Kant: Briefwechsel, Brief 683, An Iohann Gottfried Carl Christian Kiesewetter. |
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| An Iohann Gottfried Carl Christian Kiesewetter. | |||||||
| 15. Oct. 1795. | |||||||
| Werthester Freund | |||||||
| Sie haben mich durch die schöne Teltower Rüben vom vorigen | |||||||
| Iahre so verwöhnt, daß die hiesige meinem Gaumen nicht mehr behagen | |||||||
| wollen. Wollten Sie wohl auch jetzt die Güte haben, mir einen | |||||||
| Scheffel von diesem Hausbedarf zu überschicken? wo ich, wenn die | |||||||
| Addresse an den Kaufmann Hrn. J. Conrad Jacobi gestellt würde, | |||||||
| dem Fuhrmann die Kosten für Waare und Fuhrlohn entrichten könnte, | |||||||
| oder sonst auf eine Ihnen beliebige Art Ihre Auslage vergüten; Denn | |||||||
| es wäre unbescheiden Ihre Höflichkeit zur Gewohnheit werden zu lassen. | |||||||
| Ihr Versprechen, uns hier etwa in anderthalb Iahren zu besuchen, | |||||||
| ist mir und Ihren hiesigen Freunden sehr angenehm gewesen. | |||||||
| Eine Freundin von Ihnen, die Frau Hofpredigerin Schultz, werden | |||||||
| Sie nicht mehr antreffen; denn sie ist den 10ten Octobr. nach langem | |||||||
| Leiden verstorben. Vielleicht werde ich auch binnen dieser Zeit expedirt, | |||||||
| ob ich gleich jetzt noch so ziemlich gesund bin; denn die siebziger Iahre | |||||||
| machen gewöhnlich einen kurzen Proceß. | |||||||
| Wenn Sie mich mit einer baldigen gütigen Antwort beehren | |||||||
| wollen, so wünschte ich wohl über den wunderlichen Vorgang mit den | |||||||
| Preisaufgaben der Akad. d. Wissensch. einige Belehrung: z. B. warum | |||||||
| die Austheiluug nicht, wie gewöhnlich, am Geburtstage des Königes, | |||||||
| sondern 8 Tage hinten nach geschehen; wie es habe kommen können: | |||||||
| daß Schwab, Abicht und Reinhold in bunter Ordnung dabey zusammen | |||||||
| kommen und irgend etwas Einstimmiges aus so viel Dissonanzen | |||||||
| herausgebracht werden kann, u. d. g. | |||||||
| Meine reveries "zum ewigen Frieden", werden Sie durch | |||||||
| Nicolovius bekommen. Mit dem Unfrieden unter den Gelehrten hat | |||||||
| es nicht viel zu bedeuten, wenn sie nur nicht Cabalen machen und sich | |||||||
| mit den Politikern vom Handwerk verbrüdern, und Horazens atrum | |||||||
| desinit in piscem bey ihren höfischen Manieren darstellen. | |||||||
| Ich bin jederzeit mit Hochachtung und Freundschaft | |||||||
| Ihr | |||||||
| Königsberg | ergebenster treuer Diener | ||||||
| den 15 Octobr. | I Kant | ||||||
| 1795 | |||||||
| [ abgedruckt in : AA XII, Seite 045 ] [ Brief 682 ] [ Brief 684 ] [ Gesamtverzeichnis des Briefwechsels ] |
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