschafft kumen ist/ was hat er geton/ hat er auch mit
5 Got gezürnet? nein/ Dann er thet als ein vatter/ so wußt und
6 verstuͦnd er/ das die kinder nit lenger sein waren/ dann es war
7 der wil des Herren/ so im die geben und geliehen hett/ Wie
8 wol er dannocht vor leid seine kleider zerriß/ und fiel uff das
9 angesicht/ raufft sein har auß/ bettet unnd sprach/
10 Nackend binn ich auff erden von meiner muͦter leib kummen/
11 Nackend würd ich wider von hinnen faren/ Der Herr
12 hats geben/ der Herr hats genumen/ Der namen des Herren
13 sey gelobt. Wir lesen auch ein schoͤn Exempel/ an dem
14 Koͤniglichen Propheten David / an dem
15 12. Capitel/ im andren buͦch der Koͤnig/
16 Als das weib Urie ( welchen David het
17 lassen umbbringen ) im ein kind an die welt gabar/ und aber
18 das durch Gott mit kranckheit angegriffen ward/ wie dann
19 Nathan der Prophet dem David zuͦvor verkündet/ Da legt
20 David alle seine feyrtags kleider ab/ was gantz trawrig/ lag
21 nachts auff der erden/ und kund im niemants das trawren
22 außreden. Da nuͦn das kind starb/ wurden seine knecht angsthafft/
23 sagten zuͦsamen/ wer will dem Künig ansagen/ das das
24 kind gestorben ist/ Die weil kein trost an im verfahen woͤllen/
25 und dannocht das kindt noch in leben war? David aber
26 verstuͦnd an iren geberden/ das das kindt gestorben was/ wie
27 solt er ihm anderst gethon haben? Er fragt/ Ist das kindt todt?
28 und sie bekanten im das. Da stuͦnd David auff von der erden/
29 da er gelegen was/ er wuͦsch und salbet sich mit wolschmackendem
30 oͤl/ legt wider hochzeitliche kleider an/ und hies im zessen
31 bringen. Da in aber seine knecht fragten/ was er damit gemeinet/
32 sagt er/ im ist also wie ir saget/ Dann da das kind
33 noch in der kranckheit lag/ und lebet/ da weinet und fastet
34 ich/ und lag uff der erden zuͦ Gott ruͤffende/ dann ich gedacht
35 wer waißt ob mir der Herr gnedig sein moͤcht. Nuͦn aber ist
Seite 24
1 das kindt tod/ was hilfft mein fasten/ schreyen und klagen?
2 Ich mags darumb nit wider bringen/ Ich wais aber wol das ich
3 zuͦ im faren werd/ es kumpt aber zuͦ mir nit mer. Bei
4 disen zweien heiligen mannen/ sollen wir billich einen trost
5 fassen/ wann uns Got hie in disem zeitlichen jamerthal angreiffet/
6 unsere kinder zuͦ seinen Goͤtlichen genaden beruͤffet/
7 das wir nit zuͦ lang und vil trawren sollen/ und uns zuͦ sehr
8 darab krencken/ dieweil sterben ein natürlich ding ist/ und
9 allem dem so das leben auff erden bracht hat/ muͦß das mit dem
10 und durch den tod verwechßlen/ Fürwar ich muͦß hie loben
11 die antwurt/ so Anaxagoras der weiß Haid ( dem so ihm den
12 todt seiner sünen verkündet ) geben hatt/ Er gab kein andre
13 antwurt/ dann das er sagt/ Das wußt ich wol das sie einmal
14 sterben muͦßten/ dann sie wurden von mir als einem sterblichen
15 menschen geboren/ darumb sie auch sterblich gewesen sind.
16 Diser Philosophus/ wiewol er ein Haid gewesen/ hatt er doch
17 meines bedunckens wol/ und Gotselig geantwurt/ dann er
18 sich umb seine beide sün nit weiter dann billich gewesen
19 bekümmert hatt. Darumb mein aller liebster Roberte / woͤllend
20 euch auch ein maß ewers klagens setzen/ unnd wie oben von
21 David gesagt/ das so nit wider zuͦ bringen ist/ auffhoͤren zuͦ
22 klagen. " Robertus umb den guͦten und getrewen rhat dem
23 guͦten mann fleissigen danck sagte/ in auch darneben bat/ auff
24 diss mal nit mer darvon zuͦ sagen/ damit der wirt sampt seinen
25 andren gaͤsten/ nit ein verdruss ab irer beiden red nemen/ so
26 es ihm aber kein verdruß sein wolt/ wer sein bitt an ihn/ das
27 er des andren morgens zuͦ im kem/ ein kleins morgen süplin
28 mit im ess/ als dann wolten sie genuͦgsam von disen dingen
29 reden/ des was der guͦt mann gar wol zuͦ friden/ versprach im
30 auch seinen willen und bitt zuͦ volziehen. Also ward die überentzig
31 zeit mit zimlichen freuden vertriben.
Seite 25
1 Wie Roberto botschafft von Lisabona kam/ von seines
2 vattern bruͦder/ der was gar ein alter reicher Kauffman.
3 DIeweil sie noch also an dem tisch sitzen/ essen/ und trincken/
4 so kumpt ein bot von Lisabona an das hauß/ und
5 klopffet an/ man schlos im behend uff/ fragt in was seine
6 geschefft werend/ er zeigt an/ wie er etlich brieff hett/ so
7 Roberto dem kauffman zuͦ stuͤnden/ das ward herr Roberten
8 bald angesagt/ also bat er den wirt das er verschaffen wolt/
9 das der bott für ihn kem/ das ward eylends außgericht. Als
10 nuͦn der bott für ihn kam/ empfieng ihn Robertus gar
11 freundtlich/ fragt in von wannen har sein raiß gieng. " Herr "
12 sagt der bot/ " Ich kum von Lisabona / ewerem vettern " / gab
13 im damit den brieff/ Des inhalt was/ wie er sein vetter yetzund
Seite 26
1 gar alt und schwach were/ so hett er gar kein kind/ und were
2 im sein haußfraw mit tod abgangen/ Zuͦ dem wißt er keinen
3 verwanten mer/ dann in/ Wer sein beger/ das er zuͦ Antorff
4 auffbrechen wolt/ und zuͦ im gehn Lisabona ziehen/ wolt er
5 ihm und seinen kindern/ alles was er hett/ übergeben/ und
6 er bey im auß und ein gehn/ und den tisch bey im haben. So
7 bald Robertus den brieff gelesen/ ist im von stundan sein
8 hertz und gemuͤt gehn Lisabona gestanden/ wiewol er nit
9 dergleichen thet/ noch sich gegen yemands mercken lies/ er
10 befalh dem botten haim in sein hauß zuͦ gohn/ darinn seiner
11 warten. Als bald nuͦn das mal vollendet worden/ habend die
12 gaͤst dem würdt gar freundtlichen danck gesaget/ sind demnach
13 von hoff geschaiden/ yeder inn sein behausung gangen.
14 Robertus hatt auch mit sundrem ernst haim geeylet.
15 Wie Robertus auß Antorff gehn Lisabona gezogen/ allein
16 das er von seinem ungetrewen nachbaurn kem/ unnd
17 seiner kinder dest eh vergessen moͤcht.
