Kant: Briefwechsel, Brief 749, Von Ludwig Heinrich Iakob. |
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| Von Ludwig Heinrich Iakob. | |||||||
| Halle den 10 Mai 1797 | |||||||
| Ich sende Ihnen hierbey, mein würdiger Mann, ein Buch, das | |||||||
| für das große Publikum bestimmt ist, und das, wie Sie aus der | |||||||
| Subscribentenliste ersehen werden seinen Zweck sehr gut erreicht hat. | |||||||
| Meine Absicht war vorzüglich, einen Versuch zu machen, ob sich nicht | |||||||
| durch einen populären Vortrag Ihre Religionstheorie so vortragen | |||||||
| liesse, daß selbst der gemeine aber gesunde Verstande von der Wahrheit | |||||||
| desselben urtheilen könnte, wodurch denn den Verleumdungen auf die | |||||||
| kräftigste Art entgegen gearbeitet werden würde, welche man im großen | |||||||
| Publico davon zu verbreiten sich Mühe gegeben hat. Um dem Buche | |||||||
| desto sicherern Eingang zu verschaffen, schien es mir nöthig, alle Betrachtungen | |||||||
| über das Positive wegzulassen, und allein die reine Vernunftreligion | |||||||
| darzustellen. Um aber nichts ins trockene zu stellen, habe | |||||||
| ich den teleologischen Theil sehr weitläuftig ausgeführt, es versteht | |||||||
| sich, nicht als Beweis, sondern als Rührungs[=] u. Belebungsmittel | |||||||
| für den anderswodurch begründeten Religionsglauben. Denjenigen, | |||||||
| welche die kritische Philosophie in den übeln Ruf zu bringen suchten, | |||||||
| daß sie die schönen u. rührenden Betrachtungen der Natur aus der | |||||||
| Religion entfernen wolle, ist nun der Mund gestopft. Über die verkehrte | |||||||
| Art, wie man der Iugend die kritische Religionstheorie beyzubringen | |||||||
| suchte u. dabey seinen Zweck, wie natürlich war, verfehlte, habe | |||||||
| ich mich in der Vorrede erklärt. - Es würde mich sehr freuen, wenn | |||||||
| Sie in leeren Stunden einen Blick in die Ausführung meines Plans | |||||||
| werfen wollten u. wenn Sie finden würden, daß ich in der Darstellung | |||||||
| der Wahrheit nicht ganz unglücklich gewesen wäre. | |||||||
| Leben Sie noch recht lange gesund u. wohl. | |||||||
| LHIakob | |||||||
| Ein Schottländer Hr Richardson, welcher in meinem Hause mit | |||||||
| Übersetzung Ihrer metaphysischen Anfangsgründe der Rechtslehre beschäftiget, | |||||||
| ist, zieht mich zuweilen über den Sinn einiger Stellen zu | |||||||
| Rathe. Über folgende hab ich ihn nicht befriedigen können: S. 207 | |||||||
| Lin. 10, wo der Ausdruck Unterhauses uns beiden im Zusammenhange | |||||||
| unverständlich ist u. wo wahrscheinlich ein Druckfehler statt | |||||||
| findet. S. 220 Z. 3 von Unten steht, daß im Naturstande der Angriff | |||||||
| rechtmäßig sey, welches sich mit der Behauptung, daß im | |||||||
| Naturstande überall kein bestimmtes Recht da sey, nicht zu vertragen | |||||||
| scheint. - Da Hr. Prof. Pörschke nächstens an mich schreiben wird; | |||||||
| so würden Sie ihm vielleicht ohne Beschwerde des eignen Schreibens, | |||||||
| die Erklärung hierüber mittheilen können, und dieser würde gern die | |||||||
| Gefälligkeit haben, mir davon Nachricht zu geben. | |||||||
| [ abgedruckt in : AA XII, Seite 160 ] [ Brief 748 ] [ Brief 750 ] [ Gesamtverzeichnis des Briefwechsels ] |
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