| Kant: Briefwechsel, Brief 105, Von Heinrich Christian Boie und Christian Wilhelm Dohm. | |||||||
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| Von Heinrich Christian Boie und Christian Wilhelm Dohm. | |||||||
| 12. Sept. 1775. | |||||||
| Die Idee eines encyclopädischen Iournals war zu gut, um sie | |||||||
| gleich nach einem fehlgeschlagenen Versuche aufzugeben. Gelehrte von | |||||||
| Ansehn wünschten nicht allein eine beßre Ausführung, sondern hatten | |||||||
| auch den Herausgeber der leztern Stücke dieses Iournals durch Beyträge | |||||||
| in Stand gesezt, den Mängeln und Unvollkommenheiten desselben nach | |||||||
| und nach abzuhelfen, als der Verleger solches zu endigen sich genöthiget | |||||||
| sahe. Aufgemuntert von eben diesen Männern, und durch ihre beyderseitigen | |||||||
| Verbindungen noch kühner in ihren Hoffnungen gemacht, wagen | |||||||
| beyde Unterschriebene einen Versuch, nicht allein durch nöthige Erweitrungen | |||||||
| und Einschränkungen ein beßres Iournal dieser Art zu | |||||||
| geben, sondern es auch mit der Zeit zu dem zu machen, was uns noch | |||||||
| immer fehlt, zu einen deutschen Nationaljournal. In ihrem ganzen | |||||||
| Umfange diese Idee zu entwickeln ist hier nicht der Ort; die Herausgeber | |||||||
| möchten auch eben so wenig ihren Plan zu weit angeben, als | |||||||
| durch eine zu enge Bestimmung sich selbst Grenzen setzen. So viel | |||||||
| überhaupt können sie sagen, daß unterhaltende Gelehrsamkeit das Ziel | |||||||
| sey, das sie zu erreichen suchen werden, und daß sie wünschen, man | |||||||
| möge den Aufsätzen, die sie dem Publiko vorlegen werden, es ansehen, | |||||||
| daß sie diesem Maasstabe angepaßt worden. Allgemeinverständliche, | |||||||
| gemeinnützige Philosophie; Bemerkungen über Menschen, Sitten, Natur | |||||||
| und, was die Herausgeber am liebsten sähen, über deutsche Menschen, | |||||||
| deutsche Sitten, deutsche Natur; über Verhältnisse, Einrichtungen sowohl | |||||||
| der häuslichen als bürgerlichen Gesellschaft; Geschichte aller Zeiten | |||||||
| und aller Climate, die sehr wahr, aber auch noch etwas mehr, unterhaltend | |||||||
| seyn muß; wichtige öffentliche Angelegenheiten des menschlichen | |||||||
| Geschlechts, und besonders unsers Vaterlandes ; Vergleichung der Verfassungen | |||||||
| verschiedener Nationen und Beurtheilung ihrer Verhältnisse | |||||||
| zum gemeinen Besten; Betrachtungen über wirkliche und mögliche Gesetzgebung, | |||||||
| wichtige Vorstellung wichtiger Religionswahrheiten, Unterricht | |||||||
| über Einrichtung des menschlichen Körpers, über Krankheit und | |||||||
| Gesundheit, eigentliche Iurisprudenz, Theologie und Medicin ausgeschlossen; | |||||||
| poetische Produkte, die eines deutschen Dichters würdig sind, | |||||||
| hauptsächlich größere, um nicht unsern Almanachen zu nahe zu treten; | |||||||
| Beyträge zur Kunde und Geschichte unsrer Sprache; Vorschläge zu noch | |||||||
| vollkommnerer Modificirung unsrer Litteratur, Vergleichung der unsern | |||||||
| mit der fremden, Abstechung der Gränzen, wo die Nachahmung der | |||||||
| Ausländer anfangen, wo aufhören sollte. Leben berühmter Männer, | |||||||
| besonders deutscher; Nachrichten von Manufakturen, Kunstsachen, Verbesserungen | |||||||
| der Wirthschaft und jedes Gewerbes; Vorschläge dazu; Auszüge | |||||||
| aus Reisebeschreibungen und ausländischen Schriften, die nicht ganz | |||||||
| übersetzt werden können, gute Sachen aus vergeßnen, oder unter uns | |||||||
| nicht bekanntgewordenen Büchern u.s.w. - Dies ungefähr möchten die | |||||||
