Kant: Briefwechsel, Brief 741, Von Iohann Böninger und Iohann Langer. |
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| Von Iohann Böninger und Iohann Langer. | |||||||
| Duisburg 24ten Mertz 1797. | |||||||
| Wir nehmen uns die Freiheit Ew. Wohlgebohrnen eine Probe | |||||||
| von den Erstlingen unseres Versuchs einer mechanischen Vervielfältigung | |||||||
| von Malereien zu übersenden. Daß man bisher, selbst in den | |||||||
| größesten, für alles, was man Geschmack nennt, den Ton angebenden | |||||||
| Städten weit mehr auf Reichthum und Pracht, oder auf die Launen | |||||||
| herrschender Moden, als auf wahre, Auge und Geist zugleich befriedigende | |||||||
| Schönheit in den inneren Verzierungen der Wohnungen Rücksicht | |||||||
| genommen hat; ist eine allgemein bekannte Thatsache; und ein | |||||||
| edler Freund der kunst unter uns Deutschen, der Freiherr von Racknitz, | |||||||
| hat vor kurzem in einem, diesem Gegenstande besonders gewidmeten | |||||||
| Werke gesucht, dem Geschmack hierin eine beßere und zweckmäßigere | |||||||
| Richtung zu geben. Aehnliche, wenigstens in dem Hauptzwecke mit | |||||||
| den seinigen übereinstimmende Ideen, haben uns bei unserm Unternehmen | |||||||
| geleitet; und wir haben seit drei Iahren weder kosten noch | |||||||
| Mühe gespart, damit den uns möglichen höchsten Grad der Vollkommenheit | |||||||
| zu erreichen. Eben dieses Ziel werden wir bei unsern ferneren | |||||||
| Arbeiten unverrückt im Auge behalten. Auf diese Weise glauben wir | |||||||
| den Vorwurf, daß durch ein Unternehmen, wie das unsrige, der Kunst | |||||||
| einiger Nachtheil zuwachsen möchte, am sichersten zu entfernen. Denn | |||||||
| sollte es uns gelingen, vermittelst deßelben, Auge und Gefühl allgemeiner | |||||||
| an das wahre Schöne zu gewöhnen, und hiedurch die Strenge | |||||||
| der Foderungen an den Künstler mehr zu verbreiten, so fiel ein solcher | |||||||
| Vorwurf wohl von selbst hinweg, und wir würden alsdann glauben | |||||||
| nicht ohne wahres Verdienst um die Kunst, und um den guten Künstler, | |||||||
| der sich nicht mehr so leicht von schlechten verdrängt fühlen würde, | |||||||
| zu seyn. | |||||||
| Wir nehmen uns die Freiheit noch hinzuzufügen: daß wir es als | |||||||
| den schätzbarsten Beweis Ihres Beifalls betrachten werden, wenn Sie | |||||||
| durch beikommende Proben bewogen werden sollten, uns einige Winke | |||||||
| zur Vervollkommnung oder zweckmäßigeren Richtung unseres Unternehmens | |||||||
| zu geben. Unser Wunsch ist, die Ansprüche des guten Geschmacks | |||||||
| vor allen andern zu befriedigen; und was nur dazu beitragen | |||||||
| kann, uns der Erreichung dieses Wunsches näher zu bringen, wird mit | |||||||
| dem lebhaftesten Danke von uns aufgenommen, und nach unsern Kräften | |||||||
| immer in Anwendung gebracht werden. | |||||||
| Wir sind mit der vorzüglichsten Hochachtung | |||||||
| Ew. Wohlgebohrnen | |||||||
| gehorsamste Diener | |||||||
| Johann Böninger. Joh. Langer. | |||||||
| gestern sandten wir in 1 Verschlag gez. HIK N S. 3 die Urania | |||||||
| an Sie ab, wir wünschen sehr daß sie bald wohlbehalten ankommen, | |||||||
| und Ihres beifalles nicht ganz unwürdig sein möge | |||||||
| [ abgedruckt in : AA XII, Seite 149 ] [ Brief 740 ] [ Brief 742 ] [ Gesamtverzeichnis des Briefwechsels ] |
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