Kant: AA XII, Briefwechsel 1798 , Seite 247 |
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| 01 | Vaters von großen Glücksumständen und für sich selbst von sehr guten | ||||||
| 02 | Anlagen, in Talent sowohl als Denkungsart, verlangt von mir zu | ||||||
| 03 | seiner Bildung auf Ihrer Universität, in Begleitung des Candidaten | ||||||
| 04 | Lehman, meines ehemaligen Auditors, an einen Lehrer empholen zu | ||||||
| 05 | werden, der theils in dem, was zu seinem Hauptstudium erforderlich | ||||||
| 06 | ist, nämlich dem Cameralfach, in Allem was dazu direct und indirect | ||||||
| 07 | gehort (z. B. Mathematik Naturwissenschaft, Mechanik, Chemie etc.) | ||||||
| 08 | Anleitung gebe, theils ihm auf die geschickte Männer anweise, durch | ||||||
| 09 | die er in dieser Wissenschaft und Kunst gründlichen Unterricht erlangen | ||||||
| 10 | könne. | ||||||
| 11 | Wer aber könnte dieses wohl sonst seyn, als der verdienstvolle, | ||||||
| 12 | mir besonders wohlwollende, öffentlich mich mit seinem Beyfall beehrende | ||||||
| 13 | und durch Beschenkung mit seinen belehrenden sowohl als ergötzenden | ||||||
| 14 | Schriften zur Dankbarkeit und Hochachtung verpflichtende | ||||||
| 15 | Herr Hofrat Lichtenberg in Göttingen? - Herr Lehman, der schon | ||||||
| 16 | seit einiger Zeit vom theologischen Fache zum juristischen übergegangen | ||||||
| 17 | ist, wird bey dieser Apostasie zugleich für sich gewinnen, öffentlich, in | ||||||
| 18 | den Collegien die er mit besuchen wird und häuslich, als Repetent, | ||||||
| 19 | indem er dazu auch alle nöthige Vorübungsmittel und allen Fleiß besitzt | ||||||
| 20 | sie in Wirkung zu setzen. | ||||||
| 21 | Für mich erwarte ich durch dieses Verhältnis von Zeit zu Zeit | ||||||
| 22 | erfreuliche und belehrende Nachrichten von Ihrem Wohlbefinden und | ||||||
| 23 | wissenschaftlichem Fortschreiten zu erhalten; als von welchen, vornehmlich | ||||||
| 24 | dem letztern, ich in meinem 75sten Lebensjahr, obgleich | ||||||
| 25 | bey noch nicht völlig eingetretener Hinfälligkeit, mir nur wenig versprechen | ||||||
| 26 | kann; weshalb ich auch geeilet habe mit dieser Michaelismesse | ||||||
| 27 | noch einige Reste hinzugeben; indessen das, was ich nun | ||||||
| 28 | unter der Feder habe, ob es völlig zu Stande kommen werde mich in | ||||||
| 29 | Zweifel läßt. | ||||||
| 30 | Mit der größten Hochachtung, Zuneigung und Ergebenheit bin ich | ||||||
| 31 | jederzeit | ||||||
| 32 | der Ihrige | ||||||
| 33 | Koenigsberg. | I Kant. | |||||
| 34 | den 1sten July | ||||||
| 35 | 1798 | ||||||
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