18 AUff gantzem erdboden/ ist nichts so dem menschen sein
19 vatterland mehr unnd ehe erlaiden kan oder mag/ dann so er
20 etwas taͤglich vor augen sehen muͦs/ so ihm verdrießlich ist/
21 unnd das aber nit wenden mag/ also gieng es auch dem guͦten
22 Roberto / auch in seinem vatterland/ wiewol im
23 an guͦt/ gar nicht manglet/ so bekümbret in doch die ungetrew
24 nachbaurschafft/ so ihm der Tuͦchbereiter taͤglich bewiß. Er
25 berhatschlagt sich kurtz mit seinem weib/ der gefiel die sach
26 dermassen so wol/ das sie irem mann taͤglich anlag/ er solt sein
27 sach nuͦr bald dahin ordnen. Also saumet sich Robertus nitt
28 lang/ verkaufft/ vertauscht/ verwechßlet/ sein hab und
Seite 27
1 guͦt/ wie er mocht/ In summa er macht sich in monats frist
2 gar wegfertig. Und als er yetzund gar sein sach zuͦ Antorff auff
3 ein ort gemacht/ hat er uff der freyen strassen vor seinem hauß
4 etlich tisch auff das kostlichest bereiten lassen/ und gar vii
5 seiner guͦten freündt und nachbauren darzuͦ beruͦffen/ gar kein
6 außgesündert/ dann den Tuͦchbereiter/ dem dann solche freud
7 fast weh im hertzen thet. Also letzet sich Robertus mit
8 ihn/ ließ auch einem yeden tischgenossen ein sundere herliche
9 letze/ sein darbey zuͦ gedenken/ des sie ihm all gar freundtlich
10 danck sageten/ Darneben klagten sie sein hinfart gar schwaͤrlichen/
11 wunschten auch dem vil unglücks/ so ihm ursach zuͦ
12 seinem abscheid geben hett. Als sie nuͦn das morgenmal/ und
13 auch den nachtimbis mit grossem kosten geendet hetten/
14 Robertus und sein weib Sophia sie fründtlich gesegnet/ und
15 darneben gebetten/ ihnen ( wo sie yemants erzürnt hetten ) zuͦ
Seite 28
1 verzeihen/ Also ist yederman zuͦ hauß gezogen. Des andren
2 tags/ hat Robertus all sein hab und guͦt zuͦ schiff verordnet/
3 und als es dem Patron des schiffs geschickt gewesen/ hatt er
4 alle die erforderen lassen/ so mit im in Portugal hand faren
5 oder schiffen woͤllen/ und hatt sich die zeit eben zuͦtragen/ das
6 sie auff einen freytag am morgen von land gefaren sind/ fast
7 guͦt wind und wetter antroffen. Es hatt auch Robertus alles
8 sein haußgesind knecht und maͤgt/ mit ihm gefuͤrt/ Dann sie
9 iren herren und frawen dermassen lieb und wert gehalten
10 haben/ das sie auch mit inen in todt gangen weren. Als sie
11 nuͦn gehn Lisabona kumen sind/ ist Robertus mit weib/ kind/
12 und gsind/ den nechsten in seines vetteren haus gezogen/ von
13 dem ward er gar früntlich und mit grossen freuden empfangen/
14 er übergab im all sein hab und guͦt/ zuͦ sampt dem gewerb/ und
15 einem grossen handel/ so er mit Edlem gestain het/ behielt im
16 nichts anderst vor/ dann ein sunder gemach/ damit er sein
17 rhuͦ haben moͤcht/ wann es im gelegen was. Robertus pflag
18 sein auch gar wol/ mit essen/ trincken/ und aller wartung/
19 befalh auch allem seinem volck/ das sie den alten
20 herren mer vor augen haben solten dann in selbs/ sollichs ward
21 alles nach seinem willen erstattet. Also lebet der guͦt alt man/
22 noch bis in die zehen jar/ da starbe er saͤligklichen. Er ward
23 von Roberto und seinem weib trewlich geklaget unnd beweinet/
24 auch ehrlichen zuͦ der erden bestattet/ Und ward
25 Robertus ein besitzer und herr alles des guͦts/ das dann zuͦ dem
26 seinen/ so er mit im auß Brabant bracht het/ einen seer grossen
27 hauffen machet. Er huͦb auch an seines vettern saͤligen handel
28 mit gewalt zuͦ treiben/ handlet viel in Engelandt / und Brabant /
29 auch gehn Venedig / und andere ort/ so lang/ bis er
30 zuͦ letst seiner tochter Cassandra eynen jungen kauffherren
31 gab/ da machet er sich auch rhuͤwig/ wie ihr nachmals vernemmen
32 werdt.
Seite 29
1 Wie zwen Reicher Kauffherren eines handels und gewerbs
2 zuͦsamen auff einem schiff kumen/ fründtschafft und geselschafft
3 zuͦsammen suͦchen/ Der ein fast kranck ward/ Der
4 ander sein gar trewlichen pflegen was/ und als sie gehn
5 Lisabona kumen/ zuͦ ihm in sein haus nam.
6 ALs auff ein zeit ein mechtig schiff mit kauffmanschafft von
7 Lunden aus Engeland / gohn Lisabona in Portugal gantz wol
8 gerüst fahren wolt/ Hand sich gar viel kaufleut zuͦsamen geschlagen/
9 sich mit einander verbunden/ in einer gemeinen
10 geselschafft auff disem schiff in Portugal zuͦ faren/ dann viel
11 under inen nie in dem Künigreich gewesen waren.
Seite 30
1 Under diser geselschafft was ein Hispanier / gar ein treflicher
2 feiner mann/ der selbig handlet nicht mit scheinlichen wahren/
3 sunder hett sein gelt in grossen geselschafften ligen/ Der
4 selbig herr hett im auch gon Lisabona zuͦ raisen für genumen/
5 kam zuͦ einem andren herren der zimliches alters was/ auff dem
6 schiff/ der dann seine wonung in der statt Lisabona hett/ zuͦ
7 dem selbigen gesellet sich der gemelt jung Hispanisch kauffherr/
8 wurdend der sachen so gar früntlichen eins/ das der alt
9 den jungen bitten ward/ wann sie gehn Lisabona kemen/ er
10 niergent anderstwo dann in seinem haus herberg suͦchen solt/
11 dann er wißt im guͦt gemach zuͦ schaffen. Der jung sagt im
12 semliches zuͦ/ dann er hett nit mer diener bey ihm/ dann nuͦr
13 ein knecht/ unnd ein jungen/ damit er niemant kein sunderen
14 überlast zuͦfügen mocht. Nuͦn begabe es sich in
15 einer nacht/ das den jungen kauffman ein gar hartes fieber
16 beruͤren ward/ davon er grossen schrecken empfahen thet/
17 Seine knecht sagten das dem alten kauffherren dem Portugaleser/
18 der entsatzt und erschrack der botschafft gar übel/ ja
19 nit anderst/ dann wer er sein suͦn gewesen. Er fuͤgte sich zuͦ
20 dem Patronen des schiffs/ bat in umb ein sunder gemach im
21 schiff/ er wolt ims wol bezalen/ damit der guͦt jung herr sein
22 rhuͦ gehaben moͤcht/ Das warde ihm zuͦ handt durch den
23 Patronen bewilliget/ und ward sein/ sovil ymmer müglich
24 sein mocht/ uff dem schiff gepflegen/ mit speis unnd mit
25 dranck/ auch mit anderer notdurfft. Der jung aber ward
26 dermassen so gar schwach/ das im niemant das leben zuͦ sagen
27 wolt/ Davon der alt solchen unmuͦt an sich nam/ das alle die
28 auff dem schiff/ sorgten/ er würd auch in ein kranckheit
29 fallen/ Zuͦ letst aber halffe ihnen Gott zuͦ land/ das sie ein Port
30 erlangten. Bald ließ der alt ein senffti oder ein rossbar machen/
31 damit er den jungen vollend gen Lisabona bringen moͤcht/
32 dann da gedacht er im wol rhat zuͦ schaffen/ mit vormittel der
33 hilff gottes/ der selb ist auch der gewiss artzet zuͦ leib und zuͦ
34 seelen. Also habend sie in wenig tagen die stat Lisabona
35 erreichet/ des dann der alt kauffherr fast fro gewesen.
