| Kant: AA XXIII, Vorarbeiten zum Streit der ... , Seite 434 | |||||||
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| 01 | Die christliche Religion ist welche Christus gelehrt hat und da alle | ||||||
| 02 | Religion Pflichtlehre ist so muß man nachsehen was Christus zu thun | ||||||
| 03 | gelehrt hat nicht was in seinen Reden zur Theologie d. i. der Theorie | ||||||
| 04 | von Gott und seiner (Christi) Sendung gehört die auch mit jüdischen | ||||||
| 05 | Begriffen vermischt seyn konnten oder wenigstens damit conciliiert. | ||||||
| 06 | Um das Wesen der christlichen Religion einzusehen muß man ausmachen | ||||||
| 07 | was Christus mit seiner Lehre für eine Absicht gehabt habe. | ||||||
| 08 | Die Absicht die Sünden der Menschen dadurch zu tilgen daß er sich | ||||||
| 09 | vorsetzlich zum Opfer hingab um durch seinen Tod Gott zu versöhnen | ||||||
| 10 | konnte er nicht gehabt haben denn sonst wäre er absichtlich in den Tod | ||||||
| 11 | gegangen und hätte durch seinen Tadel des Judenthums nur dieses | ||||||
| 12 | Volk reitzen wollen ihn zu tödten. Denn eine solche Art das Gute | ||||||
| 13 | zu bewirken ist unzuläßig. Also konnte er nichts als blos die Beförderung | ||||||
| 14 | des moralischen in der Religion als Reform des jüdischen zur Absicht | ||||||
| 15 | haben und mit dieser Predigt konnte er nicht vermeiden der | ||||||
| 16 | Juden Zorn gegen ihn zu erregen so daß er damit wagte aber nicht | ||||||
| 17 | beabsichtigte sein Leben zu verlieren. Also ist es seine Absicht gewesen | ||||||
| 18 | es dahin zu bringen daß die Juden die wahre Religion blos in Guten | ||||||
| 19 | Lebenswandel setzten und in der That „wenn eine Kirche behauptet | ||||||
| 20 | daß noch etwas mehr als der gute Lebenswandel dazu erfordert werde | ||||||
| 21 | um Gott wohlgefällig zu werden so sind weiter keine Grenzen für | ||||||
| 22 | alle Art Aberglauben” | ||||||
| 23 | Aber auch die christlichen Lehrer der Religion sollen keine andere | ||||||
| 24 | Endabsicht haben als blos die Gesinnung des Guten Lebenswandels auszubreiten | ||||||
| 25 | und nicht den Glauben an Wunden und Verdienst eines anderen | ||||||
| 26 | zum Endzwek machen. Ist das aber nicht der Endzwek so kan es auch | ||||||
| 27 | nicht absolut zur christlichen Religion gehören. | ||||||
| 28 | Die Frage ist: heißt das die christliche Religion was die Schriftsteller | ||||||
| 29 | der Bibel aus der Nachricht die sie von Christo bekommen hatten gemacht | ||||||
| 30 | haben oder ist sie das was wir daraus nach Begriffen der Moral machen | ||||||
| 31 | und daraus benutzen können. (Denn von keinem einzigen derselben ist | ||||||
| 32 | es gewiß daß er Augenzeuge gewesen) Ist das erstere so müssen wir | ||||||
| 33 | sie für infallibel halten ja so gar die Ausleger derselben weil es zweyfelhaft | ||||||
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