Kant: AA XX, Preisschrift über die ... , Seite 279 |
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Text (Kant):
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| 01 | eines Körpers nicht herausbringen können, daß es so seyn müsse, sondern | ||||||
| 02 | höchstens nur, daß es, wie ihm die Wahrnehmung lehrt, so sey. Nimmt | ||||||
| 03 | er aber den Raum mit seiner Eigenschaft der drey Abmessungen als nothwendig, | ||||||
| 04 | und a priori aller Körpervorstellung zum Grunde liegend an, | ||||||
| 05 | wie will er sich diese Nothwendigkeit, die er doch nicht wegvernünfteln | ||||||
| 06 | kann, erklären, da diese Vorstellungsart, seiner eignen Behauptung nach, | ||||||
| 07 | doch blos empirischen Ursprungs ist, welcher keine Nothwendigkeit hergiebt? | ||||||
| 08 | Will er sich aber auch über diese Anforderung wegsetzen, und den | ||||||
| 09 | Raum mit dieser seiner Eigenschaft annehmen, wie es auch immer mit | ||||||
| 10 | jener vorgeblich verworrenen Vorstellung beschaffen seyn mag, so demonstrirt | ||||||
| 11 | ihm die Geometrie, mithin die Vernunft, nicht durch Begriffe, | ||||||
| 12 | die in der Luft schweben, sondern durch die Konstruktion der Begriffe, | ||||||
| 13 | daß der Raum, und daher auch das, was ihn erfüllet, der Körper, schlechterdings | ||||||
| 14 | nicht aus einfachen Theilen bestehe, ob zwar, wenn wir die Möglichkeit | ||||||
| 15 | des letztern uns nach bloßen Begriffen begreiflich machen wollten, | ||||||
| 16 | wir freilich von den Theilen anhebend, und so zum Zusammengesetzten | ||||||
| 17 | aus denselben fortgehend, das Einfache zum Grunde legen müßten, wodurch | ||||||
| 18 | sie denn endlich zum Geständniß genöthigt wird, daß Anschauung (dergleichen | ||||||
| 19 | die Vorstellung des Raumes ist) und Begriff der Species nach ganz | ||||||
| 20 | verschiedene Vorstellungsarten sind, und die erstere nicht durch bloße | ||||||
| 21 | Auflösung der Verworrenheit der Vorstellung in den letzteren verwandelt | ||||||
| 22 | werden könne. — Eben dasselbe gilt auch von der Zeitvorstellung! | ||||||
| 23 | Von der Art, den reinen Verstandes- und Vernunftbegriffen |
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| 24 | objective Realität zu verschaffen. |
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| 25 | Einen reinen Begriff des Verstandes, als an einem Gegenstande | ||||||
| 26 | möglicher Erfahrung denkbar vorstellen, heißt, ihm objective Realität | ||||||
| 27 | verschaffen, und überhaupt, ihn darstellen. Wo man dieses nicht zu | ||||||
| 28 | leisten vermag, ist der Begriff leer, d.i. er reicht zu keinem Erkenntniß | ||||||
| 29 | zu. Diese Handlung, wenn die objective Realität dem Begriff geradezu | ||||||
| 30 | (directe) durch die demselben correspondirende Anschauung zugetheilt, | ||||||
| 31 | d.i. dieser unmittelbar dargestellt wird, heißt der Schematism; kann er | ||||||
| 32 | aber nicht unmittelbar, sondern nur in seinen Folgen (indirecte) dargestellt | ||||||
| 33 | werden, so kann sie die Symbolisirung des Begriffs genannt | ||||||
| 34 | werden. Das erste findet bey Begriffen des Sinnlichen statt, das zweyte | ||||||
| 35 | ist eine Nothülfe für Begriffe des Übersinnlichen, die also eigentlich | ||||||
| 36 | nicht dargestellt, und in keiner möglichen Erfahrung gegeben werden | ||||||
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