Seite 31
1 Wie die beide kauffherrn gehn Lisabona komen/ unnd
2 freundtlich empfangen warden/ Auch wie der alt herr
3 befelch gab/ des jungen wol zuͦ pflegen.
4 SO man lang auff dem Moͤr gefaren ist/ und jetzunder
5 wider zuͦ land kumpt/ ist grosse freud bey allen denen/ so uff
6 dem schiff gewesen/ in sunderheit wann sie zuͦ haus kommen/
7 werden sie von weib/ kinden/ und dem gantzen hausgesind/
8 mit grossen freuden und frolockung empfangen/ Also gienge
9 es da auch zuͦ. Der alt kauffherr ritte mit etlichen seinen dienern
10 erstlich zuͦ haus/ die andern liesse er bey der bor/ befalh inen
11 nur gemach harnach zuͦ kumen/ dann er sorgt/ wo jemands
Seite 32
1 aus seinem gesind die bor gesehen/ würden sie sich darab entsetzt
2 haben/ ime wer etwas übels widerfaren. Er ward früntlich
3 von den seinen empfangen/ da was alle freud
4 das sie iren alten herren wider frisch und gesundt daheimen
5 hetten. In disen dingen kam auch der kranck kauffherr/ Der
6 alt aber hett zuͦvor seinem weib kunt gethon/ wie ein krancker
7 kauffman kem/ den wolt er also bey ihm behalten/ bis er widerumb
8 zuͦ krefften keme. Also was im schon ein besunder gemach
9 nach aller notturfft bereit. Der alt befalh allem seinem gesind/
10 das man sein bey dem allerbesten pflegen solt/ das dann auch
11 geschah/ Also das der guͦt jung kauffman in kurtzen tagen fein
12 wider anfieng zuͦ ihm selb zuͦ kummen. Als er nuͦn anfieng ein
13 wentzig starck zuͦ werden/ ass er nit mer inn seinem gemach/
14 sunder gieng allen ymbis an des alten herren taflen essen. Nuͦn
15 het der herr ein schoͤne gerade tochter/ die yetzunder schon
16 manbar was/ die fieng dem krancken kauffherren an zuͦ gefallen/
17 dann es gar leicht mag sein/ das einen Krancken
18 ergetzet/ also was disem herren auch/ So het er auch nie kein
19 weib gehabt/ was ime auch vatter und muͦter mit tod vergangen/
20 Darumb nam er im entlich für/ den alten herren umb die
21 tochter anzuͦsprechen/ Dann er was guͦter hoffnung sie würde
22 im keins wegs abgeschlagen/ Er wußt sich auch an guͦt so
23 mechtig/ als ihr vatter was/ Darzuͦ so was er auch von person/
24 leib und gstalt/ ein schoͤner gerader jüngling/ Es het in aber
25 yetzund der last der kranckheit ettwas an seiner gestalt und
26 schoͤne entstellet. Als ihm aber die kranckheit vergangen was/
27 nam er von tag zuͦ tag wider zuͦ/ das er in gar kurtzer zeit/ zuͦ
28 seiner vorigen gestalt kumen thet. Cassandra aber ( also hies
29 die tochter ) lag im stetigs an/ darumb er dann taͤglichen
30 hinach gedencken ward/ wie er doch mitt dem vater zuͦ red
31 kem/ also das es in glimpff moͤcht zuͦgon.
Seite 33
1 Robertus der alt Kauffman unnd Richart mit einander in
2 einen schoͤnen garten spatzieren gond/ Richardus mitt
3 gantz weiten umbschweiffenden worten kumpt an den
4 alten/ Zuͦ letst bit er umb Cassandra zuͦm weib.
5 DIe lustigest zeit so im jar sein mag/ was yetzund vorhanden/
6 dann die fruchtbaren beum mit irer edlen und wolschmackenden
7 bluͦst fiengend an haraus zuͦ prossen/ Das erdtrich erzeigt
Seite 34
1 sich auch mit wunsamen und schoͤnen bluͤmlin/ von allen
2 farben/ und mancherley art gestaltet/ So hort man die voͤgel
3 allenthalben uff den zweigen mit lieblichem gesang
4 zuͦsammen stimmen/ gleich als wann sie umb ein kleinat
5 kempfften/ und einer über den anderen vermeint zuͦ steigen/
6 und mit gesang obzuͦligen/ Davon es dann sehr lustig in dem
7 feld zuͦ spatzieren was. Diss bewegt Robertum den alten herren
8 das er zuͦ Richarden dem jungen kaufherren gieng/ und in bat/
9 er wolt mit im hinaus in den garten spatzieren gohn / des dann
10 Richardus gantz willig was. Also zugent sie miteinander
11 hinaus/ sunder alle diener und geselschafft/ retten von maniger
12 hand kauffmanschafft und gewerbs haͤndlen. Zuͦ letst fieng
13 Richardus an und sagt/ " Mein hertz aller liebster herr Roberte /
14 Ich soll und muͦs euch billich einen vatter und meinen
15 aller besten freunt bekennen/ dann ich nit wissen mag/ das
16 mir von meinen fründen allen/ die wenigst freundtschafft
17 widerfaren sey/ so ihr mir bewisen hand/ dann ich zuͦ vorderst
18 Gott die ehr geben will/ Dieweil ich waiß sunder sein hilff und
19 ewere vilfaltigen und bewisenen guͦtthaten/ Wer mir nit wol
20 müglich gewesen/ lebendig von dem schiff zuͦ kummen/ Darzuͦ
21 habend ir mich erst als mir zuͦ land kummen sind/ in ewerem
22 haus mit den aller besten wartungen zuͦ meinen krefften bracht/
23 das alles mir nit müglichen zuͦ vergleichen ist/ ob ich euch
24 schon als mein guͦt/ und was ich vermag/ darfür geben solt/
25 Und mich darzuͦ für einen leibeigenen knecht willig in ewer
26 dienst ergeb/ moͤchte dannocht nimmermer vergolten sein.
27 Darumb mein aller liebster herr und vatter/ bitt ich euch ir
28 woͤllen mir zuͦ verston geben/ wardurch ich doch solche überschwenckliche
29 guͦtthat vergelten mag/ damit ich nit als ein
30 undanckbarer gast geachtet werden moͤcht/ Dann es
31 sagen die alten/ das kein groͤsser laster/ weder undanckbarkeit
32 moͤge funden werden. " Darauff antwurt Robertus / " holtseliger
33 lieber Richarde / es ist noch nit an dem/ das wir von
34 ein ander schaiden/ noch unser fründtschafft zertrennen woͤllend/
35 Dieweil du wider zuͦ deiner gesuntheit und krefften
Seite 35
1 kummen bist/ wend wir erst ein froͤliche zeit miteinander
2 haben/ will uns anderst der Almechtig ein semlichs günnen.
