Kant: AA XII, Briefwechsel 1799 , Seite 284 |
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Text (Kant):
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| 01 | der ich der innigen Vereinigung der Liebe mit der Achtung in der | ||||||
| 02 | Freundschaft, nahe zu kommen hoffe, diese hat die Blattern noch nicht | ||||||
| 03 | gehabt. Ein Vorfall in unsrer Familie wo eine junge Frau von | ||||||
| 04 | 19 Iahren in dem Kindbette die Blattern bekam und ohne Rettung | ||||||
| 05 | starb, welche Erfahrung man häufig macht, bestimmte meine Braut selbst | ||||||
| 06 | sich die Blattern einimpfen zu laßen, wodurch sie meinem sehnlichen | ||||||
| 07 | Wunsche zuvor kam. - Nun lese ich heute in Ihrer Tugendlehre, | ||||||
| 08 | welche mein Handbuch geworden ist seitdem ich im Iahre 97. Ihr | ||||||
| 09 | Sistem durch ein Privatissimum beim Professor Beck damals in Halle, | ||||||
| 10 | habe kennen lernen. Nun fallt mir heute besonders die Stelle wegen | ||||||
| 11 | der Einimpfung der Blattern unter den Casuistischen Fragen auf. Ich | ||||||
| 12 | halte sie fur erlaubt, da ich doch mein Leben noch auf etwas Ungewisseres | ||||||
| 13 | wage, wenn ich es darauf ankommen laße, von einem böseren | ||||||
| 14 | Gifte, zu einer gefährlicheren Zeit, und unvorbereitet angesteckt zu werden. | ||||||
| 15 | Ich bitte Sie herzlich lassen Sie mich wissen, was das Gesetz | ||||||
| 16 | spricht, sobald als möglich. Vielleicht ist die Einimpfung schon geschehen | ||||||
| 17 | wenn Ihre Antwort komt, aber schonen Sie mich nicht, ich will | ||||||
| 18 | wissen ob ich geirrt habe, doch werde ich suchen es so lange als möglich | ||||||
| 19 | auf zuschieben. | ||||||
| 20 | Ich zwinge mich zu schließen: nur so viel von meinem Individuum. | ||||||
| 21 | Ich bin 22 Iahr alt, Besitzer ansehnlicher Güter und trete in meinen | ||||||
| 22 | Wirkungskreis mit dem ernstlichen Willen als solcher und als Mensch | ||||||
| 23 | in jedem Verhältniß meine Pflichten zu erfüllen und frei zu handeln. | ||||||
| 24 | Sie weiser Mann werden mein unsichtbarer Gefährte sein und es wird | ||||||
| 25 | mir sehr angelegen sein daß Sie sich der Gesellschaft nicht schämen | ||||||
| 26 | dürfen. Für so vieles gegebene Licht | ||||||
| 27 | Ihr | ||||||
| 28 | ewig dankbarer Fabian Emil | ||||||
| 29 | ReichsGraf zu Dohna. | ||||||
| 842a. | |||||||
| 31 | An Fabian Emil Reichsgraf zu Dohna [?]. | ||||||
| 32 | Nach d. 28. Aug. 1799. | ||||||
| 33 | Erwähnt: F. W. Schubert, Immanuel Kant's Biographie. Leipzig | ||||||
| 34 | 1842. S. 169. | ||||||
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