Kant: Briefwechsel, Brief 826, Von Gotthilf August Kuhn. |
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| Von Gotthilf August Kuhn. | |||||||
| 20. Nov. 1798. | |||||||
| Wohlgeborner Herr | |||||||
| Verehrungswürdigster Herr Professor. | |||||||
| Es kan für mich kein größeres Vergnügen geben, als Eur. Wohlgeboren | |||||||
| meinen guten Willen zu bezeugen, wenn solches gleich bei dieser | |||||||
| Gelegenheit nur - pulveris exigui jactu, geschehen kan. Mein Sohn, | |||||||
| meldete mir daß: der ohnlängst überschikte St. Omer unter der jezzigen | |||||||
| Constitution nicht so gut befunden worden, als vor derselben; ich habe | |||||||
| mich also bei Kennern nach einer beßern Sorte erkundigt, und meinem | |||||||
| Freunde dHE. Kaufmann Schwarz in Danzig - deßen Vater, der | |||||||
| Litthauische Inspector Schwarz, muthmaßlich ein Coaetaneus von Eur. | |||||||
| Wohlgeboren gewesen seyn wird - die beikommende Probe von Offenbacher | |||||||
| Schnupftabak zu verdanken. HE. Schwarz, der Sie sehr verehret, | |||||||
| würde sich nichts Kleines darauf zu gute thun, wenn sein Geschmak | |||||||
| mit dem Ihrigen übereinstimmen sollte, und erwartet in diesem | |||||||
| Fall Ihre Befehle. Er verschreibt sich seinen Tabak zu eignem Gebrauch | |||||||
| unmittelbar aus der Fabrique, und wird, soviel davon gefällig | |||||||
| ist, für den Fabriquen Preis besorgen, und diese kleine Besorgung mit | |||||||
| desto größerm Vergnügen übernehmen, je gewißer es ihm ist, sich seine | |||||||
| Prise dadurch wohlschmekkender zu machen. | |||||||
| Eur. Wohlgeboren bitte ich gehorsamst, meinen Sohn das Weitere | |||||||
| aufzutragen, der es mit Freuden an mich bestellen wird. ich entsinne | |||||||
| mich in Berlin die Französisch=Lateinische Ueberschrift an der Königl. | |||||||
| Bibliothek gelesen zu haben: Nutrimentum spiritus . Diese Inschrift | |||||||
| würde nicht ganz unrecht auf eine Tabaks Niederlage paßen. Wenigstens | |||||||
| würde der ehrliche Montagne, es aus dem Compliment, was | |||||||
| man dem Niesen macht, beweisen daß: solches eigentlich eine Achtungsbezeugung | |||||||
| gegen die geistigen Kräfte sey. Mithin, ergiebt sich ein Zusammenhang | |||||||
| zwischen: Tabak und Bibliothek, und es kan meinem | |||||||
| August nützlich werden, bei Gelegenheit des erstern an die letztere zu | |||||||
| denken; wie ohngefehr die Alten in ihrer weisen Sprache zu sagen | |||||||
| pflegten: in otio cogita de negotio et in angulo cogita de angelo | |||||||
| Indeßen bin ich sehr überzeugt, daß mein guter Sohn dergleichen | |||||||
| Hülfsmittelchen in Hinsicht auf die Erfüllung seiner Pflichten wol nicht | |||||||
| eben bedarf, vorzüglich aber in dem Falle nicht, wenn er so glüklich | |||||||
| ist, bisweilen unmittelbar aus der Quelle zu schöpfen, der er gewiß | |||||||
| einzig und allein seine sittliche Erziehung und Bildung zu danken hat. | |||||||
| Gütiger kan man nicht seyn, als Sie, Verehrungswürdigster! es sind, | |||||||
| da Sie Sich herabließen, ihm die Ehre der Sitzung an Ihrer Seite | |||||||
| zu gönnen und es ihm so auf seine ganze Lebenszeit einzudrükken, wie | |||||||
| beneidenswerth das Loos seines Vaters war, der von Ihnen, während | |||||||
| seines akademischen Lebens, unmittelbar die Grundsäzze des Denkens | |||||||
| und Handelns empfing, welche seine Glükseligkeit eben so unerschütterlich | |||||||
| machen, als es das System der Vernunft und Wahrheit stets seyn | |||||||
| wird. Mit dem gerührtesten Herzen, danke ich Ihnen für diese so | |||||||
| große Güte! Wiewol ich fühle, daß kein Dank, als nur derjenige | |||||||
| Ihnen nachzuahmen, Ihrer würdig seyn kan, so ist doch nichts desto | |||||||
| weniger das Bewustsein einer reinen Verpflichtung, die ich nicht nur | |||||||
| mit meinem Sohn, sondern mit jedem edeln Denker theile, Zwek Ihres | |||||||
| allgemeinen menschenfreundlichen Wohlwollens; ich darf also kühn genug | |||||||
| hoffen, auch hiedurch die schöne Empfindung dieses Wohlwollens auf | |||||||
| einen Augenblik zu beschäftigen, indem ich die Versicherungen der unbegränzten | |||||||
| Liebe und Verehrung erneuere, womit ich ohne Aufhören bin, | |||||||
| Eur. Wohlgeboren | |||||||
| ganz eigner treugehorsamster | |||||||
| Stolzenberg den 20ten Novbr. | Diener | ||||||
| 1798. | Kuhn | ||||||
| [ abgedruckt in : AA XII, Seite 263 ] [ Brief 825 ] [ Brief 827 ] [ Gesamtverzeichnis des Briefwechsels ] |
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