| Kant: Briefwechsel, Brief 151, Von Iohann Iacob Engel. | |||||||
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| Von Iohann Iacob Engel. | |||||||
| 22. April 1779. | |||||||
| Wohlgebohrner, | |||||||
| Höchstzuehrender Herr Professor, | |||||||
| Durch manche verdrüßliche Umstände ist mir schon mehr als eine | |||||||
| Gelegenheit entwischt, bey der ich mir vorgenommen hatte, Sie schriftlich | |||||||
| meiner Hochachtung zu versichern. Mit desto mehr Begierde ergreife | |||||||
| ich die jetzige, und statte Ihnen endlich einmal den schuldigen | |||||||
| Dank für den gütigen Beytrag ab, wodurch Sie meinem Philosophen, | |||||||
| der leyder! nur zu viel Mittelmäßiges enthält, auf einmal haben einen | |||||||
| Werth geben wollen. Ich bin nur beschämt, daß ich Ihnen mit nichts, | |||||||
| als mit Worten dafür danken soll; und ich wünschte recht sehr, besonders | |||||||
| wenn Sie mich noch künftig mit Ihren vortreflichen Beyträgen | |||||||
| beehren wollten, daß Sie mir eine andre Art, mich erkenntlich zu zeigen, | |||||||
| bekannt machten. Ihre Gewogenheit für mich würde darum nicht aufhören, | |||||||
| Gewogenheit zu seyn, und ich würde Ihnen noch immer zu | |||||||
| gleich herzlicher Dankbarkeit verpflichtet bleiben. Es würde dadurch | |||||||
| weiter nichts unter uns verändert werden, als daß ich zu meinem | |||||||
| Danke für das Empfangne die Bitte um das, was ich noch sonst zu | |||||||
| empfangen wünschte, mit etwas mehr Dreistigkeit hinzufügte. Iezt, | |||||||
| mein theuerster Herr Professor, bin ich in der That etwas schüchtern, | |||||||
| mit dieser Bitte hervorzurücken: ob Sie mir gleich, wie mein Freund | |||||||
| Biester mich versichert, zu dieser Bitte schon vorläufig die Erlaubnis gegeben, | |||||||
| und mir sogar die Wahl zwischen einer philosophischen oder einer | |||||||
| zur phys. Geogr. gehörigen Abhandlung gelassen haben. Das ist eine | |||||||
| so schwere, mir so unmögliche Wahl, daß ich sie Ihnen selbst, im Fall | |||||||
| Sie noch bey Ihren gütigen Gesinnungen gegen mich verharrt sind, | |||||||
| ganz und gar überlasse. Metaphysisches freylich wäre mir, um der | |||||||
| Bestimmung meines Büchleins willen, nicht so lieb, als Physisches: aber | |||||||
| Beobachtungen - wie einmal die über das Schöne und Erhabene waren | |||||||
| - die wären mir wieder so angenehm, als das Interessanteste aus | |||||||
| Natur= und Menschengeschichte. Sie, der Sie Ihren ganzen Reichthum | |||||||
| vor sich haben, und wissen, wie viel Sie davon vergeben und wie viel Sie | |||||||
| für sich behalten wollen: theilen Sie mir mit, was Ihnen gefällt,und glauben | |||||||
| Sie, daß ich mich nach Möglichkeit bestreben werde, die übrigen Aufsätze | |||||||
| des dritten Theils der Gesellschaft des Ihrigen nicht ganz unwürdig | |||||||
| zu machen. - Aber ist es nicht schlimm, mein bester Herr Professor, | |||||||
| daß ein Mann, der so viel Erwartungen gegeben und der so sehr im | |||||||
| Stande wäre, sie zu befriedigen, ein Mann, von dem wir schon solange | |||||||
| eine Metaphysik und eine Moral hoffen; daß der uns nur immer | |||||||
| durch einzelne Stücke nach seinen ganzen Werken begieriger macht, und | |||||||
| diese Werke selbst so lange zurückhält? - Wenn Sie mir, wider Verhoffen, | |||||||
| meine Bitte abschlagen sollten, so trösten Sie mich wenigstens | |||||||
| durch die Versicherung, daß die Herausgabe irgend eines Ihrer Werke | |||||||
| nahe bevorstehe. Ein solcher Trost würde mir so angenehm seyn, | |||||||
| als kaum das Geschenk, über dessen vergebliche Erwartung er mir gegeben | |||||||
| würde. | |||||||
| Erhalten Sie mir Ihre so schäzbare Freundschaft und Gewogenheit, | |||||||
| und seyn Sie der vollkommensten Hochachtung gewiß, womit ich | |||||||
| unaufhörlich bin | |||||||
| Ew. Wohlgeb. | |||||||
| Berlin, | |||||||
| den 22st April | gehorsamster u. verbundenster Diener | ||||||
| 1779. | Engel. | ||||||
| [ abgedruckt in : AA X, Seite 254 ] [ Brief 150 ] [ Brief 152 ] [ Gesamtverzeichnis des Briefwechsels ] | |||||||