| Kant: Briefwechsel, Brief 47, An Simon Gabriel Suckow. | |||||||
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| An Simon Gabriel Suckow. | |||||||
| 15. Dec. 1769. | |||||||
| Wohlgebohrner Herr Geheimer Rath | |||||||
| Hochgelahrter und Höchstzuehrender Herr | |||||||
| Professor | |||||||
| Der unerwartet geschwinde Ausschlag, der einmal von Ew: | |||||||
| Wohlgeb: auf eine so gütige Art übernommenen Besorgung meines | |||||||
| Glücks, hat mich auf eine befremdende, aber zugleich sehr verbindende | |||||||
| Art überraschet. In der Vorstellung: daß Dero geneigter Antrag eine | |||||||
| Veränderung beträfe, welche Ihro Hochfürstl: Durchlaucht allererst | |||||||
| binnen einiger Zeit auf Deroselben Universität zu treffen gedächten, bin | |||||||
| ich bewogen worden, die Gelegenheit zu einem kleinen, aber sicheren Glück, | |||||||
| nicht übereilt auszuschlagen und bin gleichwohl itzt durch das ungesäumte | |||||||
| und geneigte Anerbieten dessen, was kurtz vorher mein | |||||||
| Wunsch war, in Verlegenheit gebracht. Mein Vorsatz, ich bitte Ew: | |||||||
| Wohlgeb. vergeben Sie es mir, ist seitdem wankend geworden. | |||||||
| Erneuerte und viel vermögende Versicherungen, ein sich hervorthuender | |||||||
| Anschein einer vielleicht nahen vacance hiesiges Orts, die | |||||||
| Anhänglichkeit an eine Vaterstadt und ein ziemlich ausgebreiteter | |||||||
| Kreis von Bekanten und Freunden, am meisten aber meine schwächliche | |||||||
| Leibesbeschaffenheit, stellen sich in meinem Gemüthe diesem Vorhaben | |||||||
| auf einmal so mächtig entgegen: daß ich die Ruhe desselben nur | |||||||
| daselbst ferner hoffe wo ich sie, obzwar in beschwerlichen Umständen, | |||||||
| bis daher iederzeit gefunden habe; Und da eine bestimmte Erklärung | |||||||
| ohne Verzug nöthig zu seyn scheint, so gehet dieselbe, mit der inständigsten | |||||||
| Entschuldigung, wegen der Bemühung, die ich hiebey veranlasset | |||||||
| haben möchte, dahin: die mir hierunter zugedachte Ehre und | |||||||
| Versorgung hiedurch gehorsamst zu verbitten. Ich besorge sehr: Ew: | |||||||
| Wohlgeb. und der hohen Standespersohn Unwillen durch eine vergebliche | |||||||
| Erwartung, zu der ich Anlas gebe, auf mich zu ziehen. | |||||||
| Allein Ew: Wohlgeb. kennen die Schwächen in den Charakteren der | |||||||
| Menschen gar zu gut: daß Sie nicht auf eine nachsichtliche Art ein | |||||||
| Gemüth, was zu Veränderungen unentschlossen ist, die andern nur | |||||||
| gering scheinen, den Hindernissen beyzählen solten, über die man, obzwar | |||||||
| ihre Folgen oft nachtheilig sind, so wenig wie über das Glück | |||||||
| Meister ist. Ew. Wohlgeb: Nahme wird indessen von meinem Gedächtnisse | |||||||
| iederzeit mit vorzüglicher Hochachtung aufbehalten werden, | |||||||
| und, wofern mir nicht der Anschein einer wandelbaren Gesinnung in | |||||||
| Dero sehr schätzbaren Urtheile entgegen ist, so nehme mir die Erlaubnis | |||||||
| die Fortdauer von Dero Gewogenheit ferner zu hoffen und | |||||||
| habe die Ehre mit der größesten Hochachtung iederzeit zu seyn | |||||||
| Ew: Wohlgeb: | |||||||
| Koenigsberg | gehorsamster Diener | ||||||
| den 15ten Dec | Immanuel Kant. | ||||||
| 1769 | |||||||
| [ abgedruckt in : AA X, Seite 082 ] [ Brief 46 ] [ Brief 48 ] [ Gesamtverzeichnis des Briefwechsels ] | |||||||