3 So dirs gefalt/ magstu dein handel gleich so wol bey mir fuͤren/
4 als wann du in Hispanien werest/ ich will dir ein eygen Contor
5 und gewelb ihngeben/ darinn soll dich niemant nit hinderen/
6 und bleib so lang bey mir/ als dir mein haußhaltung und kost
7 gefallen thuͦt/ Mir hat Got der Herr zuͦ wasser und land vil
8 glücks verliehen/ auch seer gros guͦt bescheret/ das will ich
9 mit lieben und guͦten fründen brauchen/ so lang ich leb/ Dann
10 es sol das guͦt nit mein/ sunder ich will sein herr sein/ niemant
11 hatt mir darein zuͦ reden. Ich hab doch nit mer dann ein einige
12 tochter/ bin auch sunst keiner kinder mer warten/ sie würt
13 dannocht nach meinem absterben guͦts genuͦg finden. " Daruff
14 sagt herr Richart / " Herr ir habt fürwar ein schoͤne tochter/
15 der ewig Got geb euch genad das ir sie nach ewerem wolgefallen
16 verheuraten/ O wie ein saͤliger jüngling ist der/ welchem
17 ein semliche schoͤne braut an seine arm kumen sol/ Ich sag bei
18 meiner selen/ wann mir ein solche junckfraw in Portugal zuͦ
19 einer Ehegemaheln zuͦston moͤcht/ wolt ich all mein hab und
20 guͦt in Hispanien zuͦ barem gelt machen/ und in Portugal
21 ziehen mit allem sam. " Robertus der alt kauffherr/ het mit
22 gantzem fleiß auff des jungen wort acht genumen/ er ward
23 gantz kurtz mit im zuͦ rath/ und sagt/ " O mein
24 liebster Richarde / wann ich gedencken moͤcht/ das dir in diser
25 sachen ernst were/ oder das du ein ehrliche liebe zuͦ meiner
26 tochter truͤgest/ du soltest in kurtzer zeit ein freuntliche antwort
27 von mir empfahen. " " ach herr und vatter " / sagt
28 Reichart / " wie wolt ich doch ewiglichen ein solchen bedrug
29 gegen Gott verantworten/ wann ich dem/ der mir sovil
30 guͦtthat erzeigt/ solt ein bedrug unnd die unwarheit anzeigen/
31 Ich sag also/ wann ich so guͦt binn/ das ihr mich für ein
32 tochterman haben woͤllend/ so stand ich hie und bit euch
33 durch Gottes willen umb ewer dochter/ alles das/ so einem
34 ehren mann zuͦston mag/ will ich mich allzeit befleissen/ und
35 darneben ewer dochter schon und ehrlich halten/ wie dann
Seite 36
1 einem ehrlichen mann gebürt/ Darzuͦ steth mein hertz und
2 gemuͤt gaͤntzlich bey euch zuͦ bleiben und zuͦ wonen/ dann mir
3 vaͤtterliche trew von euch bewisen. " Darauff antwort Robertus /
4 "Dieweil es dann/ mein aller liebster Richarde / die meinung
5 hat/ so sey dir auff meinem theil mein dochter zuͦgesagt/ Mir
6 aber wil dannocht gebuͤren/ die muͦter und die dochter
7 darunder anzuͦsuͦchen/ damit harnach kein verwiss daraus
8 ervolgen thuͤe/ so wolt ich auch ( sie die dochter ) nit gern
9 zwingen/ das sie wider iren willen einem jüngling oder witwer
10 solt vermehelt werden/ zuͦ welchem sie keinen willen het/
11 Wiewol etliche und vil vaͤtter und muͤtern der neigung sind/
12 ihre kinder etwan von grosses guͦts wegen an ein ort wider
13 unnd über iren willen zuͦ stossen/ da sie weder gunst/ liebe
14 noch willen hin haben/ was aber zuͦ zeiten aus solcher vermaͤhlung
15 guͦts erwachset/ sicht man leider zuͦ vil wol/ ja das offt die
16 alten ir haͤnd ob den koͤpffen zuͦsamen schlagen muͤssen/ Dann
17 es nit sehr lang und noch in frischer gedechtnus ist/
18 das ein guͦter Edelman seiner toͤchteren eine versorgen/ und
19 einen alten Edelman ( der ir gar zuͦ wider was ) geben wolt/ Sie
20 aber erfuͦr die sach/ wolt der hochzeit nit warten/ Nam ires
21 vatters karchknecht zuͦr Ee/ und sovil sie mocht raum und
22 blatz haben/ packt sie irer kleider zuͦsamen/ und fuͦr mit im
23 darvon/ haben beid lang mit einander gehauset/ vil schoͤner
24 und lieber kinder sidhar gezeuget. Darumb lieber Richhart /
25 sag ich das/ damit mein tochter nit übernacht ursach hett mit
26 mir zuͦ zürnen/ wann ir etwan ein wentzig miteinander stoͤssig
27 würden/ und sie sagen moͤcht/ ich het sie gezwungen einen
28 man zuͦ nemen/ so mir ( und nit ihr ) gefallen het. " Daruff sagt
29 Richart / " Von gantzem grund meins hertzen solt mirs leid
30 sein/ Es wer gleich ewer tochter oder ein andere/ solt ich deren
31 wider iren willen vermaͤhelt werden/ Was lieber stund würden
32 wir doch bey einander haben? " Als sie nuͦn mit disen und deren
33 gleichen reden ir zeit vertriben/ bis das es umb den ymbis war/
34 da zugen sie mit einander zuͦ haus gantz froͤlich/ dann sie wol
35 vermuͦten kunden/ das die sach einen fürgang haben würd.
Seite 37
1 Cassandra würdt von irem vatter unnd ihrer muͦter zuͦ red
2 gesetzt/ von wegen Richarten des jünglings/ Sie aber
3 gab gleich iren guͦten willen darzuͦ.
4 ALs bald die baiden herren zuͦ haus kumen sind/ ist das
5 morgenmal gar lustig zuͦgericht gewesen/ das haben sie mit
6 freuden und kurtzweiligem gesprech volbracht. Nach dem
7 essen hatt Robertus sein weib uff ein ort genumen/ auff solche
8 weis mit ir angefangen zu reden. " Mein aller
9 liebste Sophia / du weist das wir yetz in die fünff und zwentzig
10 jar in gantzem friden früntlich mit einander hauß gehalten/ in
11 welcher zeit uns Got in die zehen kinder beschert/ welche er
12 auch nach seinem Goͤtlichen wolgefallen/ in verstandnem
13 alter/ durch den natürlichen tod wider zuͦ seinen Goͤtlichen
14 gnaden beruͤfft und genummen/ bis an ein tochter/ welche er
15 uns seines gefallens gelassen/ mit der bißhar nit wenig freud
16 und ergetzligkeit gehabt haben/ Nuͦn sichstu/ mein aller liebste
17 Sophia / was zuͦ diser zeit für arglistiger kupler und kuplerin
18 in der welt sind/ so da schencken und gaben von andren
19 fründtschafften nemen/ manchem biderman ein kindt an ein
20 ort verkuplen/ da die aͤlteren weder gunst noch willen hin haben.
