| Kant: Briefwechsel, Brief 126, Von Iohann Heinrich Kant. | |||||||
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| Von Iohann Heinrich Kant. | |||||||
| 4. Ian. 1778. | |||||||
| Liebster Bruder! | |||||||
| Der junge Msch: der dir diesen Brief einhändiget, geht, um | |||||||
| Chirurgie zu studieren nach Berlin, er ist der Sohn eines meiner | |||||||
| Freunde deren ich in Curland viele habe. Mir ist es gantz angenehm, | |||||||
| daß ich also Postfrey Dich erinnren kann daß Dein Bruder noch lebet, | |||||||
| und von Dir und meinen Verwandten nach einer Periode von 3 Iahren | |||||||
| einige Nachricht bekommen werde. (Den das hoffe ich, Du wirst gewis | |||||||
| mit der nächsten Post an mich schreiben, ich hoffe dieses mit vieler | |||||||
| Ungeduld.) | |||||||
| Wohlan was machst Du.? wie ist deine Gesundheit, deine Gemithsruhe | |||||||
| deine ganze Situation beschaffen. Mietau streckte vor 3 Iahren | |||||||
| die Arme nach Dir aus. war es Vaterlandesliebe, ? oder was war es | |||||||
| daß du nicht kommen woltest? | |||||||
| Meine liebe Schwestern! mit zärtlicher Sehnsucht, wünsche ich ihren | |||||||
| Zustand zu wissen. Sie sind mir gewis nicht gleichgilt[ig] geworden. Ich | |||||||
| grüße Sie mit brüderlicher Liebe. | |||||||
| Meine verehrungswürdigen Verwandten, ehemahls meine wohltäthigen | |||||||
| Pflege Eltern, HE. Oheim und Fr. Tante Richter.! Sie leben | |||||||
| doch und leben glücklich! Mit danckbarem Andenken, an Ihre Wohltathen | |||||||
| empfehle ich mich Ihrer Liebe. Die alte gute Anne.! wenn Sie | |||||||
| noch lebet, wird es sie gewis erfreuen, wenn sie an mich erinnert wird, | |||||||
| wen sie höret daß ich sie freundschaftl: grüße, daß mir die Erinnerung | |||||||
| ihrer Redlichkeit noch immer sehr wehrt ist. | |||||||
| Ia mein lieber Bruder ein Brief, der Nachrichten von allen | |||||||
| diesen enthält, wird mir so angenehm seyn, als einem jungen Studenten | |||||||
| ein Wechsel wenn ihn seine Gläubiger plagen. | |||||||
| Ich bin noch immer Rector; das heißt auf Zeitlebens, zur galere | |||||||
| condemnirt. Doch giebt mir Gott mein Auskommen. haubtsächlich, | |||||||
| durch die kluge Wirthschaft meiner lieben Frau. Noch reuet es mich | |||||||
| nicht geheyrathet zu haben. Die Liebe einer treuen Gattin, und das | |||||||
| Daseyn 2 muntrer Kinder, ist auch bey der grösten Bedrängniß Glückseeligkeit. | |||||||
| Ia mein Bruder ich habe noch die 2 Kinder. die mir Gott | |||||||
| schenckte meine Tochter Charlotte von 2. und meinen Sohn Eduard | |||||||
| von 1 nem Iahre. Ich empfehle diese kleinen dem Herzen Ihres Vettern. | |||||||
| Meine Frau die Dich so inbrünstig küßet als es sich nur in Gedancken | |||||||
| thun läßt, würde es Ihrem Schwager sehr hoch anrechnen, | |||||||
| wenn er auch nur wenige Zeilen an sie besonders schreiben wolte. | |||||||
| Darann wirst Du gewis nicht zweiflen daß ich mit aufrichtiger | |||||||
| Liebe bin | |||||||
| Dein | |||||||
| Mietau | Dir ganz ergebener Bruder | ||||||
| d. 4 Januarii | Kant. | ||||||
| 1778. | |||||||
| [ abgedruckt in : AA X, Seite 221 ] [ Brief 125 ] [ Brief 127 ] [ Gesamtverzeichnis des Briefwechsels ] | |||||||