Kant: AA XII, Briefwechsel 1796 , Seite 104 |
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Text (Kant):
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| 719. | |||||||
| 02 | Von Friedrich Wilhelm Dannenberg. | ||||||
| 03 | 28. Oct. 1796. | ||||||
| 04 | Verehrungswürdiger Herr Professor! | ||||||
| 05 | Nicht ohne einige Furcht unterstehe ich mich, Ihnen hiermit einige | ||||||
| 06 | Bemerkungen über verschiedene Gegenstände der Philosophie, bey welchen | ||||||
| 07 | ich Schwürigkeiten fand, zur Prüfung zu überreichen. Der Gedanke, | ||||||
| 08 | daß wichtigere Arbeiten Sie beschäftigen, und Ihre öffentliche Erklärung, | ||||||
| 09 | sich in keine gelehrte Streitigkeiten einzulaßen, macht mich wegen der | ||||||
| 10 | Aufnahme meiner Bitte besorgt. Indes trete ich hier auch nicht als | ||||||
| 11 | streitende Parihey auf, sondern bitte blos, als Schüler um Belehrung. | ||||||
| 12 | Vieleicht, daß eine genauere Bekantschaft mit der neuern Philosophie | ||||||
| 13 | mich von der Unerheblichkeit meiner Zweifel würde überzeugt haben. | ||||||
| 14 | Allein theils erlauben mir meine überhäuften Geschäfte nicht, meinen | ||||||
| 15 | Geschmak an philosophischen Untersuchungen, so wie ich wünschte zu | ||||||
| 16 | befriedigen; theils muß ich daraus, daß es mir meines Bestrebens | ||||||
| 17 | ungeachtet nicht gelungen ist, mir verschiedene Schwierigkeiten aufzulösen, | ||||||
| 18 | schließen, daß ich vieleicht von ganz irrigen Voraussetzungen | ||||||
| 19 | ausgegangen bin. Diese Schwierigkeiten legen jedoch meinem fernern | ||||||
| 20 | Nachdenken, solche Hinderniße in den Weg, daß ich, ungeachtet der | ||||||
| 21 | Gefahr für unbescheiden gehalten zu werden, mir die Freiheit nehme | ||||||
| 22 | Sie um einige Belehrung zu bitten. Um Ihnen jedoch so wenig als | ||||||
| 23 | möglich beschwerlich zu fallen, bitte ich blos, mir Ihre Meinung durch | ||||||
| 24 | kurze Bemerkungen auf dem Rande zu eröfnen, oder mich nur auf | ||||||
| 25 | diejenigen Schriften hinzuweisen, wo ich Aufschluß finden kann. | ||||||
| 26 | Ich gestehe gern, daß ich meine Zudringlichkeit mit nichts entschuldigen | ||||||
| 27 | kann; indeß hoffe ich Verzeihung zu erhalten, wenn ich | ||||||
| 28 | diesen Weg wählte, mich aus einer auf die Länge unerträglichen Ungewißheit | ||||||
| 29 | zu reißen. | ||||||
| 30 | Ich bitte nur noch die Versicherung anzunehmen daß ich jede | ||||||
| 31 | Zurechtweisung mit dem größten Danke erkennen werde, und daß ich | ||||||
| 32 | mit der vollkommensten Hochachtung bin | ||||||
| 33 | Ihr | ||||||
| 34 | ganz ergebenster Diener | ||||||
| 35 | Posen den 28ten Oct 1796. | der Regierungs Rath | |||||
| 36 | Dannenberg | ||||||
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