21 Nuͦn ist unser tochter schon erwachsen/ das es nit viel
22 umbsehens mer bedoͤrffen will/ darumb wer mein rhat/ wann
23 ein waidlicher gsel kem/ und iren zuͦ den ehren begert/ wolten
24 wir sie ihm geben. " Sophia antwurt/ " Ach mein Roberte / mit
25 was newen unerhoͤrten thaͤding gest du da umb/ Du hast mir
26 fürwar mit deinen worten ein eyßkalten stral durch mein
27 hertz gedrungen/ Wehe mir armen weib/ wie solt es mir doch
28 ewigklichen ergohn/ solt ich mein allerliebstes kindt von mir
29 geben/ Ich bin des gantz gewiss/ das ich vor meiner uffgesetzten
Seite 38
1 und geordneten stund meinen geist muͤßte Gott dem
2 Herren auffopffern. " Darauff antwurt Robertus / " Du solt
3 dir/ mein liebe Sophia / die sach nit so hart auffnemen/ unser
4 tochter zuͦ verheuraten/ dann sie nicht destweniger bey uns
5 in unser wonung und behausung bleiben würd/ in einen weg/
6 als in den anderen/ Damit aber du die sach recht verstandest/
7 so wiss/ der Richhardus / welcher jetzund ein zeitlang
8 sein uffenthalt bey uns gehabt/ der begert ir/ hatt sich auch
9 erbotten den aller naͤchsten in Hispanien zuͦ schiffen/ sein hab
10 und guͦt/ so er darinnen hett/ alles zuͦ verkauffen/ und haraus
11 zuͦ wonen/ so anderst wir im die tochter zuͦ einer gemahel
12 geben/ so habe ich in Engeland / und uff dem schiff/ wol von
13 andren kaufleuten vernumen/ das der wechsel und handel/
14 mit dem er umbgath/ sehr gros sey/ So hat er auch gar ein
15 grosse summa/ seines eygenen gelts/ hin und wider in den
16 geselschafften ligen/ so ihm alle jar ein grosses eintreit/ Wir
17 haben auch nuͦn dalest sein wesen und geberd/ der zeit er bei
18 uns gewesen ist/ zimlich erlernet/ Darumb mein liebe Sophia /
19 woͤllest mir dein entliche meinung zuͦ verston geben/ wolt dir
20 dann mein fürschlag gefallen/ so wolten wir uns mit unser tochter
21 cassandra auch reden/ ob ir die sach anmuͤtig were oder nit.
22 Ich bin einmal des vorhabens/ ir keinen man zuͦ geben/ sie
23 habe dann ein lust zuͦ im/ und wann er gleich eines Fürsten
24 guͦt hette/ und vermoͤcht. " Als bald Sophia dise wort von irem
25 herren verstuͦnd/ huͦb ir die sach an zuͦ gelieben/ Jedoch stuͦnd
26 sie in sorgen/ Richarten moͤcht mit der zeit das hertz widerumb
27 in Hispanien ston. Darumb sagt sie/ " O mein hertz aller
28 liebster Roberte / wann nit ein sorg darauff stünd/ So bald
29 Richart die tochter von uns brecht/ moͤcht er sagen/ seiner
30 gelegenhait wer inn Portugal nit zuͦ wonen/ er wolt wider in
31 Spanien. " Darauff antwort Robertus / " Mein Sophia / desselbigen
32 solt du gar kein gedenckens haben/ die weil er all
33 seine verlaßne guͤter/ inn Hispanien verkauffen/ und zuͦ barem
34 gelt machen/ das selb hie an einem wechsel anlegen würt/ So
35 sagt er auch/ das er einen sundren lust bei uns zuͦ
Seite 39
1 wonen hab. " Daruff sagt Sophia / " Wolan/ so mag ich leiden
2 das wir unser tochter Cassandra / die sach fürhalten und ir
3 guͦtduncken hoͤren/ damit wir iren willen und meinung auch
4 verston mügen. " Also bald ward die junckfraw Cassandra
5 beruͦffen/ und ward ir alle meinung des heurats halben für gehalten/
6 wie es dann oben nach der lenge anzeigt/ und in
7 summa das ichs bekuͤrtz/ Die junckfraw gantz züchtigklichen
8 anfieng zuͦ antwurten/ und sagt/ " Ir mein aller liebsten aͤlteren/
9 die ir mich so schon unnd zaͤrtlich in gar grosser liebe erzogen
10 hand/ wie moͤcht ich anderst gedencken/ dann das euch lieb
11 und ein gefallen ist/ ich geschweig zuͦ thuͦn/ darumb so setz ich
12 euch die ding gantz in eweren willen/ und gefallen/ An herr
13 Richarten dem jüngling/ habe ich gantz keinen mangel/ so
14 ferr und er euch gefallen thuͦt " / Also was es alles schon richtig/
15 und manglet nicht mer dann das Richart nit zuͦgegen was/ und
16 ein Priester so sie zuͦsamen geben. Robertus der guͦt alt herr
17 was in grossen freuden/ dieweil er sein tochter und gemahel
18 so gantz guͦtwillig funden hett/ So was fraw Sophia nit minder
19 froͤlich/ das ir tochter dermassen sich verheuraten solt/ und
20 dannocht bey ir im haus bleiben. Wie froͤlich aber Cassandra
21 gewesen sey/ gib ich einen yeden selb zuͦ erachten/ Der jüngling
22 was schoͤn/ so het er auch ein grosses guͦt/ davon Cassandra
23 nit wenig heimlich frewd an irem hertzen truͦg. Also ward die
24 sach von den alten gar dapffer getriben/ damit es bald zuͦ einer
25 hochzeit keme. So was Reicharten auch schon alle meinung
26 verkündet/ deshalben er auch gar froͤlich was.
Seite 40
1 Cassandra und Richardus werden zuͦsamen vermaͤhelt/
2 würdt aber aus etlicher ursachen nit ein grosse hochzeit
3 gehalten.
4 RObertus der guͦt alt mann/ hett verschaffet/ das auff den
5 naͤchst künfftigen tag/ ein herrliche malzeit in seinem haus
6 bereit würd/ Er hatt auch in eigner person/ seine nechsten
7 freund darzuͦ beruͦffen/ doch das sie zuͦ fruͤer tagzeit erscheinen
8 solten/ dann er wolt seiner tochter Cassandra einen man geben.
9 Dise verkündung namen etliche seiner freünd/ in einem schertz
10 auff/ liessens doch eine guͦte sach sein/ dann in was unverborgen/
11 dieweil Robertus in Engelant gewesen/ was ihm ein liebe
12 schwester mit tod abgangen/ nicht desto minder/ kamen sie
13 des morgens/ gantz gehorsamlichen/ alda erkanten und sahen
14 sie erst den ernst/ dieweil sie den Priester im haus funden/
15 auch alle ding auff das zierlichest ausgebutzt/ und uffgemutzt.
