Kant: Briefwechsel, Brief 861, Von Maria Kant, geb. Havemann. |
|||||||
|
|
|
|
||||
| Von Maria Kant, geb. Havemann. | |||||||
| 16. Mai 1800. | |||||||
| Wohlgeborner Herr, | |||||||
| Insonders Hochzuehrender Herr Professor, | |||||||
| Verehrungswerther Herr Bruder! | |||||||
| Ich hielt es für meine Pflicht, Ew: Wohlgebornen schon vor vielen | |||||||
| Wochen den erfolgten tödtlichen Hintrit meines innig geliebten Gatten, | |||||||
| Iohann Heinrich Kant, Weyland Predigers zu Alt- und Neurahden | |||||||
| in Kurland, den am 22. Februar. dieses Iahres der Tod mir und | |||||||
| meinen unversorgten Kindern, zu unser aller namenlosen Schmerz, entriß, | |||||||
| geziemend anzuzeigen -. Zugleich war ich auch so dreist, im | |||||||
| Vertrauen auf die dem Wohlseeligen von Ew: Wohlgebornen geschenkte | |||||||
| brüderliche Gewogenheit, mich und meine armen Kinder, bey unsrer | |||||||
| so zerrütteten und traurigen oeconomischen Lage, Deroselben menschenfreundlichen | |||||||
| Herzen zu empfehlen. Allein bis jetzt habe ich vergebens | |||||||
| auf eine geneigte günstige Antwort von Denenselben gewartet, und die | |||||||
| Zukunft verdunkelt sich je mehr und mehr unsern thränenvollen Blicken -. | |||||||
| Daher wage ich's noch einmal, Ew: Wohlgebornen Mitleidsgefühl gegen | |||||||
| die verlassene Familie Ihres seeligen Bruders, der Dieselben so wie | |||||||
| wir alle innig verehrte, in Ansprache zu nehmen -. Mein letzter | |||||||
| Brief hat Ew: Wohlgebornen eine getreue Darstellung unsrer Lage gegeben, | |||||||
| die bey aller Oeconomie und Frugalität unsrer Lebensart, da | |||||||
| besonders in den letzten Iahren die Einkünfte meines seeligen Mannes | |||||||
| sehr geringe und die Ausgaben bey unsrer starken Haushaltung groß | |||||||
| waren, traurig geworden; indem er nicht nur gar keinen Fond, von | |||||||
| dem wir leben könnten, sondern noch dazu einige Schulden hinterlassen | |||||||
| hat. Durch Veräußerung unsrer Wirthschaft hoffe ich zwar die Schulden | |||||||
| zu tilgen; allein wovon ich mit meinen drey unversorgten Kindern subsistiren | |||||||
| soll, das weiß Gott, der Vater der Wittwen und Waisen -! | |||||||
| Nochmals flehen wir daher Ew: Wohlgebornen menschenfreundliches | |||||||
| Herz um einige Hülfe und Unterstützung in dieser traurigen Tagen an, | |||||||
| und hoffen mit gutem Grunde keine Fehlbitte zu thun - ! | |||||||
| Indem wir mit Zuversicht der Erfüllung unsrer nothgedrungenen | |||||||
| Bitte entgegensehen, und schon im voraus Deroselben gütigen und | |||||||
| menschenfreundlichen Gesinnungen, die unsern Kummer lindern, mit | |||||||
| inniger Dankbarkeit verehren, und die heißesten Seegenswünsche für | |||||||
| Dieselben zum Himmel thun, habe ich noch besonders die Ehre, mit | |||||||
| der vollkommsten Hochachtung und Ergebenheit zu seyn | |||||||
| Ew: Wohlgebornen | |||||||
| ergebene Dienerinn | |||||||
| Maria verwittwete | |||||||
| Pastorinn Kant, geborne | |||||||
| Altrahdensches Pastorath in Kurland, | Havemann. | ||||||
| den 16. May. 1800. | |||||||
| [ abgedruckt in : AA XII, Seite 306 ] [ Brief 860a ] [ Brief 862 ] [ Gesamtverzeichnis des Briefwechsels ] |
|||||||