| Gegenstände seyn, durch deren interessante Behandlung wir der Bestimmung | |||||||
| eines deutschen Museums, (dieser Titel hat uns der schicklichste | |||||||
| gedünkt) am besten entsprechen würden. Wir sind überzeugt, | |||||||
| daß man unter der Menge deutscher periodischen Schriften sich vergebens | |||||||
| nach einer umsehen werde, die mit der unsrigen gleichen Zweck | |||||||
| hätte, und noch mehr vergebens nach einer, die diesen Zweck erfüllte. | |||||||
| Sollten wir dieser Idee auch nur einigermaßen Gnüge thun, so hoffen | |||||||
| wir gewiß, uns den Besten unsrer Nation zu empfehlen, und könnten | |||||||
| mehr als hoffen, wenn diese Besten uns gleich anfangs zur Ausführung | |||||||
| die Hand bieten wollten. | |||||||
| In dieser Hinsicht haben wir auch Ewr. Wohlgebohrn ersuchen | |||||||
| wollen, solche Gegenstände Ihrer Kenntnisse, die Sie der Bestimmung | |||||||
| des deutschen Museums gemäs finden, auszuheben, und uns für dasselbe | |||||||
| mitzutheilen. | |||||||
| Zum Nutzen und Vergnügen seiner Nation zu arbeiten, wird, hoffen | |||||||
| wir, jedem deutschen Gelehrten die würdigste Belohnung seyn; indessen | |||||||
| können wir, durch eine Buchhandlung unterstüzt, die von der vortheilhaftesten | |||||||
| Seite bekannt ist, schon izt allen Mitarbeitern ein erhebliches | |||||||
| Honorarium anbieten, das wir vierteljährig mit der pünktlichsten | |||||||
| Genauigkeit abtragen werden. Diese Handlung ist die Weygandsche | |||||||
| zu Leipzig, eine sichre Bürgin für die Erfüllung unsers Versprechens. | |||||||
| Sie wird durch genaue Ordnung, gewählten Druck und einige | |||||||
| Kupferstiche, alles, was von ihr abhängt, beytragen, unser Vorhaben | |||||||
| auszuführen. | |||||||
| Ein Projekt von so weitem Umfange kann sich nur nach und nach | |||||||
| einiger Vollkommenheit nähern; wir schmeicheln uns aber, daß jeder | |||||||
| der dieß mit uns fühlt, nicht ungern etwas zur Unterstützung thun wird. | |||||||
| Viele Hände heben eine Last, die für ein paar Hände zu schwer ist. | |||||||
| Wir rechnen auf nichts weniger, als auf unsre Kräfte. Ieder Rath, | |||||||
| unsern Plan zu verbessern, wird uns willkommen seyn, wie wirkliche | |||||||
| Hülfe. | |||||||
| Mit dem Ianuar 1776 wird das erste Stück des deutschen Museums | |||||||
| erscheinen, und so zu Anfang jeden Monats die folgenden Stücke. | |||||||
| Wir haben jezt nur noch dieses hinzuzusetzen, daß uns die Beyträge, | |||||||
| womit deutsche Patrioten uns beehren wollen, desto willkommner seyn | |||||||
| werden, je früher wir sie erhalten; daß wir alle bereits in Wochen | |||||||
| und Monatsschriften oder sonst gemein bekanntgewordene Aufsätze verbitten | |||||||
| und um die Erlaubnis ansuchen, den Verfasser des Stücks nennen | |||||||
| zu dürfen, welches wenigstens im Anfang zu Erlangung und Bevestigung | |||||||
| des nöthigen Kredits vieles beytragen möchte. Die Gelehrten, welche | |||||||
| Leipzig näher haben, belieben solche dorthin an die Weygandsche Buchhandlung, | |||||||
| diejenigen, welche Göttingen näher sind, an einen der Herausgeber | |||||||
| hieher zu senden. Was von eingesandten Sachen etwan unsrer | |||||||
| Absicht nicht gemäß befunden würde, wird mit jedem Vierteljahre zurückgeschickt. | |||||||
| Göttingen den 12 ten Sept. 1775. | |||||||
| Heinrich Christian Boie. Christ. Wilhelm Dohm. | |||||||
| N.=S. Eu. Wohlgeb. werden um baldigste gütige sichre Abgabe | |||||||
| inliegenden Briefs an Hn. Hamann gehorsamst ersucht. | |||||||
| [ abgedruckt in : AA X, Seite 185 ] [ Brief 104 ] [ Brief 106 ] [ Gesamtverzeichnis des Briefwechsels ] | |||||||