16 Als sie nuͦn zuͦ samen kummen sind/ hat man entlich vom heurhat
17 angefangen zuͦ reden/ und sunderlich von dem/ das
18 Richart in Portugal und namlichen zuͦ Lisabona / sein wonung
19 haben solt/ und gar nit inn Hispanien ziehen/ sein wonung
20 darin zuͦ haben/ Es were dann sach/ das schwaͤher und schwiger
21 mit tod vergiengen/ und alsdann sein weib noch in leben
22 were/ mit guͦtem willen mit im zuͦ ziehen/ sich begeb/ sunst
23 solt er sie in keinerlay weg zwingen. Uber solche Ehberedung/
24 wurden in beywesen der früntschafft/ guͦte versicherungen
25 auffgericht/ deßgleichen des guͦts halben/ auch alles gar wol
26 versehen/ und hinder die fründtschafft gelegt/ damit man übernacht/
27 semliche schrifften wüste zuͦ finden. Also
28 wurden die zwey nach Christlicher ordnung zamen vermaͤhelet/
29 demnach ward der ymbis mit grossen freuden volbracht/ allein
Seite 41
1 das gar kein seitenspiel da gebraucht ward/ Allein der ursach/
2 das dem alten herren sein schwester/ so kurtzlichen gestorben
3 was/ wie dann oben gemelt wirt/ Was aber sunst zuͦ einer kostlichen
4 malzeit gehoͤret/ daran was gar kein mangel/ es wer
5 gleich von speis oder von fremden kostlichen weinen aus allen
6 Nationen harbracht. Nach der malzeit/ als man das wasser
7 umbgeben het/ sind sie auffgestanden/ weib und mann mit
8 einander in einen schoͤnen garten spatzieren gangen/ darinn
9 sich dann die jungen maͤnner auff das essen dapffer gebraucht
10 haben/ mit ringen/ und springen/ einander dapffer geuͤbt/
11 Desgleichen mit dem ballen spiel nit gefeiret. Die alten aber
12 haben sich mit einander underredt der hochzeit halb/ in was
13 gestalt die anzuͦgreiffen wer/ wurden aber all in gemein rhaͤtig/
14 das ein kleine hochzeit solt gehalten werden/ unnd auch auff
15 das baͤldist so immer müglichen sein moͤchte. Disen rath ließ
16 im Robertus gar wol gefallen/ beschlosse also mit inen/ uff
17 den dritten tag muͤst alle ding zuͦr hochzeit bereit sein/ das
18 sich ein yeder darnach wißte zuͦ richten. Under disem begab
19 sich under den guͦten freunden ein zanck/ namlich mit den
20 steinstoͤssern/ Es hetten ir zwen ein ziel erlangt/ was aber dem
21 einen im stossen hinweg gesprungen/ darumb im dann der
22 ander gar nit gewunnen geben wolt/ so dorfft sich auch der
23 andren keiner mehr understohn/ das ziel zuͦ geweren. Reichart /
24 so dann noch seine kranckheit nit gar verdewt het/ gedacht/
25 "wann ich meiner sterck selb vertrawen doͤrfft/ ich wolt disen
26 krieg bald verrichtet haben " . Er nam den stein/ welcher
27 zimlich gros was/ und sagt/ " Ihr jungen herren und vettern/
28 wann ich euch beidsamen überlaͤg/ wolt ihr dann zuͦ friden
29 sein " / Des waren sie gantz wol zuͦ friden/ dann sie nit maineten/
30 das Reichart über ir gelegt ziel solt gestossen haben/
31 Reichart fasset den stein in forteil/ und sties in gantz geschwind
32 weit über das ziel hinaus/ da hette schon der zanck diser
33 zweyer ein end/ und ward iren genuͦg darzuͦ gespott/ " Gelt "
34 sagten die anderen/ " ir habt eweren mann funden/ so euch
35 kan unnd waißt zuͦ entschaiden/ Lieber thuͦnd ims nach. " Also
Seite 42
1 huͦbend sie das ballenspiel an zuͦ spielen/ aber keiner under in
2 allen/ mochts dem Richardo vor thuͦn/ mit behendigkeit des
3 leibs/ und allen fortlen/ so man brauchen mag in dem ballen spiel.
4 Als es nuͦn umb den nachtymbis worden/ sind sie wider
5 in einer geselschafft zuͦ haus gezogen/ haben den nachtimbis
6 froͤlichen volbracht/ Demnach die fremden zuͦ haus gangen/
7 und sich yeder an sein rhuͦ gelegt.
8 Die hochzeit wirt gehalten mit grossen frewden/ aber gar
9 kein dantz oder seitenspiel gebraucht/ auch von der
10 morgengab/ so Reichart der braut sol geben/ gehandlet.
11 ALs nuͦn die drey tag verschinen sind/ haben sie die braut des
12 morgens fruͤ/ zuͦ der kirchen gefuͤrt/ darbey dann anderst
13 niemands/ dann die früntschafft gewesen ist/ alles aus oberzalter
14 ursachen. Als es nuͦn umb den ymbiss ward/ hat man sich
15 zuͦ tisch gesetzt/ froͤlich angefangen zuͦ essen und
16 drincken. Es het aber der alt Robertus ein
17 tag darvor/ alle alten hausarme leut/ so im
18 müglich sind gewesen anzuͦkumen/ beruͦffen
19 lassen/ das sie uff die hochzeit/ der gestalt erscheinen solten/
20 Des morgens fruͤ/ solten sie sich in der kirchen einmuͤtiglichen
21 versamlen/ und da Gott den Almechtigen
22 bitten/ das er disen zweien jungen menschen
23 seinen segen und gnad verleihen wolt/ das
24 sie in seinem goͤtlichen willen leben moͤchten/
25 gesunde kinder bey einander zeugen/ und so die selbigen
26 erwüchsend/ das sie die in der ehr und forcht Gottes/ auffziehen/
27 seine gebot underweisen/ zuͦ der gehorsamkeit abrichten/
28 und sie sunderlich auch vor der gotslesterung/ und
Seite 43
1 dem liegen/ verhuͤten moͤchten/ Das ihn Got auch ein solchen
2 verstand/ keusch und gotsfoͤrchtig gemuͤt und hertz geben
3 wolt/ wie er dem jungen Tobia / durch Raphaelem den Engel/
4 eingebildet het/ Wann sie dann semlichs volbracht/ solten sie
5 in gemeiner schar/ in seine behausung kumen/ da würd inen
6 allensamen ein guͦt malzeit bereit sein. Dis alles ward durch die
7 armen leut/ nach des alten herren willen unnd begeren volzogen.
8 Als nuͦn die armen leut in herr Robertus haus kummen
9 sind/ ist inen in einem grossen weiten saal/ ihr losament fein
10 und ordenlichen/ zuͦgericht gewesen. Da waren vil taflen
11 gedeckt mit schoͤnen weissen tuͤchern. Robertus het ihnen auch
12 ire sundere und eignen schencken und dischdiener bestellet/
13 so allein auff die armen leut solten warten/ damit keinerlei
14 mangel noch bresten bey inen gespürt würde. Als sie nuͦn gar
15 ordenlich zuͦ tisch gesessen/ habend sie zuͦm ersten Gott den
16 Allmechtigen umb das taͤglich brot gebetten/ darnach hat man
17 inen das essen dar getragen. Also habend sie gantz
18 züchtigklichen gessen und getruncken/ mangerlei guͦter speis
19 und tranck/ das nit ein wunder gewesen were/ das sich etliche
20 übertruncken hetten/ Aber deren ist keiner gesehen worden/
21 dann sie alle weib und mann mit züchten/ unnd grosser
22 dancksagung/ speis und dranck genossen
23 haben. Disen brauch habend unsere bettler/
24 im Teutschen land gar fein/ und hoflich
25 gelert/ das kan ich sagen/ das ich uff etlichen
26 Reichs tagen gesehen/ wann man tags das
27 almuͦsen ( das dann reuhlich da was ) außtheilt/ das sie ein ander
28 haͤfen/ und schüßlen/ auff den koͤpffen entzwey geschlagen/
29 muͤßt auch einer spitz ohren gehabt haben/ der ein vatterunser
