| Kant: Briefwechsel, Brief 333, Von Meyer. | |||||||
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| Von Meyer. | |||||||
| Berlin den 5 Septbr 1788. | |||||||
| Wohlgebohrner | |||||||
| Hochzuverehrender Herr Professor! | |||||||
| Verschiedene Männer von sehr gründlichen Kenntnißen und von | |||||||
| sehr warmen Eifer für die Aufrechthaltung der Freyheit im Dencken, | |||||||
| haben mich schon einigemal aufgefordert irgend einen Gelehrten von | |||||||
| Ansehn und bekannten Rufe zu veranlaßen, die Grenzen der Preßfreyheit | |||||||
| ihre wohlthätige Folgen auch in politischer Rücksicht und die | |||||||
| Macht des Regenten in Religionssachen noch einmahl in einem eigenen | |||||||
| Wercke deutlicher auseinander zu setzen. | |||||||
| Es ist mir zwar nicht unbekannt, daß hierüber in den neuern | |||||||
| Zeiten manches geschrieben ist; Allein dieser Gegenstand ist zu wichtig | |||||||
| als daß Er nicht immer noch von neuern Seiten betrachtet zu werden | |||||||
| verdiente. Vorzüglich würde eine solche Untersuchung jezt von großen | |||||||
| Nutzen seyn, da wir auch bei uns eine Einschränkung der Druck und | |||||||
| Preßfreyheit mit Recht zu fürchten haben. Ew Wohlgebohren würden | |||||||
| sich daher ein neues großes Verdienst um die Aufklärung und da | |||||||
| damit in so enger Verbindung stehende Wohl der Menschheit erwerben, | |||||||
| wenn Dieselben die Ausarbeitung eines solchen Wercks übernehmen | |||||||
| wollten, und ich würde gewiß den Danck aller Vernünftigen verdienen, | |||||||
| wenn ich dazu auf die entfernteste Art Veranlaßung geben könnte. | |||||||
| Dieses Werk von Ew Wohlgebohren würde um so mehr Eindruck | |||||||
| machen, da Dieselben unter den Gelehrten schon längst einen so gegründeten | |||||||
| Ruf haben, und Schwärmer aller Art würden aus Ihrem | |||||||
| philosophischen System um so weniger einen Vorwand hernehmen | |||||||
| können, daß wir wegen der Eingeschränktheit unserer Vernunft doch | |||||||
| Endlich zum blinden Glauben zurückkehren müßten. Denn wie ich | |||||||
| sicher weiß, bilden sich manche hier wirklich ein, daß Ew Wohlgeb. auf | |||||||
| eine versteckte Art darauf zurückwiesen. | |||||||
| Sollten Dieselben sich entschließen, dieses Werk auszuarbeiten, so | |||||||
| ersuche ich, mir gütigst den Verlag Deßelben zu überlaßen. Zu Weinachten | |||||||
| werde ich meinen Laden zur Buchhandlung eröfnen worüber | |||||||
| ich auch jezt das Privilegium vom Koenig erhalten habe, und wünschte | |||||||
| also sehr mit einer wichtigen Schrift zuerst hervortreten zu können. | |||||||
| Die Bedingungen überlaße ich ganz Ew Wohlgeboren da ich im | |||||||
| voraus von Ihrer Billigkeit überzeugt bin. Zugleich bin so dreist | |||||||
| mich Ihres gütigen Andenkens bei einer andern Ausarbeitung gehorsamst | |||||||
| zu empfehlen, und Billigkeit in dergleichen Unterhandlungen soll | |||||||
| mein Gesez seyn. | |||||||
| In Erwartung einer gütigen baldigen Antwort habe ich die Ehre | |||||||
| mit wahrer Hochachtung zu seyn | |||||||
| Ew Wohlgebohren | |||||||
| gehorsamster Diener | |||||||
| Meyer | |||||||
| Buchhändler | |||||||
| abzugeben beym Buchhändler Hn Pauli | |||||||
| [ abgedruckt in : AA X, Seite 545 ] [ Brief 332 ] [ Brief 334 ] [ Gesamtverzeichnis des Briefwechsels ] | |||||||