| Kant: AA XXIII, Vorarbeiten zur Religion innerhalb der ... , Seite 095 | |||||||
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| 01 | Zweite Seite | ||||||
| 02 | und die Bibel könne wegfallen ohne daß dadurch die Religion ihrem | ||||||
| 03 | Geiste nach aus der Menschen Kentnis käme denn es kann wohl seyn | ||||||
| 04 | daß sie als Offenbahrung | ||||||
| 05 | Was im Glauben eigentlich Religion d. i. practischer Gebrauch der | ||||||
| 06 | freyen Willkühr ist beruht nicht auf Erfahrung. In einer wirklich errichteten | ||||||
| 07 | Glaubensverfassung ist nicht alles Religion sondern vieles ist | ||||||
| 08 | unentbehrliches Vehikel Gnadenmittel des Göttlichen oder menschlichen | ||||||
| 09 | Gebrauchs. Jenes ist die Bibel zu Stiftung und Erhaltung einer Kirche. | ||||||
| 10 | Man versteht unter Religion nicht allein die Lehre aller Menschenpflichten | ||||||
| 11 | als Göttlicher Gebote (also nicht blos dieselbe objectiver Bedeutung) | ||||||
| 12 | sondern auch zugleich den Glauben an die Mittel deren sich | ||||||
| 13 | die Vorsehung bedient sie (als Kirche) zu gründen und zu erhalten (also | ||||||
| 14 | in subjectiver Bedeutung). Jene macht nur einen Theil von dem Umfange | ||||||
| 15 | der letztern aus. Die Religion innerhalb der Grenzen der bloßen Vernunft | ||||||
| 16 | enthält alles das was eigentlich Religion ausmacht. der Glaube | ||||||
| 17 | der Göttlichen Mittel in Ansehung der Gründung derselben unter Menschen | ||||||
| 18 | enthält außer jener noch mehr oder was eigentlich die Religion | ||||||
| 19 | ausmacht oder sie doch in der Wirklichkeit darstellen kann. | ||||||
| 20 | Daß wenn er so gelautet hätte: die Religion aus bloßer Vernunft, | ||||||
| 21 | der Ausdruck schon einen Unterschied der objectiven Principien mithin | ||||||
| 22 | Entgegensetzung der Vernunft und der Schrift obgleich als zweyer einander | ||||||
| 23 | ausschließenden (excentrischer) Kreise hätte andeuten können | ||||||
| 24 | welches eine Anmaßung gewesen wäre die der Untersuchung vorgriffe. | ||||||
| 25 | Denn der Unterschied kan auch vielleicht blos die Religion subjectiv | ||||||
| 26 | betrachtet angehen nämlich wie die Religion unter Menschen gegründet | ||||||
| 27 | und erhalten werden könne, alsdann aber sind Schrift und Vernunft | ||||||
| 28 | zwey einander einschließende (concentrische) Kreise wovon jene da es | ||||||
| 29 | mehrere Arten der Offenbahrung geben kann von weiterem diese von | ||||||
| 30 | engerem Umfange ist, und wo wenn wir uns im letzteren halten die | ||||||
| 31 | Religion objectiv innerhalb der Grentzen der bloßen Vernunft betrachtet | ||||||
| 32 | wird die subjectiv auch als im Umfange einer Offenbahrungslehre überhaupt | ||||||
| 33 | als dem weitern Kreise eingeschlossen ist wovon es möglich ist | ||||||
| 34 | daß sie in einander fallen. | ||||||
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