30 von einem gehoͤrt/ Aber guͦt starck lantzknechtisch schwuͤr/
31 die ein namen hatten. Aber doch waren auch darunder/ denen
32 mit solcher unützen weis/ nit wol was/ unnd ob sie gleich wol
33 einen missfallen darab hetten/ muͦsten sies dannocht ein guͦte
34 sach lassen sein/ Jetz kumen wir wider uff die materi. Als nuͦn
35 die armen leut den ymbis volbracht/ hand sie Gott dem Herren
Seite 44
1 lob und danck gesagt/ demnach auffgestanden/ Bald ist der
2 alt herr mit sampt dem breutigam kumen/ denen haben die
3 armen leut/ tausentveltig glück gewünscht/ Der breutigam
4 aber hatt einem yeden armen menschen einen groschen geschenckt/
5 damit sind sie abgefertigt gewesen. Ich muͦs aber
6 ein wort darzuͦ reden/ Es ist der brauch gar nit bey uns/
7 wiewol wir ein andere gewonheit ( die auch nit zuͦ verwerffen )
8 bey uns haben/ Wann zuͦ zeiten hochzeiten sind gewesen/
9 habe ich offt gesehen/ das die beyde muͤter/ der braut und des
10 breutigams harumb gangen sind/ alsbald man ein essen uffgehaben
11 und von den tischen getragen/ sind sie da
12 gewesen/ und alles angeschnitten/ fleisch oder was das gewesen/
13 in besunder kessel oder haͤfen gethon/ das hatt man dann
14 zuͦ einer bestimpten stund/ under die armen leut ausgetheilt/
15 Jetzund macht man aus solchen bitzlen/ schnitzlen/ und
16 fragmenta/ ein kauffmanschatz/ dann es mag das volck nit so
17 bald vom tisch auffston/ es sind der kaufleut ein gantzer
18 hauffen zuͦgegen/ mit haͤfen und mit schüsseln/ kauffen den
19 blunder allen gar auff/ also/ das den armen leuten/ das spuͤlwasser/
20 darin diser kauffmanschatz gelegen/ kaum werden
21 mag. Hüw umb/ lauff teufel lauff. Ist dir/ als du inkaufft hast/
22 nie nichts zuͦ theur gewesen/ schauben/ und roͤck/ guldin
23 guͤrtel/ perlin porten/ hatt alles muͤssen zuͦm kostlichsten da
24 sein/ Du hast nit rhatgeben gnuͦg haben mügen/ die dir die
25 richten/ trachten und schleck angeben/ wie du sie einander
26 nach antragen/ und muͦs alles gantz eben sein/ Da kan niemant
27 zuͦ vil fressen/ unnd sauffen/ niemants kan nichts nit verderben/
28 Bald aber der arm dürfftig kumpt/ da ist allenthalben
29 mangel/ da hat man nichts mer aus zuͦ thailen/ dann boͤse
30 unütze wort/ stoßt man sie anderst nit gar zuͦ haus und hoff
31 aus/ schleußt thür und thor vor inen zuͦ. Wolan/ Got sicht und
32 hoͤrt alle ding/ Er sah den reichen man wol in seim pracht und
33 schmuck bey dem goltgezierten tisch/ Er sahe aber auch den
34 armen Lasarum / mit vilen grossen geschweren/ vor des
35 reichen thüren/ da im die hund seine offnen geschwer und
Seite 45
1 schaͤden leckten. Wie giengs aber darnach? rauch genuͦg giengs
2 zuͦ. Der arm Lasarus starb bald harnach/ und ward seine seel
3 von den Engelen getragen inn die schoß Abrahe / Da aber der
4 reich starb/ wo kam der hin? seine Engel die leidigen
5 teuffel/ truͦgen in in die abgrunt der hellen/ Warumb geschahe
6 im das? darumb/ das der volwanst dem guͦten Lasaro die
7 broͤsamlin von seinem tisch abgefallen/ versagt hat. Darumb
8 biss nur emsig/ so du ein suͦn oder tochter hingibst/ damit dir
9 nichs vergebens hinweg gang/ dann gibstu das den armen/
10 Got mag dirs nitt vergelten am jüngsten tag/ Aber so du gelt
11 kanst draus loͤsen/ wirstu von dem teuffel noch mer lons
12 gewertig sein/ Diss sey genuͦg davon geredt. Die hochzeit
13 ward also mit kurtzweiligem und früntlichem gesprech/ biss
14 zum nacht ymbis vols vertriben/ dann alles dantzen/ wie offt
15 gemelt/ da vermitten blib. Richart hette sich hie zwischen
16 heimlich inn sein Contor gethon/ sampt seinen beyden knechten/
17 Er nam ein gar schoͤnen grossen doppelten übergulten
18 kopff/ die beyden theil legt er voller goldt/ den einen voller
19 schiffnobel/ den andern voller rosennobel/ sampt einer
20 schoͤnen guldenen ketten/ befalh seinen beiden knechten/ gantz
21 fleissig wahr zuͦ nemen/ wann des morgens schweher und
22 schwiger für sein schlaffkamer gon/ und die morgen gab ( an
23 in ) der braut forderen/ solten sie mit disen beiden koͤpffen auff
24 der fart sein/ und auch für die kamer kumen/ diß wolt er der
25 braut zuͦ einer morgengab verehren. Nach dem gieng Richart
26 zuͦ dem nachtmal/ da das auch volbracht was/ fuͦrt man die
27 braut in ein schoͤne kamer schlaffen/ Demnach nam yederman
28 urlop/ zogen zuͦhaus/ vertriben die nacht mit suͤssem schlaff/
29 erwarteten also in der rhuͦ des anderen morgens. Das gesind
30 aber/ so den gantzen tag zuͦ schaffen gehabt/ sassen erst die
31 gantz nacht zuͦsamen/ und hetten iren guͦten muͦt auch.
Seite 46
1 Reichart begabt sein braut mit eyner rheilichen morgengab/
2 Weiter von einem zuͦtütler der die armen leut hasset/
3 was Richart mit im geredt hab.
4 Es was eben auff disen morgen der lieb und selige Mai angegangen/
5 Die morgenroͤte/ mit gar froͤlichem anblick/ in rosienroter
6 farben/ mit schoͤner wath angethon/ sich sehen liess/ die
Seite 47
1 edlen waltvoͤgel mit gar suͤsser und lieblicher stimm zuͦsammen stimmeten.
2 Bald bracht Phebus seinen wagen/ daruff fuͦrt er
3 die Sonn mit irem spreissigen kopff/ damit der lieblich
4 Mai/ also seinen yngang het. Robertus und Sophia stuͦnden
5 auff/ legten ire kleyder an/ giengen eylends für der braut
6 kameren/ auch hetten sich schon etlich der anderen fründ
7 harzuͦ gemacht/ sie forderten die morgengab an den breutigam/
8 er bat sie solten ein klein verziehen/ dann sie würd bald vorhanden
9 sein. In des kamen die zwen diener/ mit den vergulten
10 koͤpffen/ klopfften auch an der kammern/ und gaben irem
11 herren ein wortzeichen/ damit er wußt das sie vorhanden
12 waren/ also schlos er von stundan auff/ und empfieng die
13 koͤpff/ von dem jungen/ und dem andren diener. Der schweher/
14 schwiger/ sampt der andren freundtschafft/ giengen auch
15 hinein inn die kammeren/ Richart nam erstlich die schoͤne
16 kettin/ hieng die seiner braut an den hals/ Demnach stalt er in
17 auch die zwen übergulten koͤpff dar. Als aber sie gantz schamhafftig
18 undersich sehen/ des schoͤnen und ausserlesenen golds/
19 nit wahrnam/ hatt Richart ir den einen kopff mit dem gold in
20 den geeren geschüt/ und darzuͦ gesagt/ " Allerliebste braut/
21 nement hin dise morgengab/ und nach diser gaben/ sollend ir
22 taͤglichen mehr/ und vil bessers von mir gewarten sein/ so uns
23 anders Got ein zeitlang frisch und gesunt bey einander lassen
24 wil. " Alle die semlichs sahen/ verwunderten sich ab dem
25 grossen guͦt/ dann Robertus het selb nit vermeint/ das der
26 jüngling ein semliche barschafft und guͦt bey im gehabt het.
