| Kant: Briefwechsel, Brief 254, An Marcus Herz. | |||||||
| 
 | 
 | 
 
 | 
 
 | ||||
| An Marcus Herz. | |||||||
| Vor d. 25. Nov. 1785. | |||||||
| Wohlgebohrner Herr Hofrath | |||||||
| Theurester Freund | |||||||
| Ihre schöne Briefe an Aerzte, womit Sie mir ein angenehmes | |||||||
| Geschenck zu machen die Gütigkeit hatten, geben mir jetzt Anlas für | |||||||
| einen Freund, HE Kriegsrath Heilsberg in Königsberg, bey Ihnen | |||||||
| Rath und Hülfe zu suchen. Er hat schon mehr als 3 Iahre an | |||||||
| Flechten laborirt, die ihm beyde Arme und Füße (die Schenkel ausgenommen) | |||||||
| bedecken, mit kleinen Blasen anfangen, die wegen des | |||||||
| Iuckens, vornehmlich zur Nachtszeit, leicht aufgerieben werden und | |||||||
| dann die Haut wund lassen, da denn einiges Wasser ausschwitzt, bis | |||||||
| ein Schorf wiederum alles bedeckt, um eine neue Haut hervorzubringen, | |||||||
| aus welcher bald darauf, wie vorher, Blasen ausbrechen etc. Übrigens | |||||||
| ist er starker Constitution, von gutem Appetit, magert aber doch sehr | |||||||
| ab, ohne daß gleichwohl seine Kräfte sonderlich abnehmen, ist nahe an | |||||||
| sechzig Iahr und hält in allen Stücken gute Diät. | |||||||
| Nun habe ich in Ihrer zweyten Sammlung S. 121. u. f. die Cur, | |||||||
| die ihr Berlinischer Kuhdoktor Kunath an einem mit Flechten Behafteten | |||||||
| so glücklich verrichtete, gelesen und Ihre unbefangene, rühmliche | |||||||
| Schätzung solcher Qvaksalbermittel gelesen und meinem Freunde gerathen | |||||||
| durch Ihre Vermittelung denselben Weg der Hülfe zu suchen. | |||||||
| Haben Sie also die Güte, theurester Freund, wenn Sie die Herablassung | |||||||
| nicht für zu tief halten, allenfalls durch einen dritten von | |||||||
| jenem Kuhdoctor, wenn ihm vorher die Beschaffenheit der Flechten | |||||||
| beschrieben worden, eine hinlängliche Dosis von seiner Seife oder | |||||||
| Waschwasser zusammt der Vorschrift des Gebrauchs abzukaufen. Sie | |||||||
| selbst aber belieben die übrige Vorschriften, die Sie etwa nöthig finden | |||||||
| möchten, hinzuzuthun; denn unsere hiesige Ärzte haben ihm bisher so | |||||||
| wenig, als er sich selbst durch den ausgepreßten Saft des Chelidonii, | |||||||
| helfen können. Die dafür ausgelegte, imgleichen die für Ihre Bemühung | |||||||
| gebührende Kosten, sollen auf das prompteste, durch den Kaufmann | |||||||
| HEn Saltzmann in Berlin, bezahlt werden, als worauf, daß es | |||||||
| gesche, ich selbst sehen werde. Die Beschleunigung dieser Ihrer Mühwaltungen | |||||||
| und Absendung des Arzneymittels mit der ersten fahrenden | |||||||
| Post allenfalls direct an HEn Kriegsrath Heilsberg so bald als es | |||||||
| möglich ist, werden Sie so gütig seyn sich angelegen seyn zu lassen; | |||||||
| ich möchte meinem so lange geplagten Freunde gerne bald geholfen | |||||||
| wissen. Unveränderlich bin ich mit Herzensgesinnung und Hochachtung | |||||||
| Ihr | |||||||
| ergebenster alter Freund u. Diener | |||||||
| I Kant | |||||||
| [ abgedruckt in : AA X, Seite 424 ] [ Brief 253 ] [ Brief 255 ] [ Gesamtverzeichnis des Briefwechsels ] | |||||||