| Kant: Briefwechsel, Brief 51, An Carl Ioseph Maximilian Freiherrn v. Fürst u. Kupferberg. | |||||||
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| An Carl Ioseph Maximilian Freiherrn v. Fürst u. Kupferberg. | |||||||
| 16. März 1770. | |||||||
| Hochgebohrner Freyherr | |||||||
| Wirklicher Herr Geheimer Etats= u. Kriegsministre | |||||||
| Gnädiger Herr | |||||||
| Die gnädige und unverdiente Vorsorge, welche Ew: Excellentz für | |||||||
| mich zu tragen geruhet haben, hat bis daher alle trübe Besorgnisse | |||||||
| zerstreuet, die bisweilen aus der Unsicherheit meines Schicksals in | |||||||
| meinem Gemüthe aufstiegen. Izt nähert es sich seiner Entscheidung, bey | |||||||
| der Erledigung einer profession von der phil: Facultaet, durch den Tod | |||||||
| eines würdigen Mitgliedes derselben, des HE. Doct: Langhansen, der den | |||||||
| 15ten dieses Monaths nach einer langwierigen Krankheit verstorben ist. | |||||||
| Die Hofnung, die mir hiebey aus Ew: Excellentz huldreicher | |||||||
| Gesinnung erwächst, ist dennoch mit einiger Bekümmernis verbunden, | |||||||
| ob mein unterthäniger Gesuch sich unter der Bedingung, die | |||||||
| iederzeit meine Wünsche begleitet hat, von der Gnade Ew: Excellentz | |||||||
| eine geneigte Aufnahme versprechen dörfe. Die Profession welche | |||||||
| durch den Tod des Herrn D. Langhansen erledigt worden, ist die | |||||||
| mathematische. Allein, wenn es mir erlaubt ist meine Aussicht nur | |||||||
| auf solche Stellen einzuschränken, die meiner Geschiklichkeit und | |||||||
| Neigung angemessen seyn, so bitte in Unterthänigkeit, Ew. Excellentz | |||||||
| wollen mir die Freymüthigkeit nicht ungnädig auslegen, mit der ich | |||||||
| auf einen Tausch der Stellen anzutragen mich unterstehe, der eben | |||||||
| sowohl dem Besten der Vniversitaet, als auch meiner Zufriedenheit | |||||||
| gemäs zu seyn scheint. Herr Christiani, Prof: Ord: der Moral, hat | |||||||
| so viel mathematische Wissenschaft, als nur irgend iemand auf unserer | |||||||
| academie, der sich um diese Stelle bewerben mag und hat solche auch | |||||||
| iederzeit mit Beyfall gelehrt. Er ist ein Schwiegersohn des Verstorbenen | |||||||
| und hat sowohl, durch seine Iahre, als auch seine Eigenschaften, | |||||||
| die größeste Anwartung auf das inspectorat über das | |||||||
| alumnat des collegii Albertini, womit sein Schwiegervater bekleidet | |||||||
| gewesen, und welches mit guten emolumenten versehen ist, worunter | |||||||
| sich auch eine freye Wohnung in eben demselben collegio befindet. | |||||||
| Dieses inspectorat ist schon sonst gewöhnlich mit der professione | |||||||
| matheseos verbunden gewesen, weil das astronomische observatorium | |||||||
| mit denen dazu gehörigen instrumenten sich auf demselben collegio | |||||||
| befindet. Wenn Ew: Excellentz geruheten den HE: prof: Christiani, durch | |||||||
| Antragung dieses Inspectorats, zu Annehmung gedachter mathematischen | |||||||
| Stelle zu vermögen, so würde ich bey der Bewerbung um die | |||||||
| moralische Profession, in demüthiger Hofnung auf Dero hohes Vorwort, | |||||||
| meiner eigentlichen Bestimmung zu folgen glauben. Solte dieses | |||||||
| mein unterthaniges Gesuch wieder Verhoffen Hindernisse finden, so ist | |||||||
| noch ein Fall übrig, bey dem weder Billigkeit noch öffentlicher Nutze | |||||||
| leiden würde, nemlich daß HE Doct: Buck, welcher itzt die logische | |||||||
| und metaphysische profession bekleidet, zu dieser Stelle bewogen würde. | |||||||
| Dieser ist sonst verschiedene Iahre Prof: extraord: der Mathematic | |||||||
| gewesen, und hat nur bey Gelegenheit des russischen gouvernements | |||||||
| die damals vacant gewordene logisch metaph: Profession, zu welcher | |||||||
| ich sonst von der academie alle Empfehlung hatte, erworben. | |||||||
| In dieser Gestalt liegt also das vermuthliche Glück meines | |||||||
| Lebens vor Ew: Excellentz wohlwollenden und weisen Beurtheilung. | |||||||
| Der möglichen Fälle einer Versorgung vor mich giebt es nur sehr | |||||||
| wenige. Ich trete in diesem Frühjahre in das 47ste Iahr meines | |||||||
| Alters, dessen Zunahme die Besorgnisse eines künftigen Mangels immer | |||||||
| beunruhigender macht. In der Zuversicht zu Ew: Excellenz edelmüthiger | |||||||
| Vorsorge, setze ich alle andere Bewerbungen bey Seite und | |||||||
| es hat mir nur wenig Überwindung gekostet, den Antrag des Geheimen | |||||||
| Hofraths Suckow, und das bald darauf erfolgte Anschreiben | |||||||
| von der Erlangischen Vniversitaet, zu einer ordentlichen profession der | |||||||
| Logic uud Metaph:, welche ich im verwichenen November erhielt, in der | |||||||
| Hofnung einer Versorgung in meiner Vaterstadt zu verbitten und | |||||||
| auszuschlagen. Es bleibt mir nichts übrig als daß ich mich derselben | |||||||
| fortdaurenden Gnade, wovon ich so überzeugende Beweisthümer | |||||||
| erfahren, in diesem Falle demüthigst empfehle und bin in tiefster | |||||||
| submission | |||||||
| Ew: Excellentz | |||||||
| Koenigsberg, | unterthaniger Knecht | ||||||
| d. 16ten Mertz | Immanuel Kant. | ||||||
| 1770. | |||||||
| [ abgedruckt in : AA X, Seite 090 ] [ Brief 50 ] [ Brief 51a ] [ Gesamtverzeichnis des Briefwechsels ] | |||||||