Kant: AA XII, Briefwechsel 1796 , Seite 083 |
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Text (Kant):
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| 01 | darum, umb eine Probe zu machen, ob sie im Preussischen | ||||||
| 02 | Boden gerathen werden | ||||||
| 03 | Heilsberg | ||||||
| 04 | den 22 May: 1796. | ||||||
| 706. | |||||||
| 06 | Von Daniel Ienisch. | ||||||
| 07 | 22. Mai 1796. | ||||||
| 08 | Wohlgeborner, | ||||||
| 09 | Hochzuehrender Herr Profeßor! | ||||||
| 10 | Der, der sich so lange nur in der Stille, aber mit dem dankbarsten | ||||||
| 11 | Herzen, Ihren Schüler, Ihren Verpflichteten, nannte, hat es | ||||||
| 12 | endlich gewagt, sich öffentlich dafür zu erklären; hat es gewagt, über | ||||||
| 13 | das Ganze Ihres philosophischen Lehrgebäudes ein Werk zu schreiben, | ||||||
| 14 | und dies, mit dem Imprimatur der Kgl. Akademie der Wißenschaften, | ||||||
| 15 | den Augen des, auf Sie hingerichteten deutschen Publikums vorzulegen. | ||||||
| 16 | Ia er hat demselben so gar ein Sendschreiben voll Dankgefühls des | ||||||
| 17 | tiefverpflichteten Schülers, u. voll freymüthiger Äußerungen des Mannes, | ||||||
| 18 | an Sie selbst, Verehrungswürdiger, vorgeschickt. | ||||||
| 19 | So manches hatte ich mir von je her vorgesezt, den ersten Tiefdenker | ||||||
| 20 | des Iahrhunderts schriftlich zu befragen! Ich habe den Weg des | ||||||
| 21 | Druks gewählt, und in diesem Werk alles das vereiniget, und gleichsam | ||||||
| 22 | auf einen Haufen gelegt, was ich über Ihr ganzes System je dachte, | ||||||
| 23 | empfand, u. selbst entwickelte. | ||||||
| 24 | Ich bin so frey gewesen, bey der verdrießlichen und ganz Deutschland | ||||||
| 25 | anstößigen Uneinigkeit Ihrer andern Schüler und Partheynehmer, | ||||||
| 26 | ohne alle Zudringlichkeit an Sie selbst, und an Ihr Urtheil, zu appelliren. | ||||||
| 27 | Darf ich so frey seyn, Sie, Verehrungswürdiger! hier schriftlich | ||||||
| 28 | noch einmal in aller Ergebenheit zu ersuchen, mir, wenn Ihre, | ||||||
| 29 | dem Ruhm Deutschlands so theuren, Stunden Ihnen einst und wär's | ||||||
| 30 | nach langer Zeit, einen verlornen Augenblick finden laßen sollten, | ||||||
| 31 | die Ehre eines Schreibens zu gönnen, in welchem Sie mir über die | ||||||
| 32 | wichtigsten Puncte meines Werks, hier, dort einen Wink ertheilten, in | ||||||
| 33 | wie fern ich Ihrem Sinne gemäs geurtheilt? | ||||||
| 34 | Mir kan es dabey wohl einzig um die Selbstbefriedigung | ||||||
| 35 | meiner eigenen Wisgier und des Studiums Ihres Systems zu thun | ||||||
| 36 | seyn: denn ich kenne die erhabene Bedächtlichkeit Ihres Geistes, nichts | ||||||
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