27 Nuͦn solten wir weiter anzeigen/ wie der ymbis gehalten/ und
28 der tag zuͦ end bracht worden were/ so dunckt michs gar nit
29 von noͤten/ dieweil nichts da verhandlet worden/ dann kostlich
30 trachten für getragen/ schoͤne Credentz/ von gold und silber
31 da gesehen/ der diener ein gros summa umb die
32 tisch rumbher gelauffen. Aber eins so fürgangen/ mus ich
33 anzeigen/ Es was ein nachbaur/ ein gewand bereiter/ zuͦ
34 nechst an Roberten haus gesessen/ ein rechter und grosser
35 dellerschlecker/ den selbigen dorfft man zuͦ keinem wolleben
Seite 48
1 nit beruͦffen/ dann er fand zuͦ aller zeit ursach/ damit er sich
2 selb hienin schraubet/ Also hat er auff diser hochzeit auch
3 gethon/ Er kam ungeladen/ unnd machet sich gantz geschefftig.
4 Nun hetten sich etlich arme leut/ die den anderen tag nit bey
5 dem mal gewesen zuͦsamen geschlagen/ sassen vor herr Robertus
6 haus/ ob in doch ein almuͦsen von der hochzeit werden
7 moͤcht. Als sie nuͦn diser schmorotzer ersehen thet/ hat er sie
8 gantz unwirs angefaren/ unnd gesagt/ " Wer hat euch heut
9 hieher bescheiden/ ihr habt ewer mal gester yngenumen/ darumb
10 ziecht nur hinweg/ ir dürffen uff nichts hoffen. " Diss
11 erhort einer des herren diener/ so dann disem schleckdenloͤffel
12 sunderlichen find war/ der gieng herzuͦ und sagt zuͦ im/
13 "Lieber laßt euch die armen nit irren/ dann die beyde herren
14 haben sie gesehen/ und befelch in der kuchen geben/ das man
15 in sol das almusen zuͦsamen halten/ unnd demnach austeilen. "
16 Diser suppenfresser/ wolt gesehen sein/ stach mit boͤsen
17 worten wider hinumb. Zuͦ letst sagt der diener/ " Lieber laßt
18 doch die armen leut beleiben neben euch/ Nun seit ir doch
19 gleich so wenig beruͦfft/ als sie/ was woͤlt ir daraus machen? "
20 Zuͦ disem streit und zanck/ kam von ungefer der jung herr
21 Richhart / der fragt/ was sich da für ein zanck zuͦtragen/ wolt
22 den bericht der diener aller sach wissen. Als er nuͦn aller sach
23 bericht/ ward er darüber erzürnt und sagt/ " Ir solt die armen
24 nit also hassen/ dann iren ist das reich der himel/ wie
25 dann Christus selb spricht/ Math. 5. So wir nuͦn auch inn das
26 reich gottes begeren/ muͤssen wir uns mit den armen hinin dringen.
27 Wißt ir nit wie Salomon in seinen sprüchen so treulich
28 ermanet/ das wir den armen alle zeit sollen guͦts beweisen?
29 Dann er spricht in seinem 14. capit. Der sünder verachtet
30 seinen nechsten/ aber wol dem der sich des ellenden erbarmet.
31 Item am 19. spricht er. Wer sich des armen erbarmet/ der
32 leihet dem Herren/ der wirt im wider guͦts vergelten. Und an
33 dem 21. zeigt er die straff an/ denen so den armen gehessig
34 sind/ dann er sagt/ Wer seine ohren verstopfft vor den armen/
35 der würt auch ruͤffen/ und nit erhoͤrt werden. Und gleich im
Seite 49
1 andren capit. hernach/ Ein guͦt aug wirt gesegnet/ dann es
2 gibt seines brots den armen. So habend wir auch gar ein schoͤn
3 Exempel an dem lieben Tobia / an seinem 4. und 14. capit.
4 da vermanet er seinen lieben suͦn Tobiam gar hertzlichen/ das
5 er almuͦsen geben sol. Also auch Jesus Sirach am 12. das man
6 den ellenden und armen guͦts thuͦn sol. Item am 14. capit.
7 sagt er/ Vergiss der armen nit/ wann du denen guͦts thuͦst/ so
8 wirt dir auch frewd widerfaren/ die du begerest. Darzuͦ haben
9 wir dort ein schoͤnen trost von Christo selb Mat. 25. da
10 Christus sagen wirt zuͦ den seligen und ausserwelten/ welche
11 da werden stehn zuͦ der rechten des Herren/ zuͦ denen wirt der
12 Herr sprechen/ Kumpt her ir gesegneten meines vatters/ ererbet
13 das reich/ so euch bereit ist von anbegin der welt/ dann
14 ich binn hungerig gewesen/ und ihr hand mich gespeiset/ Ich
15 binn durstig gewesen/ und ir hand mich gedrenckt/ Ich binn
16 ein gast gewesen/ und ir hand mich beherbergt/ Ich binn
17 nackend gewesen/ und ir hand mich bekleit/
18 Ich binn kranck gewesen/ und ir habend mich besuͦcht/ Ich
19 bin gefangen geweßt/ und ir sind zuͦ mir kumen. Und wann sie
20 dann sagen werden/ sie habend im keine solche guͦtthat erzeiget/
21 wirt in der Künig wider antwurten/ Warlich sag ich
22 euch/ was ir geton habt/ einem aus disem meinen geringsten/
23 das habt ir mir gethon. Das solt ir lieber nachbaur bedencken/
24 und die armen liebhaben/ so werdet ir hinwider von dem Herren
25 geliebt werden " . Der schmarotzer verlachet dise wort
26 gantz spoͤtlichen/ und sagt/ " Hey Breutgam/ Ich hab nie
27 anderst gewißt/ dann ir seit ein kauffherr/ so vernime ich
28 yetzund wol/ das ihr ein Predicant seit. " Die wort hort der
29 diener/ so vor mit ihm gebalget hett/ Er sagt/ " Mein herr/
30 bekümmert euch nit mit disem fatzman/ dann dise wort sind
31 im nur ein gespoͤtt. " " Aber mir nit " sagt herr Reichart / " sie
32 sind mir lieber dann gold und silber/ berlin und edel gestein/
33 Ich trag und für sie auch alwegen bey mir " / Damit zeigt er in
34 ein schoͤnes gebundenes buͤchlin/ in welchem die buͤcher
35 Salomonis und der Syrach yn gebunden was. Der diener sagt/
Seite 50
1 "Kein buͦch wirt in nit bekümmern/ dann er und sein hund/
2 versehend sich in ein himelreich zuͦ kumen/ des ich dabey abnim/
3 Er hat den hund dahin abgericht/ das kein armer mensch
4 zuͦ seiner hausthür kumen darff/ so grausam thuͦt er über die
5 armen. " " Das ist ein grosse und schwere sünd " / sagt Reichhart /
6 "ir muͤsset auch Gott einen schweren stand darumb
7 thuͦn " / Damit gieng Reichart in die kuche/ befalh wann man
8 die letst richt oder essen angetragen hett/ solt man den armen
9 leuten die auffgehabne speis/ fein und ordenlichen außtheilen.
10 Jetzund wend wir gnuͦg von der hochzeit gesagt haben/
11 dieweil sich doch keinerlei kurtzweil/ weder mit tantzen/ noch
12 andrem zuͦgetragen. Richart aber gantz stil darzuͦ schweigend/
13 nam im gaͤntzlich für/ wann die zeit sich ein wenig verlieff
14 ( dann das würd eben auff sein widerkunfft sein/ so er aus
15 Hispanien keme ) als dann wolt er erst ein froͤlichs wesen anfangen/
16 und alle guͦten freund unnd nachbauren darzuͦ laden/
17 ein new hochzeit haben/ wie es dann auch geschah.